Stefan Stürzer, der Betreiber des Werks, findet, dass sich auch Geimpfte testen lassen sollten, weil nicht auszuschließen ist, dass sie die Delta-Mutation weitergeben.

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In einer niederländischen Disco haben sich einen Tag nach der Wiedereröffnung fast 200 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Im steirischen Lannach bemühen sich die Behörden aktuell, bis zu 900 Kontaktpersonen zu ermitteln, weil am 4. Juli eine infizierte Person dort getanzt hat. Nun verschärfte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein aufgrund der steigenden Infektionszahlen und der Verbreitung der Delta-Mutation – 90 Prozent der Neuinfektionen seien bereits auf die Virusvariante zurückzuführen – die Corona-Regeln. Unter anderem dürfen ab 22. Juli nur noch Geimpfte oder PCR-Getestete in Discos. DER STANDARD hat mit Stefan Stürzer, dem Betreiber des Wiener Clubs Das Werk, über die Neuerungen gesprochen.


STANDARD: Was sagen Sie zu den aktuellen Verschärfungen für die Nachtgastronomie?

Stürzer: Für mich ist das kein Problem. Im Werk haben wir de facto eh schon eine Ein-G-Regel. Bei uns kommt man nur mit PCR-Test oder tagesaktuellem Antigentest in den Club – auch wenn man geimpft ist. Dafür haben wir extra eine eigene Teststraße eingerichtet, wo man sich von 22 Uhr bis ein Uhr testen lassen kann. Dass jetzt nur noch PCR-Tests zählen, finde ich auch nicht allzu kompliziert für die Gäste. Wer den Test am Donnerstag macht, kann Freitag und Samstag tun, was er will. Ich wäre sogar dafür, dass man, auch wenn man geimpft ist, weiterhin einen Test braucht – aus einem einfachen Grund: Die Mediziner, mit denen wir unser Präventionskonzept erarbeitet haben, sagen, dass selbst bei doppelter Impfung eine ernstzunehmende Chance besteht, sich mit der Delta-Mutation zu infizieren und diese auch weiterzugeben. Die Clustergefahr ist hoch bei uns. Ich fände es daher am gescheitesten, wenn wir jetzt noch zwei Monate streng sind, bis wirklich jeder geimpft ist, der oder die das will. Danach ist es eine Sache der Eigenverantwortung, wenn man sich nicht impfen lassen will und einen schweren Verlauf riskiert. Ein Auf- und Wiederzusperren wäre für uns wirtschaftlich der allergrößte Schaden.

STANDARD: Von den Jungen sind noch immer zu wenige geimpft. Die Discos könnten da womöglich etwas zum Fortschritt beitragen. Wäre es nicht eine Idee, wie die Teststraße auch eine Impfstraße vor den Clubs einzurichten?

Stürzer: Als wir vom Gesundheitsminister Mückstein und der Kulturstaatssekretärin Mayer zum Gespräch über die Öffnungsschritte eingeladen worden sind, haben wir genau das vorgeschlagen. Damals wurde diese Idee offenbar nicht als relevant oder notwendig empfunden.

STANDARD: Wie stehen Sie zu einer Impfpflicht für Mitarbeiterinnen? Wäre das für Sie vorstellbar?

Stürzer: Das war bei uns kein Thema. Sobald es die Möglichkeit gab, haben sich alle unsere Mitarbeiter freiwillig impfen lassen. Bis auf ein paar wenige sind jetzt alle schon vollimmunisiert. Darüber hinaus muss bei uns die gesamte Belegschaft – auch DJs – jeden Donnerstag gurgeln.

STANDARD: In der niederländischen Disco, in der ein Cluster entstanden ist, gab es Probleme mit dem Contact-Tracing, weil sich nur ein Drittel der Gäste wirklich registriert hat. Ist die Gastro zu nachlässig bei der Umsetzung – oder wo liegt das Problem?

Stürzer: Also für mich ist das viel zu lasch. Ich bin selber, wenn ich nach der Arbeit essen gehe, vielleicht zweimal nach einem Drei-G-Nachweis gefragt worden. Ich verstehe das ehrlich gesagt nicht, denn der Aufwand ist zu bewältigen, und ich bin mir nicht sicher, ob sich alle Betreiber bewusst sind: Wenn es einen Cluster gibt und die Mitarbeiter noch nicht zweimal geimpft sind, dann sind die K1-Kontaktpersonen. Dann kannst du den Laden gleich wieder für zwei Wochen zusperren. Und das ist, wie gesagt, in unserer Branche der größte Schaden.

STANDARD: Wie läuft es seit den Öffnungen eigentlich wirtschaftlich für Sie? Ist unter den aktuellen Umständen ein rentabler Clubbetrieb möglich?

Stürzer: Das große Geschäft ist es nicht. Man muss bedenken, dass wir nur 75 Prozent Auslastung haben dürfen, das heißt, wir verzichten auf der einen Seite auf Gäste, haben aber auf der anderen Seite durch die Corona-Regeln mehr Ausgaben. Ohne die Mehrwertsteuersenkung von fünf Prozent auf die Getränke wäre Zusperren sinnvoller. Trotzdem würde ich an alle Clubbetreiber appellieren, jetzt noch zwei Monate alle Regeln umzusetzen. Wenn wir da mit Hirn durchkommen, dann sind wir im Herbst die Restriktionen los und können nachhaltig offen haben. (Johannes Pucher, 16.7.2021)