Gernot Blümel (ganz links) war Regierungskoordinator unter Türkis-Blau – und stand beim Budget für den blauen Verteidigungsminister Mario Kunasek (ganz rechts) auf der Bremse.

Foto: apa / roland schlager

Wien – Am Dienstagabend war Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) guter Laune: Bei sommerlicher Hitze fand auf der Dachterrasse des Finanzministeriums in der Wiener Himmelpfortgasse ein Get-together zwischen Blümel und ausgewählten Journalisten statt. Bei Hintergrundgesprächen und Getränken ließ man den Tag ausklingen. Währenddessen studierte die Opposition aus dem Ibiza-Untersuchungsausschuss die erste größere Lieferung an Chatnachrichten, die Blümel mit dem damaligen Generalsekretär im Finanzministerium und Öbag-Chef Thomas Schmid ausgetauscht hatte. Die stammen aus der Handyauswertung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die speziell für den U-Ausschuss durchgeführt wurde.

In den Chats geht es, wie immer, um vieles: Vorbereitung des Budgets in der damals neuen türkis-blauen Koalition, Beteiligungen und andere Regierungsmitglieder und Beamte. Auch über Schmid kann man aus den Auswertungen Neues lernen: etwa über seine Pläne, die er für die Staatsholding Öbag hatte, oder über seinen Ärger über die Aktion 20.000 für ältere Arbeitslose, wegen der sich "die Anträge" im Finanzministerium stapeln würden: "Bitte endlich weg" damit, bat er Blümel, wie zackzack.at zuerst berichtet hat.

Das Budget: "Ich schäme mich schon fast!"

Im Februar 2018 wurde es rund um das erste türkis-blaue Budget ernst. Dabei ging es auch um das von Mario Kunasek (FPÖ) geführte Verteidigungsministerium. In seiner Unterhaltung mit dem damaligen Regierungskoordinator und Kanzleramtsminister Blümel "drängte Schmid Blümel zur Freigabe des Budgets fürs Verteidigungsministerium", wie die WKStA in ihrer Anmerkung zu den Chats ausführt. Aber offenbar waren die Blauen sehr nachgiebig: "Ich schäme mich schon fast! Die Blauen sind so ehrlich und fair in diesem Budgetprozess, und die Schwarzen …", schrieb Schmid an Blümel. Und bat ihn erneut: "Lass uns das freigeben."

Blümel blieb freilich auf der Bremse. In den nächsten Tagen versuchte es Schmid wieder und warnte davor, dass das Verteidigungsministerium und das Staatssekretariat "anfangen zu drohen". Offenbar fürchteten die Blauen eine Bevorzugung des Justizministeriums unter Josef Moser, der von der ÖVP nominiert worden war.

Am 12. Februar 2018 wurde das Budget schon langsam in trockene Tücher gebracht. Schmid informierte Blümel, dass man "heute alle Küchenstücke (sic!) mit Büro Staatssekretariat" durchgehen werde. Es herrsche nun "volle Transparenz", wobei die FPÖ offenbar nach dem Motto "Jedes Schriftl ein Giftl" nichts bekam. Geschickt habe er der FPÖ nämlich nichts, beteuerte der Generalsekretär, "gemeinsame Besprechung muss reichen".

"Sobo war total sauer!"

Ende März war die Stimmung bestens, die Regierung war genau hundert Tage im Amt. Schmid, der gerade "ZiB 2" schaute, bedankte sich bei seinem Chatpartner: "Hey Blümchen!", schrieb er ihm. Und lobte: "Ganz coole Leistung von dir und dem Kanzler!! Und danke an euch beide für die Hilfe im BMF!!!" Eine Woche später: Katerstimmung. Denn der Budgetdienst des Nationalrats hatte offenbar Kritik am Budget geäußert. Schmid an Blümel: "Das war heute Tiefschlag – Budgetdienst (…) haut uns unser Budget zusammen (...) Sobo (Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, ÖVP, Anm.) war total sauer und hat die hergehauen! Total ärgerlich ist das."

Was sagt Sobotka zu diesen Chats? "Der Präsident war weder Verfasser noch Empfänger dieser Nachrichten, insofern kann er auch Inhalt und Wortwahl nicht beurteilen", sagt ein Sprecher des Nationalratspräsidenten. "Dass Anregungen von Fraktionen zu Ausarbeitungen der Parlamentsdirektion weitergeleitet werden, ist ein normaler Vorgang. Unabhängig, ob diese vonseiten der Regierungs- oder Oppositionsfraktionen geäußert werden. Generell ist das aber selten der Fall, weil der Qualitätsstandard in der Parlamentsdirektion ein dementsprechend hoher ist."

Wenig später war die türkise Welt wieder heil: "Wir stoßen nach heftiger Budgetdebatte auf den Überschuss an!", schrieb Schmid an Blümel und schickte ein Foto von sich und seinem Stellvertreter als Kabinettschef, Dietmar Schuster.

Ziel: "Gutes Gehalt bei der Öbag"

Auch mit ihm chattete Schmid viel, wie eine weitere Lieferung aus der WKStA zeigt. Schuster übermittelte ihm diverse Vorhaben des damaligen Wirtschaftsministeriums unter Margarete Schramböck, Schmid antwortete mit seinen eigenen Plänen. Damals wurde in den Medien bereits berichtet, dass er zum Alleinvorstand der Staatsholding Öbag installiert werden sollte, die Ausschreibung war allerdings noch in weiter Ferne. Unbeeindruckt schrieb Schmid unter dem Titel "Themen Thomas" Folgendes: "Gutes Gehalt bei Öbag; weitere UN (Unternehmen, Anm.) in die Öbag; coolen AR (Aufsichtsrats, Anm.), Kauf der B&C-Holding, Dividenden in den UN. (...) Bitte umsetzen." Die Antwort seines Mitarbeiters: Diese Themen würden auch wirklich umgesetzt werden, "während die Margarete noch in zwei Jahren davon sprechen wird". (Renate Graber, Fabian Schmid, 14.7.2021)