Geboren wurde Friedrich Simony am 30. November 1813, in Hrochowteinitz in Böhmen. Verstorben ist er am 20. Juli 1896 in St. Gallen in der Steiermark. Das Gymnasium in Nikolsburg (Mikulov) brach er 1828 ab, um eine Lehre als Apotheker zu beginnen. Später ging Simony nach Wien, wo er ein Pharmazie-Studium begann, das er 1835 abschloss. Die folgenden Jahre waren den Naturwissenschaften, der Botanik, der Geologie et cetera gewidmet. In einem Nachruf versucht ihn Albrecht Penck 1898 in einem Satz zu charakterisieren: "Simony war in erster Linie Geograph der Alpen, und in den Alpen fesselte ihn kein Gebiet mehr als das Salzkammergut."

Friedrich Simony (1813–1896), Geograf und Alpenforscher.
Foto: aus Penck (1898)

Zu Simonys Werk zwei vertikale Eckpunkte: der Dachstein, dessen Gipfel mit 2.995 Meter an einen 3.000er heranreicht, und der Hallstättersee, dessen Grund auf 125 Meter in der Tiefe liegt. Wurde der Dachstein von Peter Karl Thurwieser, einem österreichischen Meteorologen und Alpinisten, am 18. Juli 1834 erstmals bestiegen, so blieb es Simony vorbehalten, den Berg am 14. Jänner 1847 erstmals im Winter zu erklimmen. Nachzulesen in der "Wiener Zeitung" vom 8. Februar 1847 unter dem Titel "Eine Winterwoche auf dem Hallstätter Schneegebirge und Ersteigung der 9.492 Wiener Fuß hohen Dachsteinspitze am 14. Januar 1847."

Hier erleben wir Simony nicht nur als Wissenschafter, der ununterbrochen misst, notiert und dokumentiert, hier lernen wir auch seine literarische Ader kennen: "Der 11. Januar sah uns schon in seiner vierten Stunde auf der Wanderung. Die feingeschnittene Sichel des Mondes und eine kleine Blendlaterne waren unsere Leuchten. Der Himmel, welcher in der Nacht seine schönsten Sterne, wie ein Sultan in neidische Höfe gesperrt hatte, schien uns jetzt wieder günstiger gesinnt – sein unermeßliches Antlitz schaute ungetrübt auf die Erde und ihre frühen Pilger herab." Dass Simony und der Schriftsteller Adalbert Stifter (1805–1868) freundschaftlich eng verbunden waren, wurde in zahlreichen Aufsätzen beleuchtet. So wie Stifter in erster Linie als Literat wahrgenommen wird, dessen malerisches Werk weniger bekannt ist, lohnt es, Simonys Schriften unter dem literarischen Aspekt zu lesen.

Pionier der Bilder

Wenn Beobachtungen dokumentiert werden, was zum A und O in den Naturwissenschaften gehört, so fand Simony nicht nur die richtigen Worte, er verstand es auch, die richtigen Bilder zu liefern. Ob Aquarelle, Zeichnungen und Fotografien, Simonys Bilddokumente entsprechen auch im 21. Jahrhundert wissenschaftlichen Anforderungen und liefern wertvolle historische Momentaufnahmen. Dazu der Historiker Rudolf Lehr aus Hallstatt: "Er führte die darstellende Methode in der Erdkunde ein und wurde zum Erfinder der wissenschaftlichen Zeichnung in der Geografie." Für Simonys Stil findet Botaniker Franz Grims aus Taufkirchen/Pram passende Worte: "Bei der Darstellung von Landschaften ging es ihm vor allem um die genaue Wiedergabe ihrer Formen. Naturstimmungen durch unterschiedliche Wetterlage, Tages- oder Jahreszeit fehlen. Der Himmel ist wolkenlos, die Landschaft ohne Licht und Schatten und die Seen sind einheitlich weiße Flächen. Simonys Zeichnungen haben eindeutig wissenschaftliche Aufgaben zu erfüllen, schmückendes Beiwerk fehlt meist." Schlussendlich sei der Geograf Albrecht Penck (1858–1945), Ordinarius und Nachfolger Simonys an der Universität Wien, zitiert: "Ihre [= der Gebirge] äußere Gestalt bildlich festzuhalten wurde ihm Lebensaufgabe. Unermüdlich war sein Stift; als der Zeichnung durch die Photographie eine wesentliche Förderung erwuchs, wanderte er hinaus mit der Camera, um als einer der ersten die Hochgebirgsphotographie vom wissenschaftlichen Standpunkt aus zu pflegen."

