Die Zunahme starker Gewitter über die letzten Jahre ist laut Experten spürbar.

Foto: APA/dpa/Tobias Hartl/Vifogra

170.000 Blitze gehen laut Verband österreichischer Blitzschutzunternehmen jährlich in Österreich zu Boden. Zuletzt waren im Juli mehr als 3.000 Wiener Haushalte ohne Strom. Das zunehmend extrem werdende Wetter stellt auch den durchschnittlichen Haushalt vor neue Herausforderungen. War das Abstecken von technischen Geräten ein Ratschlag, der längst in Vergessenheit geraten ist, fordern aktuelle Entwicklungen ein erneutes Umdenken.

Große Energie

Wieso sind Blitze auch heute noch gefährlich? Ein Blitzschlag kann dank einer Stromstärke von bis zu 400.000 Ampere zu Überspannungsschäden führen und so die heimischen Elektrogeräte funktionsunfähig machen. Via Elektro- und Telefonleitungen beziehungsweise über Gas- und Wasserrohre können Blitze sogar Schäden verursachen, wenn sie bis zu zwei Kilometer entfernt einschlagen. Das bedeutet, technische Geräte müssen für einen umfassenden Schutz nicht nur vom Strom, sondern auch von Antennenverbindungen und dem kabelgebundenen Internet getrennt werden.

In ländlichen Gebieten kommt es öfter zu diesen Spannungsschäden, da die Stromnetze weniger verzweigt sind und sich die Energie des Blitzes so weniger verteilt entladen kann. Wichtig ist das auch für die Versicherung. Während direkte Einschläge im Versicherungsobjekt oft gedeckt sind, ist das bei indirekten Blitzeinschlägen meist nur in Form von Zusatzpaketen abgedeckt.

Neue Gefahren lauern zudem durch Photovoltaik-Anlagen und den Außengeräten einer Klimaanlage. Laut Stefan Thumser, Obmann des Verbands Österreichischer Blitzschutzunternehmen, werden hier Schutzvorrichtungen noch zu wenig mitgedacht. Erforderlich seien diese aber in jedem Fall, so Thumser.

Schutzmaßnahmen

Beim Blitzschutz unterscheidet man zwischen äußeren und inneren Maßnahmen beziehungsweise spricht man von einem Drei-Stufen-Schutz. Die erste Stufe ist der äußere Blitzschutz, zumeist in Form eines Blitzableiters. Dieser dient dazu, dass die Energie ins Erdreich geleitet wird. Die beiden weiteren Stufen gehören zu den inneren Maßnahmen. Das sind zunächst einmal Überspannungsableiter, die in Mietshäusern oft schon in der Verteileranlage eingebaut sind. "Gebäude werden mittlerweile standardmäßig mit modernem Überspannungsschutz ausgerüstet. Je älter ein Gebäude, desto höher ist die Gefahr, dass es diesen Schutz nicht gibt," bestätigt Thumser.

In der dritten Stufe kommen dann die wohl bekannten Steckerleisten mit integriertem Schutzmechanismus zum Tragen. Sie trennen bei einer Spannungsspitze den Stromkreis automatisch innerhalb von Millisekunden vom Netz und ergänzen den Überspannungsschutz sinnvoll, falls eine der vorherigen Stufen nicht ausreichend greift. Dabei sollte man darauf achten, dass die Steckerleiste mit dem Label "Surge Protection" gekennzeichnet ist. Von Billigprodukten rät der Experte ab. Diese böten praktisch keinen Schutz. Hier sei die Investition in Markenware in jedem Fall ratsam. Thumser: "Die Steckerleiste alleine bringt natürlich auch nur dann etwas, wenn auch die anderen Schutzmechanismen im Haus installiert sind."

Alle Schutzmaßnahmen sollten regelmäßig kontrolliert werden. Ist ein Blitzableiter etwa schadhaft, kann das den Strom durch die Wände des Hauses und die Stromleitungen fließen lassen. Bei rund 30.000 Grad Celsius kann das zu aufgeplatzten Leitungen und in weiterer Folge zu Bränden führen. Blitzableiter waren früher nicht verpflichtend beim Hausbau, mittlerweile sind sie gesetzlich vorgeschrieben, wenn sich in einem Objekt mehr als zwei Wohnungen befinden oder ein Gebäude aufgrund seiner Lage, Größe oder Bauweise als gefährdet eingestuft wird. Es können allerdings auch regional oder lokal strengere Vorschriften gelten.

Ein guter Schutz sind auch Versicherungen. Die Wohngebäudeversicherung schützt im Falle von Blitzschlag ins Gebäude. Bei beschädigter Einrichtung ist die Hausratsversicherung zuständig. Klauseln, die Schäden durch Überspannung beinhalten, sind in der Regel vorhanden. Im Falle einer Nichterwähnung sollte der Versicherte hier nachfragen.

Genau Statistiken zu Schäden durch Blitze gibt es nicht. Brandschadenstatistiken werden zwar geführt, diese beziehen sich allerdings nur auf tatsächliche Brände. Der Großteil, laut Thumser etwa 80 bis 90 Prozent aller Schäden durch Blitzeinschlag, betreffen Überspannungsschäden und damit kaputte Geräte in den Häusern.

Schäden erkennen

Ob das TV-Gerät wegen einer Überspannung nicht mehr funktioniert, kann der Laie selten bis gar nicht beurteilen. Nur mit ausgewählten Messgeräten, die in der Regel nur von Sachverständigen benutzt werden, kann die Ursache mit Sicherheit festgestellt werden.

Für einen Versicherungsfall ist es wichtig, den Zeitpunkt des möglichen Schadensfalls zu vermerken. Dank verschiedener Blitzinformationsdienste kann man sich informieren, welches Gewitter für den Schaden gesorgt haben könnte. Manche Versicherungen in Österreich haben aufgrund der jüngsten Wetterextreme zusätzliche Hotlines eingerichtet. Vereinzelt bieten Versicherungen mittlerweile auch Service-Apps an. Bei der Wiener Städtischen kann man etwa Schäden via "Losleben"-App direkt via Handy melden.

Eine Gefahr sieht Thumser in der zunehmenden Anzahl an elektrischen Installationen. "Viele Leute lassen sich derzeit einen Fingerprint-Sensor an der Haustüre anbringen und verzichten auf ein zusätzliches Zylinderschloss. Bei einem Überspannungsschaden kommt man dann nicht mehr in die Wohnung." (red, 24.7.2021)