Definitiv gekommen, um zu bleiben: Emojis.

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Der Anfang der digitalen Geschichte der Emojis ist fast 40 Jahre her. 1982 etablierte der Computerwissenschaftler Scott Fahlman das Konzept, auf Zeichen basierende Symbole wie ":-)" als Ergänzung zur Textsprache zu verwenden. Erst in den 1990ern nahm diese Idee allerdings wirklich Fahrt auf, insbesondere zuerst in Japan. Schließlich begannen manche Handyhersteller, als Ersatz für die Textsymbole kleine Piktogramme anzubieten.

Als "der" Erfinder der Emojis wird häufig Shigetaka Kurita genannt. Er entwarf 1999 gleich eine Kollektion von 176 solcher Kommunikatiossymbole. Der Rest ist bekanntlich Geschichte, auf die man am heutigen World Emoji Day eingehen kann.

Vielfältiger Zankapfel

Emojis werden gerne auch zum Zankapfel. Während viele Menschen kein Problem darin sehen, sie zumindest in ihre private Textkommunikation zu integrieren und sie als Bereicherung eben jener verstehen, positionieren sich andere als erklärte Feinde der bunten Bildchen und betrachten sie als Textverschandelung und Sprachverfall.

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Die Bedeutung der Emojis ist aber kaum weg zu debattieren. Längst sind sie nicht nur in Messengernachrichten, Onlinepostings und anderen geschriebenen Nachrichten anzutreffen, sondern auch das Feld des beruflichen Austauschs erobern sie langsam aber sicher, wenngleich sie zumindest auf offiziellen Dokumenten noch kaum bis gar nicht anzutreffen sind.

Ihre Stärke liegt in ihrer Vielfalt und Vielseitigkeit. Textsprache hat den Nachteil, dass manche Subtilitäten in Ermangelung von Tonalität, Gestik und Mimik schwer zu verstehen sein können. Dieses Manko können Emojis zumindest teilweise weg machen. Ein Smiley-Emoji signalisiert etwa oft, dass eine Botschaft nicht gar so wörtlich oder ernst zu verstehen ist.

Manchmal sagt auch hier ein Bild mehr als tausend Worte. Viele Emojis werden heute, jedenfalls in bestimmtem Gesprächskontext doppeldeutig verstanden. Pfirsiche und Melanzanis transformieren sich dann zu viel mehr, als einfach nur harmloses Obst und Gemüse. Sie bilden zunehmend auch gesellschaftliche Vielfalt ab. Nutzer aktueller Smartphone-Betriebssysteme können ihre Figuren etwa in verschiedenen Hauttönen oder androgynen Ausführungen posten, Frauen mit Kopftuch sind ebenso abgebildet wie Frauen mit Bart. Diese Verbreiterung des "offiziellen" Repertoires – dessen maßgebliche Instanz das Unicode Consortium ist – ist aber auch Stein des Anstoßes für so manche hitzige Diskussion.

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Allgegenwärtig

Wer Emojis immer noch für überbewertet hält, muss eigentlich nur einen Blick auf derlei Entwicklungen und Debatten werfen. Die jährliche Ergänzung des Emoji-Sortiments wird immer wieder auch von empörten Stimmen begleitet, die entweder die Piktogramme an sich oder jedenfalls bestimmte neue Textbildchen für überflüssig befinden.

Kontrovers diskutiert wurde auch die Initiative einer Wiener Schülerin, die maßgeblich die Einführung des "Frau mit Kopftuch"-Emojis vorantrieb, weil sie sich repräsentiert sehen wollte. Der Emoji-Film aus dem Hause Sony sorgte bereits durch seine reine Existenz für angeregte Debatten. Und nach seinem Kinostart für vernichtende Kritiken.

Und auch in sehr aktuellem Kontext gelangten Emojis zu erhöhter öffentlicher Aufmerksamkeit. In den vergangenen Monaten gelangten immer wieder Chatauszüge aus dem ÖVP-Umfeld und warfen ein schiefes Licht auf die türkise "Familie". Nachdem der mittlerweile zurückgetretene Öbag-Vorstand Thomas Schmid bei Kanzler Kurz Wünsche hinsichtlich seines späteren Postens deponierte, replizierte dieser "kriegst eh alles was du willst", garniert mit Kuss-Emojis. Schmids Replik: "Ich liebe meinen Kanzler" plus "Daumen hoch" und Arme mit angespanntem Bizeps. Das verlieh den ohnehin schon zweifelhaften Botschaften in der öffentlichen Wahrnehmung freilich eine verstärkende Wirkung.

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Bereicherung oder Sprachverfall?

Sprachforscher Manfred Glauninger konnte dem Sprachwandel des digitalen Zeitalters im STANDARD-Interview durchaus Gutes abgewinnen: "Sprache wandelt sich per se ununterbrochen. Wenn sich eine Sprache nicht mehr verändert, ist sie ‘tot’", merkte er an. Insbesondere Deutsch sei seit seiner Entstehung immer wieder massiv durch den Einfluss anderer Sprachen geprägt worden. Die Entwicklungen des "Netzjargon" seien auch deswegen so auffällig, weil sie vergleichsweise neu sind. "Ich persönlich empfinde sprachliche Innovationen immer als etwas eher Positives."

Rund um den World Emoji Day machen IT-Unternehmen gerne Ankündigungen hinsichtlich der Erweiterung ihres Piktogramm-Repertoires und damit verbundener Funktionen. Den Anfang hat heuer Apple gemacht. Dort rüstet man in der Vorschauversion von iOS 15 die individualisierbaren 3D-Emojis (Memojis) um neue Kleidungsoptionen, Brillen und getrennte Farben für beide Augen auf. Mittels Sauerstoff-Flasche, Cochlea-Implantat und weichem Schutzhelm wird Menschen mit bestimmten körperlichen Einschränkungen bessere Repräsentation ermöglicht. Microsoft hingegen arbeitet an einem Comeback für sein ganz eigenes Emoji, dessen Karriere als lästiger Office-Helfer begann: Clippy, vulgo "Karl Klammer".

Das Unicode Consortium hat mittlerweile auch seine Kandidaten für die nächste Erweiterung vorgestellt. Unter anderem auf der Liste: Ein schmelzendes Gesicht, Bohnen, ein fast leerer Akku und ein schwangerer Mann. (gpi, 17.7.2021)