Stand des Hallstätter Gletschers (Carls-Eisfeld) im September 1874 und dessen Maximalausdehnung in der Periode 1853 – 1856.
Foto: Archiv GBA
Projektion des Hallstätter Seebeckens: Standpunkt Geyereck (vermutlich 1845).
Foto: Archiv GBA
Aussicht vom Lerchenkogel gegen das Dachsteingebirge und die Gosau-See-Spitzen, 18. Dezember 1842.
Foto: Archiv GBA

Vom Universalisten zum Ordinarius

Simony, der 1840 erstmals in das Salzkammergut kam, begann hier im Frühjahr 1844 die Tiefen des Hallstättersees auszuloten – im wahrsten Sinn des Wortes, er vollendet seine Arbeiten 1845 und lieferte Zeichnungen des Seeuntergrundes, ganz so, als würde man das Wasser auslassen. Gleichzeitig sammelte er in der Region Fossilien. In Fürst Metternich, den Simony 1843 kennengelernt hatte, fand er einen Käufer seiner Sammlung, die 1846 der junge Franz von Hauer (1822–1899) bearbeitete. Im selben Jahr gründete Wilhelm von Haidinger (1795–1871) die Gesellschaft der Freunde der Naturwissenschaften in Wien. Dass Simony bei der Vereinigung dabei war, muss nicht gesondert betont werden, Belege dafür finden sich ab 1847 in den Berichten über Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien. Alle haben das Salzkammergut zum Inhalt. Die Themenpalette entspricht Simonys ganzheitlichem Zugang, er erkundete Tiefen, maß im Wasser wie auch am Dachstein Temperaturen, er skizzierte und publizierte über Gletscher, Kalkhöhlenbildung, bis hin zu "Tiefen-, Durchschnitts- und Perspectiv-Karten des Hallstätter Sees" und schrieb über Spuren der "vorgeschichtlichen Eiszeit im Salzkammergute" und referierte über die Wichtigkeit der "landschaftlichen Contourzeichnung".

1848 maß er die Temperaturen aller Seen im Salzkammergut. 1849 wurde er nach Klagenfurt an das dortige Landesmuseum berufen. Dass Simony im Winter die Tiefen des eisbedeckten Wörthersees auslotete, liegt auf der Hand. Doch es sollte nicht lange dauern, bis ihn Wilhelm von Haidinger, der im November 1849 die k. k. Geologische Reichsanstalt gegründet hatte, zurück nach Wien berief. Als es im Sommer 1850 darum ging, die Geologie der Monarchie systematisch zu erkunden, wusste Haidinger, wer für das Salzkammergut infrage kam. Simony wurde nicht müde, sammelte Gesteinsproben und schickte sie nach Wien. 1851 kam der nächste Karriereschritt. Kaiser Franz Joseph ernannte ihn am 19. April 1851 zum ordentlichen Professor der Geografie an der Universität Wien. Es sollte noch mehr als zehn Jahre dauern, ehe mit Eduard Suess der erste Ordinarius für Geologie 1862 ernannt wurde.

