Der Wiener Verein Queerbase, beheimatet in der Rosa Lila Villa auf der Linken Wienzeile, unterstützt Kristy Labadze in rechtlichen Fragen.

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Wien – Kristy Labadze wurde in ihrem Leben schon auf viele Art und Weisen bedroht, aber was sie im Frühjahr 2021 auf Social Media sah, konnte sie anfangs selbst nicht glauben, sagt sie. Ein User prahlte mit der Idee, ein Handyspiel zu programmieren, in dem man die Transgender-Frau und Aktivistin auf 100 verschiedene Arten ermorden kann. Mittlerweile lebt Labadze – sie möchte mit vollem Namen genannt werden – in Österreich und hat subsidiären Schutz bekommen. Am 6. Juli, einen Tag nachdem bei der Pride-Parade in der georgischen Hauptstadt Tiflis mehr als 50 Journalisten von Rechtsextremen verletzt worden waren, ging das besagte Handyspiel tatsächlich im Google Play Store online.

Seitdem ist es mehr als 10.000-mal heruntergeladen worden. Spieler prahlen damit auf Social Media und teilen Screenshots. Labadze ist durch ihren Aktivismus für Gleichberechtigung in Georgien bekannt. In der Nacht auf Dienstag hat Google die App, nachdem sie Montagfrüh mehrfach gemeldet worden war, offline genommen. Wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass sie online geht, wurde auf Anfrage nicht beantwortet. Da das Spiel auch noch auf drei anderen Plattformen hochgeladen wurde, befürchtet Kevin Krömmer vom Wiener Verein Queerbase, der Labadze unterstützt, dass es nicht mehr aus dem Internet wegzubekommen sein wird.

Eine Rückschau auf die Ereignisse bei der Pride-Parade in Tiflis, Georgien 2021.
DER STANDARD

Labadze hat am Montag in Wien Strafanzeige wegen Verhetzung gegen den noch unbekannten Entwickler gestellt. Im Google Play Store ist eine Homepage verlinkt. In deren Impressum ist eine Person mit georgischem Namen angeführt. Dieser Name gehört auch zu einem Tiktok-Profil, auf dem mit dem Spiel geprahlt wird. Die Wiener Polizei hat einen Ermittler auf den Entwickler angesetzt. Einen internationalen Haftbefehl gegen ihn zu erwirken "könnte schwierig werden", sagt ein Sprecher. Man solle sich nicht zu viele Hoffnungen machen, sei Frau Labadze bei der Anzeigeerstattung gesagt worden, erzählt sie.

Negativer Asylbescheid

"Ich habe schon als Kind gewusst, dass etwas nicht stimmt mit meinem Körper", sagt Labadze. Damals nannte sie sich noch Giorgi und war ein Junge. 2007 outete sie sich als Transgender-Frau – ab dann gehörten Morddrohungen zu ihrem Alltag. Mehrmals habe sie versucht, tätliche Angriffe bei der georgischen Polizei anzuzeigen, diese seien jedoch nicht angenommen worden. 2019 habe ihr ein Mann in Zivil, der sich als Polizist vorgestellt habe, mit Mord gedroht, wenn sie keine Informationen über die LGBTQI-Szene herausgebe. Daraufhin habe sie das Land verlassen.

Nach Österreich sei sie gekommen, "weil ich dachte: Ein Land, das Conchita Wurst zum Songcontest schickt, kann nicht homophob sein", sagt sie. Bereits wenige Monate nach ihrem Asylantrag bekam sie einen negativen Bescheid vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Dieser wurde 2020 vom Bundesverwaltungsgericht wegen "mangelhaften Ermittlungsverfahrens" aufgehoben. Daraufhin erteilte das BFA im Mai 2021 subsidiären Schutz. Asylstatus bekam Lanadze nicht, weil keine staatliche Verfolgung erkennbar sei, heißt es im Bescheid.

"Das Problem ist, dass viele Staaten wie Georgien, die aus Sicht der Behörden sichere Herkunftsstaaten sind, eben für LGBTQI-Personen nicht sicher sind", sagt Krömmer. Er ist der Meinung, dass die persönliche Verfolgung von Labadze ausreichend belegt war und sie eigentlich Asyl hätte bekommen müssen. Nun hat er Beschwerde erhoben und ist optimistisch, dass Labadze nach den jüngsten Ereignissen einen Asylstatus erhalten wird. (Johannes Pucher, 21.7.2021)