Baustellen neigen dazu, den Verkehrsfluss zu behindern. Noch dazu fehlen dort bisher die Überwachungs- und Servicemöglichkeiten digitaler Systeme. Das soll sich nun ändern.

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Passiert man mit dem Auto eine Baustelle, stehen die Chancen gut, dass man an sogenannten K1-Fußplatten vorbeikommt. Die 28 Kilogramm schweren Kunststoffelemente haben etwa die Größe eines Aktenkoffers. Sie sind mit diversen Öffnungen versehen, um als Steher Verkehrsschilder, Lichtsignalanlagen oder andere temporäre Infrastrukturelemente samt eventuell nötiger Verkabelung aufzunehmen. Die oft aus recyceltem Material gefertigten Teile sind genormt und werden in verschiedensten Ländern und Verkehrssituationen, sei es auf der Autobahn, auf Landstraßen oder bei einer städtischen Umleitung, eingesetzt.

Für Klaus Heimbuchner stehen die Fußplatten im Zentrum einer Idee, die helfen soll, die Straßenbaustellen in das Zeitalter der Digitalisierung zu führen. Der Berater im Bereich von Verkehrslösungen und -technologien hat mit vier Partnern das Start-up IoT Baseplate gegründet, mit dem er das omnipräsente Baustelleninfrastrukturelement mit allerlei Computertechnologie ausstatten will. Die Kommunikation zwischen Autos und der Straßeninfrastruktur ist etwa ein großes Zukunftsthema im Verkehrsbereich, die digitalisierte Fußplatte soll diese Technologie auch für temporäre Baustellenbereiche erschließen.

Essenzielle Datenerhebung

Das in Schwechat gegründete Unternehmen wird vom Inkubator Accent des Landes Niederösterreich unterstützt. Es führt unter anderem Erkenntnisse weiter, die aus dem Projekt IoT Traffic Events resultieren, das im Rahmen des Coin-Programms der Förderagentur FFG mit Mitteln des Wirtschaftsministeriums unterstützt wurde.

"Das Erheben von Daten wird im künftigen Infrastrukturmanagement essenziell sein. Gerade bei Baustellen oder befristeten Umleitungen – etwa weil eine Demonstration stattfindet – sind aber keine oder nur sehr lückenhafte Verkehrsdaten verfügbar", schildert Heimbuchner, der das Thema Digitalisierung im Verkehr seit den Anfängen begleitet. Aus dieser Arbeit ist letztendlich auch die Idee der digitalen Fußplatte entstanden, die er seit 2018 verfolgt. Sie soll die fix verbaute digitale Infrastruktur, also Kameras, Sensoren, Kommunikationseinheiten, die an und über Straßen zu finden sind, ergänzen. "Es gibt derzeit kein portables System, das auf diese Art im Hintergrund arbeiten kann", sagt Heimbuchner. "Hier gibt es einen wirklichen Bedarf."

Verkehrszählung

Welche Aufgaben soll die digitalisierte Bodenplatte also erledigen können? "Wir haben bei vielen potenziellen Anwendern nachgefragt, was gebraucht wird", sagt der Gründer. "An erster Stelle steht die klassische Verkehrsdatenerfassung. Also: Wie viele Autos fahren vorbei? Wie schnell fahren sie? Gibt es Stau?" Das Thema ist sowohl im Baustellenkontext als auch bei der temporären Verkehrsanalyse zu Planungszwecken relevant.

Ein weiteres großes Thema ist die Überwachung der Infrastruktur selbst. Hier dreht sich alles um Fragen wie: Sind alle Elemente korrekt aufgestellt? Wurden sie verrückt oder gestohlen? Gab es Unfälle oder Beschädigungen? "Zurzeit werden diese Fragen noch durch tägliche Befahrungen geklärt. Auch die Arbeiter der Bauunternehmen geben acht, dass alles korrekt aufgestellt ist", sagt Heimbuchner. "Künftig soll man die entsprechenden Daten in Echtzeit abrufen können."

Der dritte Fokus der IoT Baseplate liegt in der Verbesserung der Verkehrssicherheit. Die Technologie soll helfen, die Lenker vor Gefahren zu warnen, beispielsweise durch konventionelle Lichtsignale, aber auch über den neuen VernetzungsStandard C-ITS, der eine Kommunikation zwischen Autos sowie zwischen Autos und Infrastruktur ermöglicht. Mit den smarten Bodenplatten wird die Infrastruktur, die Nachrichten aussendet, mobil.

Staus, Unfälle und Feinstaubbelastung

Hier könnten Lenker also über Baustellenbeginn und -ende, über vorausliegende Staus, Unfälle und besondere Wetterverhältnisse informiert werden. Dazu kommt noch die Ermittlung von Umweltdaten. Die Infrastrukturelemente könnten zu Datenpunkten für Feinstaub- und Stickoxidbelastung oder Fahrbahntemperaturen werden.

Im Moment arbeiten Heimbuchner und sein derzeit sechsköpfiges Team an einem Prototyp, der im Herbst präsentiert werden soll. Die konkrete Ausformung der Technologie soll je nach Anwendung variieren, aber nahtlos und robust in den Kunststoffblock integriert sein. Die verbauten Akkus sollen die gesamte Dauer einer Baustelle durchhalten.

Die Fußplatten sollen zudem stapelbar sein, um untereinander Energie auszutauschen. Und natürlich untereinander kommunizieren können: Einige sind beispielsweise auf die Verkehrszählung spezialisiert, andere melden, wenn sie bewegt werden, ein weiterer ist für das Sammeln und Weitervermitteln der Daten an einen Server zuständig. "Die IoT-Baseplatten sollen von den Arbeitern einfach nach Plan positioniert werden und dann autark und ohne dass man sich weiter um sie kümmern müsste, funktionieren", resümiert Heimbuchner.

Auswertungssoftware

Zur Hardware kommt noch die Software, die die Daten im Bedarfsfall auswertet und in einem Dashboard aufbereitet. Zudem soll es möglich sein, die Geräte in bestehende Verkehrsanalysesysteme einzubinden. Heimbuchner setzte von Beginn an auf strategische Partnerschaften mit internationalen Branchengrößen, auch um sicherzugehen, dass die Systeme allen Standards und Normen entsprechen. Bereits 2022 sollen die ersten digitalen Fußplatten am Markt sein. (Alois Pumhösel, 16.7.2021)