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Auf der Kuper-Insel sind bis 1975 indigene Kinder umerzogen worden.

Foto: Deschatelets-NDC Archives/Handout via REUTERS

Montreal – In Kanada sind erneut dutzende anonyme Gräber auf dem Gelände eines ehemaligen Internats für Kinder von Ureinwohnern gefunden worden. Mehr als 160 Gräber seien auf dem früheren Schulgelände auf der Kuper-Insel entdeckt worden, erklärte der Chef des Stammes der Penelakut, Joan Brown. In dem Internat auf der Insel westlich von Vancouver waren vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1975 Kinder von Ureinwohnern unterrichtet worden.

"Es bricht mir das Herz", sagte Kanadas Regierungschef Justin Trudeau nach Bekanntwerden des Fundes am Dienstag. "Wir können diejenigen, die umgekommen sind, nicht zurückbringen, aber wir können und werden die Wahrheit ans Licht bringen und weiterhin mit den indigenen Gemeinschaften zusammenarbeiten, um die Diskriminierung und strukturellen Rassismus zu bekämpfen."

Mehr als 1.000 Gräber entdeckt

In den vergangenen Wochen waren in Kanada mehr als 1.000 anonyme Massengräber indigener Kinder nahe vier verschiedenen Internaten entdeckt worden. Die Funde sorgten landesweit für Entsetzen. Eine telefonische Krisen-Hotline, die eingerichtet wurde, wird stark in Anspruch genommen.

Während die Funde erst jetzt starke mediale Aufmerksamkeit erlangen, war das dunkle Kapitel nie ganz unbekannt. Es ist aber nie zur ordentlichen Aufarbeitung gekommen. "Ich weiß, die Funde vertiefen euren Schmerz", schreibt Trudeau in dem Tweet an die Angehörigen der Ureinwohner. "Sie bestätigen eine Wahrheit, die ihr schon lange kennt."

In Kanada waren seit 1874 rund 150.000 Kinder von Ureinwohnern und gemischten Paaren von ihren Familien und ihrer Kultur getrennt und in kirchliche Heime gesteckt worden, um sie so zur Anpassung an die weiße Mehrheitsgesellschaft zu zwingen. Viele von ihnen wurden in den Heimen misshandelt oder sexuell missbraucht. Nach bisherigen Angaben starben mindestens 4.000 dieser Kinder, viele von ihnen an Tuberkulose. Die letzten dieser Schulen schlossen erst in den 1990er-Jahren. (APA, red, 14.7.2021)