Medizinisches Personal, das sich der Covid-Impfung verweigert, wird in manchen Ländern bei Neuanstellungen benachteiligt werden.

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Wien/Graz/Salzburg/Bregenz – Das Land Niederösterreich will in Krankenhäusern und Pflegeheimen ab September nur mehr Personen neu anstellen, die gegen Covid-19 geimpft sind – und nicht nur das: Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) zeigt sich sehr interessiert daran, Selbiges für Lehrerinnen und Lehrer im Pflichtschulbereich einzuführen. Sie fordert, dies nun im Bund und mit allen Bundesländern zu diskutieren, Niederösterreich würde den Schritt aber "vielleicht im Alleingang" machen, sagte sie dem Ö1-"Morgenjournal" am Dienstag. "Führen wir die Diskussion, führen wir sie offen, führen wir sie schnell." Die Maßnahme könnte schon für das folgende Schuljahr schlagend werden, spätestens bis Jahresende. Teschl-Hofmeister argumentiert damit, die vulnerablen Bevölkerungsgruppen zu schützen und Kinder, die derzeit bis zum Alter von zwölf Jahren nicht geimpft werden können, auch vor leichten Verläufen zu bewahren.

Die bundesweite Pflichtschulgewerkschaft will eine solche Impfpflicht aber nicht. Sie argumentiert damit, dass die Durchimpfungsrate bei Lehrerinnen und Lehrern ohnehin hoch sei. Auch die derzeitige Vorsitzende der BildungslandesrätInnenkonferenz, Beate Palfrader (ÖVP), ist dagegen.

In der Steiermark will man Immunisierte im Bildungsbereich bei Neuanstellung zumindest bevorzugen. In Wien muss ab Herbst ein Impfnachweis bei der Neueinstellung des Personals in den städtischen Kindergärten erbracht werden. Den Vorstoß aus Niederösterreich für das Lehrpersonal begrüße man und wäre bei einem "konkreten Vorschlag vom Bund, der auch rechtlich umsetzbar ist, positiv gesprächsbereit". Die Durchimpfungsrate der Beschäftigten in Kindergärten, Horten und Schulen der Stadt beträgt 74 Prozent.

Keine Alleingänge

Im Bundesland Salzburg ist man kein Verfechter einer Impfpflicht. Aus dem Büro der Salzburger Bildungslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) heißt es, es sei nicht geplant, nur noch Geimpfte im Pflichtschulbereich anzustellen. "Das macht nur Sinn mit einer bundeseinheitlichen Lösung." Und wenn diese Diskussion bundesweit geführt werde, dann nur gemeinsam mit den Personalvertretern. Auch im Burgenland ist keine Impfpflicht für neue Lehrerinnen und Lehrer geplant. Dies wird mit der allgemein hohen Impfbereitschaft im Bundesland argumentiert. Eine genaue Zahl bezüglich Lehrpersonal war dort ad hoc nicht zu bekommen, in Salzburg schätzt man die Impfrate bei den Pflichtschullehrerinnen und -lehrern im Schnitt auf 65 bis 70 Prozent. Die Zahlen würden sich aber von Schulstandort zu Schulstandort sehr stark unterscheiden. Auch Vorarlberg und Oberösterreich sehen derzeit keine Impfpflicht für die Berufsgruppe der Pflichtschullehrerinnen und -lehrer vor und man verweist auf ohnehin hohe Impfraten, Vorarlberg beziffert sie auf etwa 80 Prozent. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) setzt für Kärnten auf Freiwilligkeit und Aufklärung und ist gegen eine Lösung "selektiv für einzelne Berufsgruppen", wie er im Ö1-"Mittagsjournal" sagte.

Faßmann gegen "Lex specialis"

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sagte denn auch im "Morgenjournal", er sei gegen eine "Lex specialis" nur für eine bestimmte Berufsgruppe. Man müsse das – wenn – breiter diskutieren, für alle Berufsgruppen, die engen Kontakt mit Menschen haben. Er stimme da mit der Lehrergewerkschaft überein, dass es unter den Lehrerinnen und Lehrern ohnehin eine hohe Impfbereitschaft gebe. Sein Appell richte sich an die Erwachsenen, gerade an die Eltern, sich impfen zu lassen. Mit Blick auf den Schulbeginn sagte Faßmann, dass man voll auf die Impfung setze, nach einer zweiwöchigen Rückkehrphase zu Schulbeginn nur mehr fallweise Corona-Tests durchführen werde statt wie vor dem Sommer dreimal in der Woche und die Verbesserung der Testqualität (Stichwort PCR-Tests) ein Thema sei. In Regionen, wo mehr Infektionen auftauchen, könne auch eine vorübergehende Maskenpflicht in Schulen kommen, flächendeckend aus derzeitiger Sicht nicht.

Impfpflicht im Spitalsbereich

Während die Debatte über eine Impfpflicht für Neuanstellungen im Bildungsbereich erst anrollt, ist sie für den Gesundheitsbereich bereits voll in Fahrt. Ein STANDARD-Rundruf hat ergeben, dass die die Meinungen dazu sehr unterschiedlich sind. Niederösterreich beschloss wie erwähnt vorige Woche, dass wer im Herbst einen neuen Arbeitsplatz im Gesundheitsbereich des Landes antritt, gegen Covid-19 geimpft sein muss. Davon sind die Neueinstellungen bei sämtlichen Krankenhäusern und Pflegewohnheimen der Landesgesundheitsagentur betroffen, inklusive jener in der Verwaltung. Ebenfalls zur Impfung verpflichtet werden Auszubildende in dem Bereich, also zum Beispiel Pflegeschülerinnen und -schüler sowie Praktikantinnen und Praktikanten. Die Regelung gilt ab 1. September, darüber informiert wurde vorige Woche. Nicht betroffen sind die rund 27.000 aktuell bereits dort Beschäftigten.

