Wohin mit dem Kind, wenn die Schule geschlossen oder der Kindergarten nur halbtags offen ist? Das fragen sich wohl viele arbeitende Eltern im Sommer. Doch nicht nur dieser stellt für Mütter und Väter eine Herausforderung in der Vereinbarkeit von Job und Familie dar.

Die Probleme sind bekannt: Öffnungszeiten, die nicht mit Arbeitszeiten kompatibel sind, wenige Angebote für Kleinkinder, fehlende Einrichtungen auf dem Land sowie unflexible Dienstzeiten und wenig Verständnis für Eltern, die um 16 Uhr ihr Kind abholen. Und: wenige Väter, die sich um ihre Kinder kümmern, und Firmen, die Vereinbarkeit noch als reines Frauenthema betrachten.

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Väter, die Windeln wechseln und zuhause bleiben, sind immer noch die Ausnahme
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Damit beschäftigte sich auch das Österreichische Institut für Familienforschung der Uni Wien. Die Literaturstudie "Erwerbspartizipation und Kinderbetreuung" im Auftrag der Industriellenvereinigung (IV) und der Jungen Industrie liegt dem STANDARD vorab vor. Eines der Ergebnisse: Kinderbetreuung wirkt sich deutlich auf die Erwerbstätigkeit von Müttern aus. Mit dem Ausbau von Betreuungsangeboten zwischen 2005 bis 2016 wurden über 80.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert. Einerseits in der Elementarpädagogik, andererseits konnten 2016 44.200 Mütter mehr einer Arbeit nachgehen als 2005.

Teilzeitarbeit gestiegen

Somit ist der Anteil erwerbstätiger Mütter mit Kindern im Vorschulalter von 42,7 Prozent im Jahr 2005 auf 51,7 Prozent im Vorjahr gestiegen – allerdings sind das vor allem Teilzeitstellen. Diese würden laut Studie eindeutig – meist unabhängig vom Betreuungsangebot – einer Vollzeitstelle vorgezogen.

Und sich für das Kind beruflich zurückzunehmen ist immer noch Frauensache: Bei den Vätern ist zwar ebenso der Teilzeitanteil gestiegen, aber auf weit geringerem Niveau. Laut der Studie sind nur 0,5 Prozent der Väter in arbeitsrechtlicher Karenz, immer öfter reduzierten sie kurzzeitig ihre Arbeitszeit.

Nicht nur am Jobmarkt schlägt sich der Ausbau in konkreten Zahlen nieder. Auch die Rückflüsse ins Staatsbudget seien laut Erhebung mittlerweile höher als die Investitionssumme in den Ausbau der Kinderbetreuung. Sabine Herlitschka, IV-Vizepräsidentin und Vorstandsvorsitzende von Infineon Austria, plädiert für einen weiteren Ausbau der fixen und mobilen Betreuung. Also in Form von (Betriebs-)Kindergärten sowie Tageseltern. Zuletzt hatten sich die Sozialpartner – darunter die IV – für einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ausgesprochen. Immerhin sind laut Studie 44 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen in Einrichtungen, deren Öffnungszeiten unvereinbar sind mit dem Job der Eltern.

Keine Aufbewahrungsstätte

Und es brauche ein Umdenken: "Die Elementarbetreuung sollte nicht als ‚Aufbewahrungsstätte‘ für Kinder gesehen werden, sondern als Bildungsstätte", sagt Herlitschka. Kindergärten leisteten einen Beitrag, um Interessen zu wecken, etwa für Naturwissenschaften oder Technik, und um so auch klassische Rollenbilder abzubauen. Solche Berührungspunkte schafften auch langfristige Effekte: Eine Schülerin entscheidet sich womöglich eher für eine Mechatroniklehre oder ein Informatikstudium, wenn sie im Kindergarten mit diesen Themen in Kontakt kommt. Oder ein Vater geht eher in Papakarenz und hilft im Haushalt, wenn er merkt, dass auch Buben mit Puppen spielen können.

"In homogenen Jobs wie in der Technik werden Rollenbilder immer noch gehegt. Wären manche Berufe geschlechtlich durchmischter, hätten wir ein schnelleres Vorankommen bei der Väterbeteiligung", denkt Nikolaus Griller, Vorsitzender der Jungen Industrie Wien. Letztlich sei die Betreuung kurz- wie langfristig nicht der einzige Hebel für bessere Vereinbarkeit, sondern deren Voraussetzung. Die Väterbeteiligung müsste erhöht sowie die Rahmenbedingungen in den Firmen angepasst werden, weiß Griller, der als Geschäftsführer von Gebauer & Griller Kabelwerke in Vaterkarenz war. Nach anfänglichem Argwohn nähmen immer mehr Väter eine Auszeit. "Gerade junge Männer wollen einen Beitrag leisten."

Doch der Anteil an Paaren, wo beide Teilzeit arbeiten, liegt unter vier Prozent. Gerade für junge Eltern seien Teilzeitmodelle sinnvoll, sagt Herlitschka. Diese sollten gefördert und erleichtert werden, etwa in Form von Jobsharing oder Topjobsharing. Bisher machen das vor allem Frauen: Der Anteil an Teilzeitchefinnen ist von 2008 bis 2018 von acht auf 20 Prozent gestiegen. Als Modell für die gesamte Berufslaufbahn empfiehlt es Herlitschka aber nicht: "Bei langen Teilzeitphasen ist der Schritt in Richtung Altersarmut nicht weit." (set, 17.7.2021)