Simony selbst hatte in einem Schreiben an das hohe Ministerium, datiert vom 18. Februar 1851, in der Villa Metternich, "um die Verleihung einer Professur der physikalischen Geographie an der Wiener Hochschule" angesucht. Er hatte genaue Ideen, wie er vorgehen würde. Wir lesen unter anderem: "Die mit der Professur in Verbindung stehenden Aufgaben würden demnach in zwei Hälften zerfallen: in die der Reisen und jene der Vorträge." Auch über Vorlesungen hatte er fixe Vorstellungen: "Drei wöchentlich gehaltene Vorlesungen durch die sechs Wintermonate, also im Ganzen 70–80 Vorträge würden auch genügen, den Gegenstand seinem wesentlichsten Inhalte nach durchzuführen."

Das Innere einer Gletscherhöhle im Karlseisfeld, Dezember 1842: mit Blende.
Foto: Archiv GBA
Partie von Hallstatt (1843).
Foto: Archiv GBA

Simony aus der Sicht der damaligen Medien

Als er verstarb, gab es unzählige Stimmen, die ihn am 21. Juli 1896, am Tag nach seinem Tod würdigten und das Bild eines außergewöhnlichen Mannes zeichneten. Zum Glück war sein Opus Magnum, das "Dachsteingebiet", ein großformatiger Atlas mit 90 Abbildungen, zuvor im Jahr 1895 erschienen.

"Als Sohn mittelloser Eltern arbeitete er sich durch eigene Kraft, durch eisernen Fleiß empor, er war das Muster eines Mannes, der mit Ernst und Ausdauer und als Autodidakt seinen Weg verfolgt" ("Neue Freie Presse"). Die Zeitung "Das Vaterland" schrieb über ihn: "Er hatte sich die Erforschung der österreichischen Alpenwelt zur Lebensaufgabe gemacht und stellte den Zauber und die Eigenthümlichkeiten der Bergwelt nicht nur wissenschaftlich dar, sondern schuf auch künstlerisch werthvolle Landschaftsbilder, die seinen Namen in der ganzen Welt bekannt machten." Über die Früchte harter Arbeit wusste "Die Presse" zu berichten: "Wie die Ausübung seiner Forschungsthätigkeit – die zahllosen, theils unter größten Schwierigkeiten unternommenen Alpenbesteigungen – die höchsten Anforderungen an die Energie stellten, so war der Lebenslauf Simony´s eine ununterbrochene Kette ausdauernder Arbeit und Thatkraft." Er war, so lesen wir in der Zeitschrift "Carinthia": "ein self made man im besten Sinn". Diese Anglizismen überraschen am Ende des 19. Jahrhunderts.

Friedrich Simony (1886): Hallstatt von der Eisenbahn-Haltestelle.
Foto: aus Penck (1898)

Simony in Stifters "Nachsommer"

Die erste Begegnung mit Adalbert Stifter fand im Sommer 1845 statt, als Stifter, gemeinsam mit seiner Frau Amalie, Simony in Hallstatt besuchte; weitere Treffen sollten folgen. Schließlich fand Simony in der Figur von Heinrich Drendorf in Stifters "Nachsommer" Eingang in die Literatur. Dazu eine Stelle aus Band 2 des dreibändigen Werkes (1857) mit erdwissenschaftlichem Bezug: "Oder dauert die Thätigkeit, durch welche die Berge gehoben wurden, noch heute fort, daß sie durch innere Kraft an Höhe ersetzen oder übertreffen, was sie von Außen her verlieren? Hört die Hebungskraft einmal auf? Ist nach Jahrmillionen die Erde weiter abgekühlt, ist ihre Rinde dicker, so daß der heiße Fluß in ihrem Innern seine Kristalle nicht mehr durch sie empor zu treiben vermag? Oder legt er langsam und unmerklich stets die Ränder dieser Rinde auseinander, wenn er durch sie seine Geschiebe hinan hebt? Wenn die Erde Wärme ausstrahlt, und immer mehr erkaltet, wird sie nicht kleiner? Sind dann die Umdrehungsgeschwindigkeiten ihrer Kreise nicht geringer? Ändert das nicht die Passate? Werden Winde Wolken Regen nicht anders? Wie viele Millionen Jahre müssen verfließen, bis ein menschliches Werkzeug die Änderung messen kann?" (Thomas Hofmann, 20.7.2021)