Im Bezirk St. Pölten war die Feuerwehr am Sonntagabend noch im Dauereinsatz, mittlerweile beruhigt sich die Lage.

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Die Schäden in Hallein.

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Der Kothbach in Hallein trat wegen Verklausungen über die Ufer. Köstinger schiebt die Schuld auf Naturschutzorganisationen.

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Nach den starken Regenfällen vom Wochenende sind am Montag mehrere Orte in Niederösterreich zu Katastrophengebieten erklärt worden. Betroffen sind nach Angaben des Landes Neuhofen a. d. Ybbs, Ferschnitz und Euratsfeld im Bezirk Amstetten, Paudorf und Furth (beide Bezirk Krems) sowie Aggsbach-Dorf in der Gemeinde Schönbühel-Aggsbach (Bezirk Melk). Die Wetterlage besserte sich am Montag dennoch in ganz Österreich, leicht rückläufig waren die Pegelstände entlang der Donau. Hier war es am Sonntag zu kleinräumigen Überflutungen gekommen.

Unterdessen wurden die Aufräumarbeiten in Niederösterreich, Oberösterreich und den besonders betroffenen Gebieten in Salzburg und Tirol fortgesetzt. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sieht die Schuld für das Hochwasser in Hallein bei NGOs, die Einspruch gegen die Wildbachverbauung erhoben hatten.

Die Schadensberechnungen laufen an den meisten Orten noch. Allein die Landwirtschaft wurde hart getroffen: "Aus jetziger Sicht wird mit einer überschwemmten und geschädigten Agrarfläche von 5.000 Hektar und einem Gesamtschaden von fünf Millionen Euro gerechnet", sagte der Vorstandsvorsitzende der Hagelversicherung, Kurt Weinberger.

In den zum Katastrophengebiet erklärten Gebieten in Niederösterreich wurden schwere Schäden an Privathäusern und an der Infrastruktur verzeichnet. In Ferschnitz war auch eine Brücke weggerissen worden, wodurch der Ort vorübergehend unerreichbar wurde. Das Land Niederösterreich sagte allen Betroffenen rasche Hilfe zu. "Die Schäden sind beträchtlich", sagte ein Feuerwehrsprecher. Einige Straßen waren am Montag noch nicht passierbar.

Donaupegel bei fast acht Metern

Durchwegs angespannt hatte sich die Lage an der Donau in der Nacht auf Montag gezeigt. An der Messstelle in Kienstock (Bezirk Krems) war der Pegel zwischenzeitlich bei beinahe acht Metern gelegen. Am Montagnachmittag wurde dort laut den Wasserstandsnachrichten des Landes ein Wert von 707 Zentimetern verzeichnet. Mit einer weiteren Entspannung wurde gerechnet. "Die Donau sollte sich im Tagesverlauf zurückziehen", so der Feuerwehrsprecher. Generell sei entlang des Flusses "die große Katastrophe ausgeblieben".

Im Bezirk Gänserndorf sind am Montagnachmittag neun Personen bei Mannsdorf aus der Donau gerettet worden. Nach Angaben des Bezirksfeuerwehrkommandos waren sie bei Hochwasser in drei Schlauchbooten auf dem Fluss unterwegs gewesen. Wie Einsatzleiter Markus Unger der APA mitteilte, waren alle neun Menschen wohlauf.

ORF-Lagebericht aus Mittersill, wo es am Sonntag noch zu vereinzelten Überschwemmungen kam.
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Im Einsatz standen in Niederösterreich seit Samstag rund 5.200 Mitglieder von 364 Feuerwehren. Ausgerückt wurde 950-mal. Besonders hart getroffen worden war das Mostviertel, wo in Neuhofen a. d. Ybbs und Ferschnitz am Sonntag Zivilschutzalarm ausgelöst worden war. Für Aschbach-Markt galt eine Zivilschutzwarnung. Ein schweres Gewitter machte am Sonntagnachmittag auch dem Raum Paudorf zu schaffen. Am Abend standen fast 800 Feuerwehrleute, darunter drei Katastrophenhilfsdienst-Züge, in dem Gebiet im Einsatz.

Pegelstände sinken wieder

In den stark von den Wassermassen betroffenen Gebieten in Tirol, Salzburg und Oberösterreich gingen die Aufräumarbeiten am Montag weiter. Nach vereinzelten Überflutungen am Sonntagabend sinken die meisten Pegelstände wieder, auch entlang der Salzach. In Mittersill in Salzburg gab es einige lokale Überschwemmungen, die Dämme hielten aber den Großteil der Wassermassen. Am Montagvormittag wurde auch der Zivilschutz beendet, die Lage wird aber weiterhin beobachtet, hieß es.

