Wiens Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) besteht auf der Lobau-Schnellstraße.

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Wien – Die Wiener Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) hat am Freitag ihre Forderung nach einer Umsetzung der Wiener Nordostumfahrung (S1) bekräftigt. Sie versicherte einmal mehr, dass ein Stopp "dramatische" Auswirkungen auf Wien hätte. Denn neue Stadtteile in der Seestadt Aspern bzw. im Umfeld würden nicht realisiert werden können, wenn die Stadtstraße Aspern und die S1-Spange Aspern nicht gebaut werden.

Stadtentwicklung in Gefahr

Das umstrittene Umfahrungsprojekt, das unter anderem einen unter der Lobau verlaufenden Tunnel vorsieht, wird derzeit vom Bund evaluiert. Zur Verbindung gehört auch eine Schnellstraße zum ehemaligen Flugfeld und nunmehrigen Stadtentwicklungsgebiet Aspern. Diese Spange würde von der Asfinag errichtet werden. Die sogenannte Stadtstraße, die zur A 23 führt, wäre von der Stadt zu bauen.

Das Problem ist laut Sima, dass in der städtebaulichen Umweltverträglichkeitsprüfung diese hochrangigen Straßen als Voraussetzung behördlich vorgeschrieben sind, um die Wohnbauten zu errichten. Ohne diese Verbindungen könne es dort keine weitere Stadtentwicklung geben, warnte die Ressortchefin. Es gehe dabei um Wohnungen für bis zu 60.000 Menschen.

Angst vor "Schlafstadt" Seestadt

Es würde durch eine Erschließung auch die Möglichkeit geschaffen, Betriebe anzusiedeln. Geschehe dies nicht, würde die Seestadt zur reinen "Schlafstadt" verkommen. Rein theoretisch könnten die Verbindungen auch ohne Anbindung an eine Umfahrungsstraße errichtet werden, das mache aber keinen Sinn, gab Sima zu bedenken.

Sollten Spange und Stadtstraße hingegen kommen, würde man zugleich "Schleichwege" durch die Donaustadt unattraktiv machen, versprach sie eine Verkehrsberuhigung in anderen Bezirksteilen. Der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) berichtete, dass dort die Bewohnerinnen und Bewohner massiv unter der zunehmenden Verkehrsbelastung leiden würden. Die von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) angekündigte Evaluierung rügte er harsch: "Das was hier passiert, ist unter jeder Kritik."

Der Vorstandssprecher der Aspern-Development AG, Gerhard Schuster, führte aus, dass die Seestadt als Stadt der kurzen Wege konzipiert sei, wo Wohnen und Arbeiten verbunden werden solle. Man setzte auf Fuß-, Rad- und Öffi-Verkehr. 20 Prozent werde aber auch der motorisierte Individualverkehr ausmachen. Würden die beiden Verbindungsadern nicht realisiert, könnten mehr als 50 Prozent der Seestadt nicht gebaut werden, beklagte Schuster.

Drozda fordert Rechtssicherheit

Auch Wohnbauvertreter warnten vor einem Aus für zahlreiche bereits konzipierte Projekte. So hielt etwa der Vorstandsdirektor der Arwag-Holding, Thomas Drozda, fest, dass man als Projektbetreiber Rechtssicherheit brauche. Und er betonte, dass es jedenfalls sinnvoll sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, dies aber nicht immer möglich wäre. So berichtete er von einem Teigtaschenproduzenten, der dort angesiedelt sei. Dieser könne seine Ware wohl kaum mit der U-Bahn in die Stadt transportieren, gab er zu bedenken.

Grüner Konter

Die Wiener Grünen verteidigten die Evaluierung und wiesen die rote Kritik zurück. "Stadträtin Sima und die Wiener Stadtregierung entlarven sich erneut als Betonierer und Blockierer. Der Klimacheck für Neubauprojekte der Asfinag ist angesichts des gemeinsamen Ziels zur Klimaneutralität 2040 vernünftig und richtig", zeigte sich der nicht amtsführende Stadtrat Peter Kraus überzeugt. Die gleiche Energie, mit der die SPÖ "für Beton kämpft", brauche man dringend beim Kampf für Klimaschutz und mehr öffentlichen Verkehr, befand er. (APA, 16.7.2021)