Der Blick in den Sternenhimmel erinnert Menschen oft an die eigene Bedeutungslosigkeit. Sieht man genauer hin, zeigt sich auch die Vergänglichkeit entfernter Sterne, wenngleich diese ganz andere Zeitspannen überdauern. Ein besonderes Schicksal dürfte einem etwa 1500 Lichtjahre entfernten Doppelsternsystem bevorstehen, wie ein internationales Forschungsteam im Fachjournal "Nature Astronomy" schreibt: Die Beobachtung eines seltenen tränenförmig verzerrten Sterns deutet darauf hin, dass das System am Anfang der Entwicklung zu einer Supernova steht.

Diese künstlerische Darstellung zeigt, wie der kleinere Weiße Zwergstern den Heißen Unterzwergstern zu einer Tropfen- oder Tränenform verzerrt.
Bild: University of Warwick/Mark Garlick

Auf dem Weg zu einer Supernova, also einer Explosion und Zerstörung eines Sterns, befindet sich demnach das Doppelsternsystem HD 265435. Es besteht aus einem Heißen Unterzwergstern und einem kleineren Weißen Zwergstern, die sich innerhalb von etwa 100 Minuten eng umkreisen. Weiße Zwerge sind gewissermaßen "tote" Sterne, die ihren gesamten Brennstoff verbrannt haben und in sich zusammengefallen sind, was sie klein und extrem dicht macht. Dieser massereiche Weiße Zwerg und seine Schwerkraft bewirken nun, dass der Heiße Unterzwergstern tränen- oder tropfenförmig verzerrt wird.

Todesspirale zur Supernova

Dies dürfte auch der Katalysator für eine zukünftige Supernova sein, wie das astronomische und astrophysische Team unter der Leitung der University of Warwick berichtet. Das Sternsystem gehört damit zu den wenigen bereits entdeckten Systemen, in denen eines Tages ein Weißer Zwergstern seinen Kern wieder entzünden wird.

Die beiden Sterne befinden sich im frühen Stadium einer Spirale, die wahrscheinlich in einer Supernova vom Typ Ia enden wird. Dieser Typ entsteht vermutlich, wenn der Kern eines Weißen Zwergsterns wieder aufflammt und eine thermonukleare Explosion auslöst. Es gibt zwei Szenarien, in denen dies geschehen kann: Im ersten Fall gewinnt der Weiße Zwerg genug Masse, um das 1,4-Fache der Sonnenmasse zu erreichen, was als Chandrasekhar-Limit bekannt ist. HD 265435 passt allerdings in das zweite Szenario, bei dem die Gesamtmasse eines Sternsystems aus mehreren Sternen nahe oder über dieser Grenze liegt. Bisher wurden nur wenige andere Sternsysteme entdeckt, die diesen Grenzwert erreichen und zu einer Supernova vom Typ Ia führen werden.

Materieübertragung von Stern zu Stern

"Wir wissen nicht genau, wie diese Supernovae explodieren, aber wir wissen, dass es geschehen muss, weil wir sehen, dass es anderswo im Universum passiert", erklärt die Hauptautorin Ingrid Pelisoli von der University of Warwick. Eine Möglichkeit sei, dass der Weiße Zwerg genug Masse aus dem Heißen Unterzwerg ansammelt. Denn während die beiden einander umkreisen und sich annähern, entweicht Materie aus dem Heißen Unterzwerg und geht auf den Weißen Zwerg über. "Eine andere Möglichkeit ist, dass sie Energie durch Gravitationswellenemissionen verlieren und sich dadurch näher kommen, bis sie verschmelzen", sagt Pelisoli. "Sobald der Weiße Zwerg bei beiden Methoden genug Masse gewinnt, wird er zur Supernova."

Aufgefallen ist die charakteristische Tränenform des Doppelsternsystems, die auch zu einer typischen Variation in der Helligkeit führt, sagt Stephan Geier von der Universität Potsdam, der ebenfalls an der Studie beteiligt war: "Diese Variation ist allerdings meist so klein, dass sie mit bodengebundenen Teleskopen nur schwer aufzuspüren ist. Die deutlich bessere Sensitivität des TESS-Weltraumteleskops ermöglichte uns diese Entdeckung."

Der Supernova-Typ Ia kann bei der Bestimmung helfen, wie schnell das Universum expandiert. In diesem Fall dürfte die Supernova in ferner Zukunft liegen: Vermutlich verschmilzt das System in etwa 70 Millionen Jahren. (sic, 14.7.2021)