Eine Bargeldobergrenze wird in Österreich laut einer Umfrage von einer großen Mehrheit abgelehnt.

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Der Plan der EU-Kommission, Barzahlungen in Europa bei 10.000 Euro zu deckeln, hat schon vor seiner offiziellen Verkündung hohe Wellen geschlagen. Besonders in Deutschland und Österreich gingen die Wogen hoch, auf einer ritt vergangene Woche auch ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel. In einer dafür einberufenen Pressekonferenz stellte er sich gegen das Vorhaben der Kommission und holte sich Rückendeckung durch eine eigens beauftragte Umfrage. Das wenig erstaunliche Ergebnis: Österreicher lieben Bargeld, die Älteren mehr als Junge.

"Wir lehnen eine generelle Obergrenze und damit eine De-facto-Kriminalisierung von Bargeld ab", zeigte sich Blümel entschlossen. Bares gebe den Menschen ein Gefühl von Sicherheit, Unabhängigkeit und Freiheit. "Diese Freiheit wollen wir den Menschen bewahren." Allein, dass Türkis-Grün im Regierungsprogramm ein Schlupfloch für ein Bargeldlimit geschaffen hat, ließ der Finanzminister unerwähnt. Darin findet sich zwar ein Bekenntnis zum Erhalt des Bargelds, allerdings nur im Rahmen geltender Geldwäscheregeln. Und genau auf diese Weise will die EU-Kommission die Obergrenze einführen.

Eigene Behörde soll entstehen

Weiters wird nach den Plänen der Kommission zur Unterstützung und Koordination der nationalen Behörden eine eigene Antigeldwäschebehörde entstehen, die im Jahr 2024 ihre Tätigkeit aufnehmen soll. Zudem sollen künftig nicht mehr nur einzelne Anbieter, sondern der gesamt Sektor von Krypto-Vermögenswerten wie Bitcoin den Antigeldwäschebestimmungen unterliegen, um die Nachverfolgbarkeit zu erhöhen.

"Geldwäsche stellt eine eindeutige und gegenwärtige Bedrohung der Bürger, der demokratischen Institutionen und des Finanzsystems dar", erklärt Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion. Das Problem sollte nicht unterschätzt und Schlupflöcher für Kriminelle sollten geschlossen werden.

An der Wirksamkeit eines Bargeldlimits gegen Geldwäsche bestehen jedoch Zweifel. Einerseits ist längst ein immer größerer Teil der Kriminalität in den virtuellen Raum gewandert, wo man mit Barzahlungen ohnedies nicht weit kommt – also auch Einschränkungen von Münzen und Scheinen ins Leere greifen. Zudem lassen sich auch über viele kleine Beträge größere Summen an Schwarzgeld wieder in den regulären Wirtschaftskreislauf integrieren.

Schneller und billiger

Tatsache ist allerdings, dass die Erzeugung, Bereitstellung und Verwahrung von Bargeld verglichen mit elektronischem Zahlungsverkehr sehr teuer und zudem in der Handhabung im Alltag auch wesentlich umständlicher und zeitraubender ist. Zudem sind elektronische Zahlungen auch hygienischer, obwohl sich ursprüngliche Annahmen nicht erhärtet haben, dass Bargeld auch die Verbreitung von Coronaviren begünstige, wie entsprechende Untersuchungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigten.

Viele Bürger nehmen Einschränkungen bei Bargeld auch als solche der persönlichen Freiheit wahr.
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Warum sind Österreicher und Deutsche so empfindlich, wenn es um Einschränkungen beim Bargeld geht? Schließlich werden im Alltag kaum Geschäfte über mehr als 10.000 Euro mit Münzen und Scheinen getätigt, wenn man vom Gebrauchtwagenmarkt absieht – aber der ist auch in EU-Ländern mit bereits bestehenden Bargeldlimits nicht zusammengebrochen. Vielmehr geht es ums Prinzip: Bargeld ist anonym und wird besonders im deutschsprachigen Raum mit Freiheit assoziiert. Jegliche Beschränkungen werden daher auch als Einschränkung der persönlichen Freiheit wahrgenommen.

Über das Für und Wider eines Limits von Bargeldzahlungen diskutierte zuletzt eine Runde inklusive Finanzminister Gernot Blümel bei DER STANDARD Mitreden
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Digitale Ergänzung zu Bargeld

Dies kam zuletzt immer wieder vor. Nachdem die EZB die Produktion der größten Banknote, des 500-Euro-Scheins, schon vor Jahren eingestellt hatte, rückten die kleinsten Kupfermünzen in den Fokus. Vergangene Woche gab die Notenbank bekannt, den sogenannten E-Euro zu testen, also eine digitale Alternative zu Barem. Auch wenn die EZB beteuert, dass dies nur eine Ergänzung sei, nährt es viele Bedenken, da der E-Euro nicht gänzlich anonym sein würde. Obwohl die Kommission betont, dass sie Bargeld nicht abschaffen will, vermittelt auch die geplante Obergrenze das Gefühl, dass es um die Zukunft der völlig anonymen Münzen und Geldscheine in der EU nicht so gut bestellt sein könnte.

Zudem zielt der Plan der EU-Kommission in Österreich weit am Wählerwillen vorbei. Laut der Umfrage des Finanzministeriums sehen 80 Prozent der Befragten eine Obergrenze für Barzahlungen sehr und weitere zwölf Prozent eher skeptisch. Blümel kündigte vergangene Woche zwar an, die kritische Haltung Österreichs in Brüssel zum Ausdruck bringen zu wollen – konkrete Hoffnung dafür, dass sich die Obergrenze noch abwenden lässt, machte er aber nicht. Wenn es eine qualifizierte Mehrheit dafür gebe, sei dies zu akzeptieren. (Alexander Hahn, 20.7.2021)