Jahrelang hatten tausende Facebook-Mitarbeiter weitgehend unkontrolliert Zugriff auf Nutzerdaten.

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Das weltgrößte soziale Netzwerk Facebook verfügt über nicht gerade wenige Daten über seine Nutzer – ein Bestand, der zur Vermittlung zielgerichteter Werbung genutzt wird, dem Geschäftsmodell des Konzerns.

Dass sich mit diesen Daten aber weit mehr anstellen lässt und sie deshalb gut geschützt werden sollten, zeigte vor wenigen Jahren die Causa Cambridge Analytica. Und nun demonstriert auch ein in Kürze erscheinendes Buch, "An Ugly Truth: Inside Facebook's Battle for Domination", was passieren kann, wenn es zu wenig Kontrolle gibt.

"Business Insider" erhielt eine Vorabkopie des Werks und zitiert daraus besonders brisante Fälle, die sich zwischen 2014 und 2015 zugetragen haben. Es geht um einen Entwickler des Konzerns, der mit einer Frau in Europa auf Urlaub war. Doch der Trip verlief nicht harmonisch.

Kaum Zugriffsbeschränkungen

Es kam zum Streit zwischen den beiden Reisenden, woraufhin die Frau das gemeinsame Hotelzimmer räumte und verschwand. Der Facebook-Mitarbeiter wollte sich damit aber nicht abfinden und nutzte seinen Zugriff auf die Daten, um ihr nachzuspionieren. Letztlich gelang es ihm so, herauszufinden, in welches Hotel sie ausgewichen war, um sie dort zur Rede zu stellen.

Ein anderer Techniker wiederum konnte mit dem Kontaktabbruch einer Frau nach einem Date nicht umgehen. Nachdem sie auf seine Textnachrichten nicht mehr reagierte, forschte er mithilfe von Facebooks Datenbestand ihre Vergangenheit aus. Dabei soll er Zugriff auf Kommentare, Likes, Nachrichten im Facebook Messenger und teilweise auch auf ihren Standort in Echtzeit gehabt haben.

Laut Sheela Frenkel und Cecilia Kang, den beiden Autorinnen des Buches, hatten die fast ausschließlich männlichen Entwickler damals sehr niederschwelligen und kaum kontrollierten Zugang zu Daten, weil man sich dadurch eine Beschleunigung der Entwicklung erhofft hatte. Viele von ihnen sollen dies aber ausgenutzt haben, um mehr über Frauen in Erfahrung zu bringen, für die sie sich interessierten.

Verbesserungen seit 2015

Im September 2015 brachte Sicherheitschef Alex Stamos, der erst Anfang des Jahres zum Konzern gestoßen war, das Problem bei Firmenchef Mark Zuckerberg auf. Danach wurden sukzessive strengere Regeln eingeführt, die allerdings den Autorinnen nicht weit genug gingen. Umfangreiche Einschränkungen hätten auch schlicht Zuckerbergs eigener Haltung nicht entsprochen, schreiben sie. Stamos verließ den Konzern im Jahr 2018, zwischen ihm und dem CEO soll es unter anderem aufgrund der Handhabe im Hinblick auf die russische Einflussnahme auf die US-Wahl 2016 gekriselt haben.

Man pflege eine "Nulltoleranzpolitik" gegenüber Datenmissbrauch, heißt es dazu seitens Facebook. Bisher sei auch noch jeder Mitarbeiter, dem ungebührlicher Zugriff nachgewiesen worden wäre, entlassen worden. Seit 2015 habe man die Sicherheitsprotokolle verschärft und Maßnahmen gesetzt, damit Entwickler beim Ausbau des Dienstes weniger häufig Zugriff auf bestimmte Daten benötigen. (gpi, 15.7.2021)