Der Kothbach hat in Hallein eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Nach dem Hochwasser wird nun über die Verzögerung beim Bau des Hochwasserschutzes debattiert.

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Während in Hallein Feuerwehrleute, freiwillige Helfer und Bundesheer die Schäden und den Schlamm, die die Flut in der Altstadt hinterlassen hat, beseitigten, startete das Landwirtschaftsministerium noch am Sonntag per Aussendung mit den Schuldzuweisungen. Das Genehmigungsverfahren für die Verbauung am Kothbach, der über die Ufer getreten ist, laufe seit 2016 und konnte "aufgrund von Einsprüchen des Naturschutzbundes Salzburg bis Ende 2020 nicht umgesetzt werden".

Das sieht die angesprochene Umweltschutzorganisation freilich anders. "Jetzt zu sagen, dass das Projekt aufgrund eines Einspruchs nicht schon fertig ist, ist Abschieben von Verantwortung", sagt der Geschäftsführer des Salzburger Naturschutzbundes, Hannes Augustin. Man habe nur einen Teil des Projekts kritisch gesehen.

Der Halleiner Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ) ist nicht daran interessiert, aus dieser Angelegenheit ein Politikum zu machen. "Das bringt niemanden etwas." Tatsache sei, dass es Einwendungen von Naturschutzseite und Anrainern gegen das Projekt gegeben habe. "Wenn es diese Verzögerung nicht gegeben hätte, hätten die Überschwemmungen ein viel geringeres Ausmaß oder ganz verhindert werden können", sagt Stangassinger.

Bau im Herbst begonnen

1976 trat der Kothbach schon einmal über die Ufer und war seither als Gefahrenquelle bekannt. Eine Verbauung des Baches war ab 2014 geplant. 2016 gab es von Bund und Land dafür eine Genehmigung. Ohne die Einsprüche hätte man 2019 mit dem Gesamtprojekt beginnen können, heißt es vom Sprecher der Stadt Hallein. Dann wäre man bereits mit zwei von drei Phasen der Verbauung fertig. Doch mit dem sechs Millionen Euro teuren Hochwasserschutz samt Rückhaltebecken wurde erst im Herbst des Vorjahres begonnen. Vor zwei Monaten hat der Verwaltungsgerichtshof die Revision als unbegründet abgewiesen.

Dem Naturschutzbund ging es bei dem Einspruch nicht darum, das Projekt zu verhindern, sondern um die Art der Verbauung. Eine landschaftsverträgliche Variante wäre durchaus möglich gewesen. Das bestätigt man auch bei der Stadt Hallein. Doch für die Alternativvariante hätte man die Zustimmung eines Bauern gebraucht, auf dessen Grund ein natürliches Retentionsbecken geplant gewesen wäre. Dieser wollte jedoch nicht, dass die Wiese bei Hochwasser zerstört werde, und habe Nein gesagt, heißt es von der Stadt. Stattdessen soll nun eine Staumauer mit einem künstlichen Rückhaltebecken errichtet werden.

Schulterschluss statt Sündenböcke

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) geht auf die Umweltschützer los und erklärt per Aussendung: "Ich habe nicht das geringste Verständnis dafür, dass Genehmigungsverfahren durch NGOs über Jahre hinweg verzögert werden und damit einen wirksamen Schutz von Menschen und Gütern verhindern." Die Einsprüche hätten das Ziel gehabt, wirksame Sperrbauwerke zu verhindern, weil man das Landschaftsbild gefährdet sah, betont das Ministerium.

Die Klubchefin der Salzburger Grünen und Stadträtin in Hallein, Kimbie Humer-Vogl, zeigt sich verwundert darüber, dass das Landwirtschaftsministerium den Naturschutzbund als Schuldigen hinstellt: "Dessen Beeinspruchung erklärt nicht, weshalb auch die anderen geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen im Hinterland noch nicht fertig sind." Denn der Einspruch habe nur einen Zulauf betroffen. "Anstatt Sündenböcke zu suchen, braucht es jetzt rasche Unterstützung für die Betroffenen und einen Schulterschluss der Politik", sagt Humer-Vogl.

Schäden in Millionenhöhe

In Hallein laufen die Aufräumarbeiten weiterhin auf Hochtouren. Am Montag war das Schadensausmaß noch nicht abschätzbar. Laut Ortschef dürfte es Verluste in Millionenhöhe geben, diese zu beziffern könnte jedoch noch Wochen und Monate dauern. Am Vormittag konnten 50 Personen nicht in ihre Häuser und Wohnungen. 30 davon waren vorsorglich evakuiert worden, weil im Ortsteil Gamp weiterhin Murengefahr besteht. (Stefanie Ruep, 20.7.2021)