ORF-Generalsbewerberin Lisa Totzauer und die ÖVP – eine sehr abwechslungsreiche Geschichte.

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Wie türkis ist Lisa Totzauer? Seit sich die Channel-Managerin von ORF 1 am Dienstag als Bewerberin um die ORF-Führung deklariert hat, sind auf Twitter, in Foren und Nachrichten viele, durchwegs überzeugte Befunde zu lesen. Für die einen ist Totzauer Parteisoldatin, jedenfalls -kandidatin, für die anderen (im ORF) die Hoffnung auf einen nicht von der ÖVP dominierten ORF nach Generaldirektor Alexander Wrabetz.

Ähnlich abwechslungsreich ist die Geschichte Totzauers und der ÖVP. Monika Lindner, ORF-Landesdirektorin und ab 2002 Generalin, wollte die junge Journalistin Totzauer in den 1990ern rasch aus dem Landesstudio haben. Totzauer ging zur ZiB 2, arbeitete dort mit Richard Grasl (2016 fast bürgerlicher ORF-Chef, heute beim Kurier), Nikola Donig (später Neos), Wolfgang Geier (heute ihr ORF-1-Chefredakteur). Sie wechselte zur ZiB 1, wurde 2007 bald nach Dienstantritt von Wrabetz als ORF-Chef Sendungsverantwortliche – aber nicht Magazinchefin.

Elmar Oberhauser, damals nicht zuletzt dank BZÖ-freiheitlicher Stimmen für Wrabetz Informationsdirektor, legte sich da gegen Totzauer als ÖVP-Wunsch quer. Als er sich auch gegen Fritz Dittlbacher als TV-Chefredakteur wehrte, erklärt als SPÖ-Wunsch, ließ Wrabetz seinen politischen Problembären 2010 im ORF-Stiftungsrat absetzen.

Channel-Manager

Viele Jahre kündigte ORF-Chef Alexander Wrabetz Senderchefs für ORF 1 und ORF 2 an, Totzauer wurde lange als bürgerlich unterstützte Kandidatin für ORF 1 gehandelt. Mit der Koalition von ÖVP und FPÖ bestellte Wrabetz 2018 mit ihr und Alexander Hofer gleich für beide Kanäle bürgerlich eingeordnete Channel-Manager.

Schon damals ließ Totzauer Willen und Überzeugung erkennen, den ORF als Generalin zu führen. Vielleicht stellte Wrabetz Totzauer deshalb vor die Herausforderung, ORF 1 in Streamingzeiten vom Filmseriensportprogramm zum Österreich-Kanal für junge Menschen zu machen. Totzauer nahm die Challenge mit ihrer Überzeugung an, versuchte viel, irrte oder scheiterte an einigen Punkten, auch wenn sie das vielleicht nicht so nennen würde.

Sie hat mit vielen Menschen gesprochen über ihre Bewerbung, auch maßgeblichen in der ÖVP. Dennoch hat sie sich am Dienstag in einem Onlinevideo an das Publikum als Bewerberin "Lisa Totzauer, 50, Mutter von zwei Kindern", verheiratet mit einem Unternehmensberater, deklariert. Die Kandidatin der ÖVP mit der Mehrheit im Stiftungsrat ist sie, soweit erkennbar, nicht. (Harald Fidler, 16.7.2021)