Claudia Plank und Hans Werner Poschauko haben auf ihrer Wohnungssuche die Wiener Hausverwaltungen der Reihe nach durchtelefoniert. Beim Buchstaben E wurde das Künstlerpaar fündig.

"Als Künstler lieben wir die Farben des Regenbogens. Wir haben Hellblau, Gelb und Rosa. Die Farben erzeugen eine wunderschöne Schwingung, die sich direkt auf unser Gemüt auswirkt, indem sie durch unsere Augen ins Hirn eindringt und dort auf schnellstem Wege Glückshormone produziert. Wir hatten auch schon grüne, taubenblaue und lavendelfarbene Räume in der Wohnung. Doch unser größter Stolz ist das Flamingo-Wohnzimmer. Ein zarter Pastellton, der ein bisschen an Lilienporzellan erinnert – sehr zart, sehr lieb, in der Summe dann aber schon auch eine ordentliche Portion Farbe.

Starkes Bekenntnis zur Farbe: das Künstlerpaar Claudia Plank und Hans Werner Poschauko.
Foto: Lisi Specht

Wir sehen unser Bekenntnis zur Farbe als eine Kampfansage an die Moderne. Früher wurden die Wohnräume in den prächtigsten und kräftigsten Farben gestrichen, und selbst in den kleinsten gründerzeitlichen Wohnungen gab es Farbe an Wänden und Decken. Erst die Moderne hat das alles ausgelöscht – und hat das Wohnen weiß gemacht.

Wenn man bei uns in der Wohnung die alten Farbschichten abschabt und zum allerersten Farbauftrag vordringt, dann entdeckt man, wie bunt und grell die Wohnungen früher waren. Das muss super ausgeschaut haben! Eine Augenweide!

Fotos: Lisi Specht

Gefunden haben wir die Wohnung vor 30 Jahren. Die Suche war eine sehr eigenartige, denn wir haben uns ein Registerbuch mit allen Wiener Hausverwaltungen gekauft und begonnen, die Firmen alphabetisch durchzutelefonieren und sie danach zu befragen, ob sie ein für uns passendes Objekt im Talon haben – groß, günstig in der Miete, SubStandard, heizungslos und durchaus renovierungsbedürftig. Beim Buchstaben E wie "Egger" wurden wir dann fündig. Die Suche hat ein paar Monate gedauert. Zum Glück mussten wir uns nicht bis Y oder Z durchtelefonieren!

Seit wir hier wohnen, hat sich rundherum viel getan. Als wir einzogen, war der Margaretenplatz noch hässlich und von breiten Straßen durchzogen. Es war laut, und jedes Mal, wenn der Bus vorbeigefahren ist, hat alles gescheppert. Dann erst wurde der Platz umgebaut und eine Platanenreihe gepflanzt. Mit dem Schickwerden der Gegend hat die Gentrifizierung Einzug gehalten, unser Haus wurde in der Zwischenzeit schon fünfmal verkauft. Heute werden die Wohnungen hier für horrendes Geld vermietet.

Fotos: Lisi Specht

Die Wohnung hat knapp 100 Quadratmeter und hatte schon viele Zustände. Mit und ohne Kind. Mit und ohne Atelier. Mit und ohne Matratzen, die wir zu Dämmzwecken – als wir noch keine Heizung und kein Geld für Fenstersanierung hatten – in die Kastenfenster hineingestopft haben, damit wir im Winter nicht erfrieren.

Auch heute noch haben wir Projekte. Wir wollen die dünne Wand zwischen Küche und Kabinett durchbrechen, aber solche Projekte dauern immer länger, als man hofft, denn immer findet sich etwas Wichtigeres zu tun. So ist das, wenn man in der Kunst tätig ist.

Das Gute ist: Die Wohnung hat viel Platz zum Denken, Wohnen und Sammeln. Wir arbeiten ja viel mit der Natur, wir haben früher Insekten gezüchtet und sie in Terrarien lebend gezeigt: Stabheuschrecken, wandelnde Blätter, aberwitzige Käfer. Dann hatten wir eine ziemlich lange Vogelphase. Die reichte so lange, bis wir selbst schon einen Vogel hatten. Deswegen stehen hier überall Vogelskulpturen herum. Heute arbeiten wir vor allem mit Flora, also mit Blumengärten, Blättern und Wald. Wir sind zeitgenössische Blumenromantiker geworden!

Früher haben Claudia Plank und Hans Werner Poschauko Insekten gezüchtet, dann hatten sie "eine ziemlich lange Vogelphase", weshalb in ihrer Wohnung überall Vogelskulpturen herumstehen. Aktuell sind Puppenaugen gefragt.
Fotos: Lisi Specht

Wir sammeln aber auch Puppen. Genauer gesagt Puppenköpfe, und da vor allem die Augen. Wir verwenden sie für unsere Arbeiten, weil uns Augen faszinieren. Hier entsteht der allererste Eindruck, wenn man Kunst sieht, bevor die Reize und Impulse dann als Hirn weitergegeben und verarbeitet werden. Wir sammeln lieber selbst, wir bestellen nichts in China. Wenn wir am Flohmarkt sind und den frisch erstandenen Puppen mit dem Stanley-Messer die Augen ausschneiden, dann schauen uns die Leute immer ganz entrüstet an. Und dann schauen wir zurück und nach vorn. So ist das mit den Augen." (PROTOKOLL: Wojciech Czaja, 19.7.2021)