Belarus geht hart gegen die Opposition vor.

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Minsk – In Belarus (Weißrussland) haben Sicherheitskräfte am Mittwoch nach Angaben von Aktivisten die Büros wichtiger Menschenrechtsgruppen durchsucht und mehrere Mitarbeiter festgenommen. Wie das Menschenrechtszentrum Wjasna (Viasna) am Mittwoch mitteilte, wurden ihre Büros in der Hauptstadt sowie die Wohnungen von mindestens fünf ihrer Mitglieder in Minsk und anderen Orten durchsucht.

Kontakt zu Wjasna-Chef verloren

Insgesamt waren offenbar mindestens fünf unabhängige Menschenrechtsgruppen von den Polizeieinsätzen betroffen, darunter auch das belarussische Helsinki-Komitee. Wjasna teilte mit, sie habe den Kontakt zu ihrem Chef Ales Beljazy verloren.

Die Organisation war 1996 gegründet worden, um den Familien von politischen Gefangenen zu helfen. Sie sammelt Informationen zu den Massenprotesten gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko, die vergangenes Jahr in Belarus begonnen hatten, und ist eine wichtige Quelle für die Zahl der Festnahmen bei den Kundgebungen.

Weitere Schicksale unklar

In der westlichen Stadt Grodno wurde den Angaben zufolge die Wohnung des Aktivisten Viktor Sasonow durchsucht. Die Beamten hätten ihn "mitgenommen", sein Verbleib sei unklar, erklärte Wjasna. In der Stadt Orscha nahe der russischen Grenze wurde demnach Igor Kasmertschak, Aktivist und Redakteur der Website orsha.eu, festgenommen.

Der Chef des belarussischen Helsinki-Komitees, Oleg Gulak, schrieb im Online-Netzwerk Facebook, die Bürotür der Organisation sei "aufgebrochen" worden. Auch der Belarussische Journalistenverband und eine Flüchtlingsorganisation des Landes meldeten Razzien. Andrej Poludy, Chef einer Organisation, die gegen die Todesstrafe kämpft, wurde offenbar in seiner Wohnung festgenommen.

Am Donnerstag und Freitag waren die belarussischen Behörden mit Razzien gegen regierungskritische Medien vorgegangen. Außerdem wurde der Online-Zugang zu ältesten Zeitung des Landes, "Nascha Niwa", gesperrt.

Massenproteste nach Wahlen

Vor gut einer Woche war der belarussische Oppositionelle Viktor Babaryko vom Obersten Gerichtshof in Minsk wegen des Vorwurfs der Korruption zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Der Ex-Banker hatte bei der Präsidentenwahl in Belarus im vergangenen Jahr kandidiert und galt als wichtigster Herausforderer Lukaschenkos.

Der belarussische Oppositionelle Viktor Babaryko
Foto: Ramil Nasibulin/BELTA / HANDOUT

Der seit fast drei Jahrzehnten regierende Lukaschenko war trotz massiver Betrugsvorwürfe nach der Wahl im August 2020 offiziell zum Sieger erklärt worden. Dies löste beispiellose Massenproteste aus, die von den Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen wurden. Das Vorgehen der Behörden gegen Demonstranten und Medien stößt international auf scharfe Kritik. (APA, AFP, 14.7.2021)