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Die US-Inflation stieg im Juni überraschend auf 5,4 Prozent.

Foto: REUTERS/Rick Wilking

Washington – Die US-Verbraucherpreise sind überraschend noch weiter gestiegen und haben Spekulationen auf eine vorzeitige Zinswende genährt. Die Inflationsrate kletterte im Juni auf 5,4 Prozent, wie das Arbeitsministerium am Dienstag mitteilte. Zum Vergleich: In Deutschland ging sie zuletzt leicht auf 2,3 Prozent zurück. Experten hatten auch für die USA einen leichten Rückgang erwartet, nach einem Wert von 5,0 Prozent im Mai.

Fed unter Druck

Nun ist die Inflationsrate aber überraschend noch weiter über das Ziel der US-Zentralbank Fed von zwei Prozent hinausgeschossen. Diese werde nun unter heftigen Druck geraten, ihren ultra-expansiven geldpolitischen Kurs zu beenden", sagt Ökonom Dirk Chlench von der LBBW voraus.

Das dies am Finanzmarkt so erwartet wird, zeigten auch die unmittelbaren Reaktionen: Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, stieg um 0,4 Prozent auf 92,601 Punkte. Im Gegenzug verbilligte sich der Euro auf 1,1807 Dollar. Aus den Depots flogen auch US-Staatsanleihen. Dies trieb die Rendite der richtungweisenden zehnjährigen Bonds auf 1,381 Prozent.

Fed: Vorübergehendes Phänomen

Derzeit sorgten laut Ökonom Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe vor allem Energiepreise, aber auch Corona-bedingte Nachholeffekte für anhaltenden Inflationsdruck. Doch all diese Einflussfaktoren seien nicht von Dauer und würden bald an Antriebkraft verlieren, auch wenn "der Inflationsspuk" noch nicht vorbei sei.

Auch die Fed geht davon aus, dass die anziehende Inflation ein vorübergehendes Phänomen bleibt. Denn im Vorjahresvergleich ergeben sich wegen des Konjunktureinbruchs im Jahr 2020 hohe Preissteigerungsraten. Die Fed stützt die Wirtschaft weiter mit monatlichen Geldspritzen von 120 Milliarden Dollar. Sie will an den Anleihekäufen festhalten, bis substanzielle Fortschritte bei der Preisstabilität und der Arbeitslosigkeit erreicht sind.

Geduld an der Zinsfront

Trotz der rasant gestiegenen Inflation hat Fed-Chef Jerome Powell signalisiert, an der Zinsfront Geduld zu bewahren. Er wird bei Kongressanhörungen in den beiden kommenden Tagen erneut Gelegenheit haben, seine Position zu erläutern. Angesichts der längst nicht ausgestandenen Krise hält die Fed den Leitzins in der Spanne von 0 bis 0,25 Prozent. Allerdings signalisierten die Währungshüter, dass es 2023 eine Erhöhung geben könnte.

Zuletzt ist in der Fed zudem eine Debatte über ein künftiges Herunterfahren der Konjunkturhilfen in Gang gekommen. Sie will dabei auch für den Fall gerüstet sein, dass man sich den Zielen des Programms schneller nähern sollte als gedacht. Mehrere Teilnehmer der jüngsten Fed-Zinssitzung rechneten angesichts des Aufschwungs etwas früher als bisher damit, dass die Bedingungen für einen Einstieg in den Ausstieg der ultra-laxen Geldpolitik gegeben sein dürften.

"Klare Zielverfehlung"

Laut Analyst Bernd Krampen von der Nord LB gilt es kritisch zu hinterfragen, ob der Preisschub tatsächlich nur ein temporäres oder doch ein längerfristiges Problem sein wird: "Unseres Erachtens dürfte die Inflation im weiteren Verlauf des Jahres in einem unangenehmen Bereich von fünf Prozent verharren, was eine klare Zielverfehlung für die Fed bedeutet."

Bereits die aktuellen Inflationsdaten dürften die Debatte über einen geldpolitischen Kurswechsel befeuern, meint Volkswirt Christoph Balz von der Commerzbank: "Wir erwarten, dass die US-Notenbank in den nächsten Monaten entsprechende Signale senden und im vierten Quartal beschließen wird, die Anleihenkäufe zurückzufahren." (APA, Reuters, 13.7.2021)