Vorige Woche saß Strache noch auf der Anklagebank, nun ist er krank. In den U-Ausschuss kann er daher nicht kommen.

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Knalleffekt auch für den letzten Befragungstag im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss: Alle Auskunftspersonen, die für Donnerstag geladen waren, haben abgesagt. Zuletzt tat das Heinz-Christian Strache, er soll erkrankt sein und ein ärztliches Attest vorgelegt haben. Und auch jene Kabinettschefin aus dem Justizministerium, die den Mandataren Rede und Antwort hätte stehen sollte, hat sich entschuldigt.

Strache wäre eigentlich schon am 1. Juli an der Reihe gewesen – da konnte er aber nicht kommen, weil er in Kroatien festhing. Ein Brand auf der Yacht, auf der er mit seinen Söhnen geurlaubt hatte, hatte seine rechtzeitige Ankunft in Wien verhindert. Er bot daraufhin von sich aus an, am letzten Befragungstag am 15. Juli zur Verfügung zu stehen. Daraus wird nun nichts. Sein Anwalt Johann Pauer gab am Dienstagvormittag, vom STANDARD zur Absage befragt, keine Stellungnahme ab.

Zuletzt war im U-Ausschuss ein Corona-Cluster entstanden; neben Christian Hafenecker (FPÖ) waren davon unter anderem auch die Fraktionsführerin der Neos, Stefanie Krisper, und Grünen-Mandatar David Stögmüller betroffen.

Ende Gelände

Da auch die Mitarbeiterin des Justizministeriums abgesagt hat, könnte es geschehen, dass am Donnerstag gar keine Auskunftsperson mehr befragt wird. Zwar will die Opposition nun versuchen, weitere Personen zu laden, allerdings sei gar nicht sicher, ob die Ladung rechtzeitig zugestellt werden kann – so SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Außerdem handelt es sich bei dem letzten Ausschusstag um einen Reservetermin – das bedeutet, dass nur solche Auskunftspersonen geladen werden können, die schon einmal im Ausschuss zu Gast waren.

Die Abgeordneten werden sich in der Folge noch mit den frisch eingelangten Unterlagen beschäftigen – bevor sie dann binnen vier Wochen ihre Abschlussberichte verfassen. Diese kommen dann ins Plenum des Parlaments. Der Verfahrensrichter muss seinen Abschlussbericht schon zwei Wochen nach Ende der letzten Sitzung abliefern. Die Opposition hatte sich für eine Verlängerung eingesetzt, aber ÖVP und Grüne stimmten nicht mit.

SPÖ sieht verheimlichte Beweise

Nun wurden ja auch jene Akten geliefert, die das Wiener Straflandesgericht auf Antrag des Bundespräsidenten aus dem Finanzministerium geholt hat. Und da sind laut Krainer auch "hunderte" Dokumente dabei, die Minister Gernot Blümel (ÖVP) von sich aus nicht geliefert hat. Es sei "relativ leicht zu verstehen", warum er diese "verheimlicht" hat: Sie seien schlecht für die ÖVP, denn sie "erhärten Verdachtsmomente, die es bereits gibt".

Es gehe etwa um die Zusammenarbeit zwischen ÖVP und Novomatic im Zusammenhang mit den Casinos Austria. Oder um eine geplante Steuerreform, die Begünstigungen für türkise Gönner bringen sollte: "Wir wissen ja, dass Großspender den Wunsch hatten, das Stiftungsrecht zu ändern." Dazu habe es – so viel ist bekannt – "Frühstückstreffen" im Finanzministerium gegeben, anders als von den Türkisen dargestellt, seien diese Reformvorhaben aber nicht "im Sande verlaufen", sondern nur durch den Ibiza-bedingten Koalitionsbruch gestoppt worden.

Krainer will Blümels Rücktritt

Krainer kündigte aufgrund der Erkenntnisse aus den gelieferten Akten auch neue Sachverhaltsdarstellungen an – etwa gegen den Kabinettschef von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Der habe im Ausschuss ausgesagt, in Privatisierungsvorhaben der Regierung kaum eingebunden gewesen zu seien, tatsächlich sei er aber die "Schaltzentrale" gewesen.

Aus Krainers Sicht kann Blümel nun "nur noch der Rücktritt bleiben", denn er sei seiner Verpflichtung nicht nachgekommen.

Hanger: Blümel hat geliefert

Eine ganz andere Version der Geschichte lieferte – erwartungsgemäß – die ÖVP nur eine Stunde später. "Es wurde ordnungsgemäß geliefert vom Finanzministerium", erklärte der türkise Fraktionsvorsitzende im U-Ausschuss, Andreas Hanger: "Aus meiner Sicht war das eine Märchenstunde, die der Herr Krainer von sich gegeben hat", dieser soll mit den "Verschwörungstheorien" aufhören und nicht "konsequent die Unwahrheit" sagen.

Hanger verwies auch auf vier verschiedene, vom Finanzministerium in Auftrag gegebene Gutachten – sie liegen dem STANDARD vor und attestieren Blümel allesamt ein rechtskonformes Vorgehen, da er wegen des Datenschutzrechts Akten nicht so umfangreich hätte liefern dürfen, wie es das Straflandesgericht getan hat.

Sinngemäß müsse sich der Minister nämlich darauf verlassen, dass seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alles, was nicht privat ist, liefern – kontrollieren dürfe er das nicht, heißt es in den Gutachten. Im Zweifel sind also die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium schuld? "Die Letztverantwortung hat immer der Minister", sagt Hanger, verweist aber gleichzeitig darauf, dass dieser Fürsorgepflichten als Dienstgeber hat – und auch Justizministerin Alma Zadić (Grüne) schon Aktenlieferprobleme gehabt habe. (gra, fsc, sefe, 13.7.2021)