Der Höchststand an der Salzach war laut dem Hydrographischen Dienst Oberösterreich bereits Sonntagabend erreicht worden, ebenso am Inn in Schärding. Ähnliche Meldungen kamen von der Donau. Lediglich für Grein im Bezirk Perg wurde noch in den kommenden Stunden ein geringfügiger Anstieg vorhergesagt. In Steyr sind alle Pegel der Enns sowie der Oberlieger stark fallend. Einige Verkehrswege waren in Oberösterreich am Montagvormittag noch gesperrt, etwa die Salzkammergutstraße im Bezirk Gmunden oder Straßen in Schärding.

Bei den Überschwemmungen in Österreich und Deutschland zeigte sich die Bevölkerung sehr hilfsbereit.
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Wetter wird besser

In Kufstein kam es am Sonntag bis 21.30 Uhr zu teils heftigen Niederschlägen, erst in den Nachtstunden wurde es ruhiger. Seit Montagfrüh wird aufgeräumt: Die Innenstadt wurde für den gesamten Verkehr gesperrt. Bei den Aufräumarbeiten sind auch zwei Katastrophenzüge im Einsatz.

Für den Montag werden nur vereinzelte und unergiebige Regenschauer erwartet. Großteils wird es in ganz Österreich sonnig.

Köstinger schiebt Schuld für Hallein-Flut auf NGOs

Massiv betroffen von den Fluten am Wochenende war Hallein in Salzburg. Das Ausmaß der Schäden war am Montag noch nicht abschätzbar, 50 Personen durften weiterhin nicht in ihre Häuser und Wohnungen. Auch dort seien die Pegelstände aber zurückgegangen, sagte Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ) im Ö1-"Morgenjournal" am Montag. Der Kothbach, der am Samstagabend über die Ufer getreten war und die Stadt flutete, steht derzeit im Zentrum der Diskussion. Die Gemeinde weite schon länger die Hochwasserverbauung des Bachs aus. Die Bebauung habe sich aber durch rechtliche Einsprüche von Naturschutz-NGOs "verzögert". Hätte man schon früher mit den Arbeiten beginnen können, wäre der Bau jetzt zu zwei Dritteln fertig – und die Situation in Hallein "wäre eine andere", sagte Stangassinger. Von Schuldzuweisungen halte er allerdings nichts.

Am Sonntag meldete sich auch Landwirtschaftsministerin Köstinger in einer Aussendung zu Wort, um die Einsprüche der NGOs zu kritisieren: "Ich habe nicht das geringste Verständnis dafür, dass Genehmigungsverfahren durch NGOs über Jahre hinweg verzögert werden und damit einen wirksamen Schutz von Menschen und Gütern verhindern."

Hannes Augustin, Geschäftsführer des Salzburger Naturschutzbunds, entgegnete: "Jetzt zu sagen, dass das Projekt aufgrund eines Einspruchs nicht schon fertig ist, ist Abschieben von Verantwortung." Man habe nur einen Teil des Projekts kritisch gesehen. "Die von uns vorgeschlagene Alternative hätte eine natürliche Geländekuppe ausgenutzt. Es hätte weniger Stahl und Beton verbaut werden müssen, der Schutz wäre aber gleich wirksam und gleich teuer gewesen." Das Projekt sei aber nicht umgesetzt worden, weil ein Eigentümer den Grund nicht zur Verfügung stellen wollte. "Man hätte hier nachdrücklicher versuchen können, den Grund zu bekommen", so Augustin.

Autos führten zur Verklausungen

Etwas komplexer als Köstinger es tat, stellte die Situation der Sprecher von Hallein am Sonntag dar: Dass der unscheinbare Bach – am Sonntag längst in sein kanalisiertes Bachbett zurückgekehrt – zumindest einen Teil der Altstadt so massiv getroffen habe, sei "eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen". Eine Verklausung, vermutlich durch einen mitgespülten Pkw ausgelöst, habe binnen Minuten zu der kleinräumigen Katastrophe geführt. Das fragliche Auto war bis Sonntagnachmittag übrigens nicht auffindbar. Es dürfte, vermutet die Feuerwehr, direkt in die Salzach gespült worden sein.

Eine ähnliche Version schildert auch der Brandinspektor Arno Kropf im "Falter"-Newsletter von Montag. Es seien allerdings drei parkende Pkws in den Bach gespült worden und hätten den Abfluss, der den Kothbach unter der Stadt in die Salzach leitet, verstopft. Hätten die Autos den Abfluss nicht verstopft, wäre Hallein mit den Wassermassen zurechtgekommen, sagte Kropf. (APA, lalo, red, 19.7.2021)