Beim Versuch, sich wegen gefühlter Zensur von Twitter, Facebook und Co loszusagen, ist die amerikanische Rechte bislang auf keinen grünen Zweig gekommen. Weder Gab noch Parler konnten bislang Massen an Nutzern von den etablierten Plattformen abziehen und auch die dort erhoffte Geschmacksrichtung von "Meinungsfreiheit" materialisierte sich nicht ganz so, wie gedacht.

Jetzt gibt es einen neuen Versuch, "Big Tech" eins auszuwischen, berichtet Daily Dot. Eric Finman, nach eigener Beschreibung der jüngste Bitcoin-Millionär, hat das Freedom Phone angekündigt. Dieses soll nicht nur frei von Apple- und Google-Services sein, sondern auch einen "nicht zensurierbaren" Appstore, "PatriApp", und Privacy-Features" bieten.

Kaum technische Angaben

Vorinstalliert ist ein System namens "Freedom OS", welches das erste "massentaugliche Mobile-Betriebssystem auf Basis von Meinungsfreiheit" sein soll. Ein Feature namens "Trust" soll es ermöglichen, die Zugriffsmöglichkeiten von Apps zu regulieren und vor möglichen Gefahren warnen. Beworben werden auch vorinstallierte Apps, darunter Parler, Duckduckgo und das Rechtsaußen-Medium Newsmax, womit auch nahe liegt, dass das System selbst auf Android fußt.

Bezüglicher der Hardwareausstattung spart man mit Details. Das Handy soll jedenfalls ein 6-Zoll-Display, großen Speicher sowie eine "großartige Kamera" bieten und "alles tun können, was euer jetziges Telefon kann." Interessenten können es um 500 Dollar vorbestellen, die Auslieferung soll bereits im August erfolgen.

Neben Finman selbst machen auch bereits andere bekannte Gesichter der amerikanischen Rechten Werbung für das Gerät. Darunter etwa die Autorin und Kommentatorin Candace Owens. Ihr folgen 2,7 Millionen User auf Twitter. Ob sie an den Verkäufen mitverdient, ist unklar.

Könnte Rebrand von 100-Euro-Chinaphone sein

Doch Matthew Hickey, Mitgründer der Cybersecurity-Firma Hacker House, äußert schwere Bedenken gegenüber dem "Freiheits-Handy". Soweit für ihn ersichtlich, dürfte es sich nicht um ein eigenständiges Modell handeln, sondern um einen Rebrand des Umidigi A9 Pro, ein Android-Handy der unteren Mittelklasse, das von einem kleineren chinesischen Hersteller angeboten wird und bereits für etwas mehr als 100 Euro im Netz bestellt werden kann.

Die Basis-Konfiguration des Smartphones kann etwas angepasst, ein eigenes Logo aufgedruckt und eine adaptierte Firmware aufgespielt werden. Somit lässt sich der Anschein erwecken, es mit einem eigenständig entwickelten Produkt zu tun zu haben. Großen Anstoß nimmt Hickey daran, dass das Gerät mit Hardware des taiwanischen Chipriesen Mediatek läuft.

Dieser hat sich unter anderem mit eher unzuverlässiger Updatepolitik nicht den besten Namen gemacht. "Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie ein sicheres Mediatek-Gerät gesehen", erklärt der Security-Experte dazu. Es sei ein "fundamentaler Fehler", so ein Smartphone zu nutzen und gute Sicherheit oder Datenschutz zu erwarten. Die "niedrige Sicherheitsbarriere" ist seiner Ansicht nach ein wichtiger Grund dafür, warum in Nordkorea vertriebene Smartphones praktisch nur mit Mediatek-Prozessoren laufen.

Foto: Freedom Phone

Anbieter schweigt

Auch bezüglich des "PatriApp"-Stores ist er sehr skeptisch. Google und Apple würden in ihren Stores eine "rigorose" Inspektion betreiben, bevor ein Programm zugelassen wird. Der Prozess sei zwar nicht perfekt, aber schütze zumindest vor einem großen Teil der Malware. Die Freedom Phone-Betreiber hingegen legen nirgends dar, wie sie ihren Store vor Schadsoftware schützen möchten. Abzuwarten bleibt auch, ob der Code von Freedom OS überhaupt offen gelegt wird.

Vorerst bleibt dies alles auch unbeantwortet. Daily Dot hat zwar mehrere Fragen hinsichtlich der Gerätespezifikationen und Sicherheitsaspekte an Finman und sein Team übermittelt, bislang aber keinerlei Antwort erhalten. (red, 17.7.2021)