Auch andere Bundesländer machen neuem Personal im Gesundheitsbereich bezüglich Immunisierung gegen Covid solche Vorgaben: Wien etwa, aber auch das Burgenland. In Vorarlberg muss der Impfstatus offengelegt werden, eine Impfpflicht gibt es aber noch nicht. Wobei es seitens des Landes dazu heißt, dass derzeit "rechtliche Prüfungen" laufen und nicht auszuschließen sei, dass "in Zukunft strengere Vorgaben möglich sind".

Bevorzugung bei Impfung

Kein Thema ist es in der Steiermark, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg und Tirol. In der Steiermark will man aber Personen, die vollständig immunisiert sind, bei Neuaufnahmen bevorzugen, Ähnliches gilt in Kärnten. Eine Vereinheitlichung all dieser Regelungen steht im Gesundheitsministerium derzeit nicht auf der Agenda, erst kürzlich verwies Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) im "ZiB 2"-Interview in dieser Frage auf die Zuständigkeit der jeweiligen Träger. Am Dienstag bekräftigte sein Büro diese Position, Mückstein spreche sich aber grundsätzlich dafür aus, im Gesundheitsbereich nur mehr geimpfte Personen einzustellen. Das Pflichtschulpersonal betreffend verweist das Gesundheitsministerium an die Zuständigkeit von Faßmanns Ressort.

Eine generelle Impfpflicht für die schon tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitseinrichtungen ist kein Thema. "Das machen wir sicher nicht, und das ist auch nicht geplant", heißt es aus dem Büro des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ). Aus arbeitsrechtlicher Sicht ginge das auch gar nicht, so der Tenor.

Impfpflicht nicht nachträglich möglich

Ist dem so? Ja, heißt es dazu in der Arbeiterkammer (AK). "Im Epidemiegesetz gibt es zwar eine Ausnahmebestimmung, dass man in bestimmten Fällen für bestimmte Beschäftigte im Gesundheitsbereich auf behördlicher Ebene eine Impfpflicht anordnen kann", sagt Philipp Brokes, Arbeitsrechtsexperte der AK Wien. Allerdings wäre eine behördlich angeordnete Impfpflicht nur punktuell für bestimmte Berufsgruppen wie etwa Hebammen möglich. Von dieser Option für Behörden hat bisher kein Bundesland Gebrauch gemacht. Der Arbeitgeber selbst könnte laut AK-Experte keine Immunisierungspflicht in bestehende Arbeitsverhältnisse hineinreklamieren.

Daher also gilt die Vorschrift nur für Neueintritte. Wenn überhaupt. Oberösterreich sieht für sie keine Corona-Impfung vor. Es bestünden momentan eine "hohe Impfbereitschaft" und "eine hohe Durchimpfungsrate", lautet die Begründung aus dem Büro von Landeshauptmann-Stellvertreterin Christina Haberlander (ÖVP). Allerdings kann man dort nicht beziffern, wie viele Personen im Gesundheitsbereich des Landes geimpft sind.

Andernorts gibt es solche Zahlen sehr wohl – zumindest in irgendeiner Form. So heißt es aus Niederösterreich, man wisse, wie viel Personal sich direkt in den Landeseinrichtungen impfen ließ: rund zwei Drittel der Angestellten der Pflegebetreuungszentren und 72 Prozent in den Spitälern. Auch in Tirol melden die öffentlichen Spitäler eine Durchimpfungsrate von "rund 71 Prozent in allen Berufsgruppen". Diese Zahlen beinhalten aber nicht, wer sich anderswo, etwa als Privatperson, immunisieren ließ.

Höhere Durchimpfungsrate

Das liegt nahe, wenn man die deutlich höhere Durchimpfungsrate erfährt, die dort aus dem Gesundheitsbereich gemeldet wird. Vom Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) heißt es, dass 90 Prozent der dort Beschäftigten geimpft seien, unter den Ärztinnen und Ärzten sogar 95 Prozent. Auch am Landeskrankenhaus Salzburg sind über 90 Prozent der Ärzte und 80 Prozent des Pflegepersonals geimpft. Vorarlberg meldet über 85 Prozent geimpfte Mitarbeitende in den Spitälern. Bei den Pflegerinnen und Pflegern der Wiener Wohnheime sind es 78 Prozent. Auch im Burgenland wird eine Zahl von über 80 Prozent der Gesamtbelegschaft im Gesundheitsbereich gemeldet, 83 Prozent im medizinischen Bereich.

"Das zeigt, dass man Impfpflicht für diesen Bereich nicht diskutieren muss", heißt es dazu aus Doskozils Büro. Auch in der Steiermark, wo eine vorgeschriebene Immunisierung für Neueinstellungen kein Thema ist, sind derzeit rund 90 Prozent der Beschäftigten zumindest einmal geimpft. (Gudrun Springer, Stefanie Ruep, Walter Müller, Steffen Arora, Markus Rohrhofer, 20.7.2021)