Bild nicht mehr verfügbar.

Sucharit Bhakdi war öfter auf Servus TV zu sehen, etwa im Februar 2021 in der Servus-TV-Reportage "Geächtet und ausgegrenzt – Die Corona-Kritiker". Dort sagte er: "Es gibt keine Epidemie oder Pandemie mehr."

Foto: Servus TV/Picturedesk

Wien – Israel sei die "lebende Hölle", und die Juden hätten "das Böse gelernt und umgesetzt". Sucharit Bhakdi, ehemaliger deutscher Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie und eine Ikone der Corona-Leugner- und Verharmloser, sorgt mit antisemitischen Äußerungen für Empörung. Geäußert hatte er sie in einem Interview, das unter dem Titel "Die Impfung! Die Hölle auf Erden" auf einem Portal der sogenannten "Querdenker"-Szene veröffentlicht wurde. Bhakdi ist seit Beginn der Corona-Pandemie Stammgast beim Privatsender Servus TV.

Die Ausschnitte aus dem Interview kursieren seit Mittwoch auf Twitter und sorgen bereits für eine Anzeige. Der Antisemitismusbeauftragte der jüdischen Gemeinde zu Berlin, Sigmount Königsberg, hat Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt, wie er auf Twitter mitteilte. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt.

Aussagen

Auf die Frage, ob es sich bei der Impfkampagne der deutschen Bundesregierung um kalkulierten Mord handele, sagt Bhakdi: "Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land, aus diesem Land, wo das Erzböse war, (…), und haben ihr Land gefunden, haben ihr eigenes Land in etwas verwandelt, was noch schlimmer ist, als Deutschland war. (…) Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt – und umgesetzt. Deshalb ist Israel jetzt 'living hell' – die lebende Hölle." Wenn die Amerikaner nicht aufpassen, stehe auch ihnen die "lebende Hölle" bevor, so Bhakdi. Und: "Euer Land wird verwandelt in die lebende Hölle, wenn ihr nicht bald aufsteht." Die Zitate wurden etwa auf tagesschau.de veröffentlicht und sind im Videoausschnitt zu sehen.

Dauergast bei Servus TV

Sucharit Bhakdi hatte seit Beginn der Corona-Pandemie zahlreiche Auftritte bei Servus TV. Neben einigen Gastspielen im "Corona-Quartett" wurde er von Senderchef Ferdinand Wegscheider zweimal in einem "Talk Spezial" interviewt – zuletzt im September 2020.

In der Servus-TV-Reportage "Geächtet und ausgegrenzt – die Corona-Kritiker!" vom 18. Februar 2021 durfte Bhakdi das Schlusswort sprechen. Er sagte: "Es gibt keine Epidemie oder Pandemie mehr. Das ist die einfache Tatsache. Und deswegen muss alles jetzt aufhören." Gemeint waren die Maßnahmen der Regierungen und dass die Politiker auf die Weltgesundheitsorganisation WHO hören sollte, da sie die Pandemie für beendet erklärt hätte.

Nach den antisemitischen Äußerungen Bhakdis sagt Servus TV auf STANDARD-Anfrage, ob der umstrittene Wissenschafter und Co-Autor des Buches "Corona Fehlalarm?" weiterhin eine Bühne bekommen werde? "Es gibt keine neuen Auftritte mit Herrn Prof. Bhakdi."

"Goldenes Brett vorm Kopf"

Bhakdi sagte etwa im Herbst 2020, dass es keine zweite Corona-Welle geben werde und die Pandemie vorbei sei, und er appellierte im "Corona-Quartett" an die Zusehenden, dass die Bevölkerung doch die Masken abnehmen solle. Bhakdi wurde im Dezember 2020 mit dem Schmäh- und Satirepreis "Goldenes Brett vorm Kopf" für den größten wissenschaftlichen Unfug bedacht. Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz, dem Servus TV gehört, soll jedoch eine hohe Meinung von ihm haben.

Wegscheider verteidigt Corona-Berichterstattung

Im Gespräch mit der APA sagte Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheider kürzlich auf die Frage, ob Servus TV mit Sendungen wie dem "Corona-Quartett" oder auch dem wöchentlichen provokanten Kommentar "Der Wegscheider" von manchen Teilen der Bevölkerung mittlerweile als Sender der Maßnahmengegner und Corona-Zweifler angesehen wird: "Nein, ich sehe das definitiv nicht so. Ich empfinde diese Behauptung nahezu als Chuzpe. Andere Sender und Medien haben in den vergangenen 15 Monaten eine einseitige Berichterstattung betrieben, die mich an totalitäre Staaten erinnert, weil sie den kritischen Teil der Wissenschaft aussperren und deren Vertreter auch noch als Quacksalber oder Spinner verunglimpfen." Wissenschaft sei nie in Stein gemeißelt, und es seien immer Diskurse zu führen, so Wegscheider.

Bhakdi kandidiert bei der Bundestagswahl in Deutschland für die Partei "Die Basis". Die Partei ist im Zuge der "Querdenker"-Proteste entstanden.

Goldegg-Verlag beendet Zusammenarbeit

Sein Buch "Corona Fehlalarm?!" wurde zum Bestseller. Herausgeber ist der österreichische Goldegg-Verlag. Dieser distanziert sich von Bhakdis Aussagen: "Die aktuellen Aussagen von Prof. Bhakdi können wir nicht nur nicht nachvollziehen, sie stehen außerhalb unseres Verständnisses. Im Verlag sind wir tief betroffen und distanzieren uns vehement von derartigem Gedankengut", heißt es in einem Pressestatement. Und: "Antisemitische oder rechtsextreme Ansichten tolerieren wir nicht", teilte der Verlag auf Twitter mit.

Es würden keine weiteren Bücher mehr mit ihm realisiert. (omark, 15.7.2021)