Die Verhältnisse in der Islamischen Republik Teheran – gemeint ist der heutige Iran, zurückreichend bis in die 1970er-Jahre – dermaßen ins Lächerliche zu ziehen, das ist bisher noch niemandem gelungen. Die satirische Kritik an der aussterbenden Spezies bärtiger Männermacht reicht viel tiefer in eine subkutane Schicht, es ist ein Schlag unter die Gürtellinie unverschämter Verlogenheit religiöser Doktrin und doofer Rhetorik religiös verbrämter politischer Ideologie mit den Mitteln psychoanalytischer Poesie.

Dabei könnte der amüsante Plot aus einer Soap stammen: Der Gefängnisarzt/Therapeut verkuppelt seine sexy Frau, Schauspielerin, mit ganz viel Geheimdienstbeteiligung mit einem prominenten, im ganzen Land beliebten Regisseur, damit sie in einem Film mitwirken kann, mit dem sich der politisch in Ungnade gefallene Künstler bei den Machthabern rehabilitieren kann.

Sama Maani legt mit seinem neuen Roman ein reformatorisches und gleichzeitig therapeutisches Buch vor.

Der Plot ist wahrscheinlich nicht einmal erfunden – was wissen wir von dem Unterhaltungskulturbetrieb in der islamischen Republik? –, aber er ist ein offensichtlicher Vorwand, um das Allgemein-Männliche, Unmenschliche, das versteckt und offen Gewalttätige zu treffen. Das Lächerlich-Böse ist in dieser Welt ebenso gegenwärtig wie die naiv-untertänigen Stimmen, die davon erzählen. Die Erzähler in diesem Roman kommen und gehen, ihre Identität ist unklar.

Achsen des Geschehens bilden "das Haus des Vergessens der Bibliothek der in der Sprache Teherans verfassten Bücher des Internats Islamischer Mädchen", in dem eine Brainwash-Maschine die Erinnerung an den Inhalt gerne gelesener Bücher löscht, und ein Gefängnis, das nach einem humanistischen architektonischen Konzept konstruiert wurde, in dem aber laufend Hinrichtungen stattfinden, sowie das Institut für Islamische Kriminalpsychoanalyse, wo "das Problem mit mehr als einem Gedanken auf einmal sowie die anderen (technischen) Probleme der Psychoanalyse (…) durch eine Kombination aus Psychoanalyse, Neurowissenschaften und der avanciertesten Teheraner Computertechnologie definitiv gelöst" ist.

Bis Žižek nach Teheran kommt, zeigt sich die Teheraner Gesellschaft in einem System absurder Institutionen interniert. Die politischen Gruppierungen der Fundamentalisten und der Reformfaschisten sind gleichermaßen in ein Wahnsystem verstrickt, das sich islamischer Glaube nennt und auf einen Gott beruft, der nichts anderes vertritt als einfach das männliche Prinzip.

Erzählt wird, wie dieser Männerglaube kollabiert: In einer Schlüsselstelle vollzieht sich die "Erschütterung des Glaubens" und die "Verweiberung" Gottes ebenso, wie auch die Machthaber buchstäblich "verweibern".

Dem in Wien lebenden Arzt, Psychiater und Psychoanalytiker Sama Maani ist mit diesem in der Art eines Epos in Verszeilen geschriebenen Roman etwas Einzigartiges gelungen, eine neue Form alternativer Geschichtsschreibung. Diese Islamverarschung ohnegleichen ist eine reformatorische und zugleich eine therapeutische Schrift.

Sama Maani, "Žižek in Teheran". € 29,– / 624 Seiten. Drava-Verlag, Klagenfurt/Celovec 2021

Würde das Buch von all den Bartträgern gelesen und wirklich verstanden werden, wäre die Welt vom Islam geheilt. Hinzuzufügen ist, dass in diesem vom unbedingten Willen zur Aufklärung aus dem Geist der Psychoanalyse getragenen lustigen Buch Teheran in Graz und Graz in Teheran ist.

Der Einbau der realen, historisch verbürgten Vorgänge, von Hinrichtungen, Folterungen, brutaler Unterdrückung Andersgläubiger und Andersdenkender in die satirische Darstellung lässt das Lachen im Hals gefrieren. Es wird mehr als deutlich, dass mit Teheran Graz (oder welche Stadt auch immer) mitgemeint ist, wo aus katholischen oder Nazi-Gründen hingerichtet und gefoltert worden ist.

Damit die globalistische Blasphemie funktioniert, sind zahlreich Anglizismen ins Buch gestreut, was der altertümlichen äußeren Hülle der Sprache des Epos geschmeidige Gegenwärtigkeit verleiht.

Einmontiert in die Morphologie der Teheraner Alltagskultur ist der Diskurs der Psychoanalyse und vor allem ein Text von Sigmund Freud, nämlich Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiografisch beschriebenen Fall von Paranoia bzw. die Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken von Daniel Paul Schreber. Und natürlich Slavoj Žižek, der am Ende in einem Interview am Teheraner Flughafen in seiner unnachahmlich nachgeahmten unnachahmlichen Art gleich alles aufklärt. (Walter Fanta, 19.7.2021)