Horst Seehofer (CSU) und Olaf Schulz (SPD) bei der Pressekonferenz zu den Fluthilfen.

Foto: EPA / Andreas Gora

Deutschland wird die Opfer der Flutkatastrophe mit insgesamt 400 Millionen Sofort- und sechs Milliarden Aufbauhilfe unterstützen. Der Bund zahlt jeweils die Hälfte des Betrags.

Es gehe ihm um eine "klare, schnelle, zügige Botschaft" an die Betroffenen, sagte der deutschen Bundesminister der Finanzen, Olaf Scholz (SPD), am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CDU). Die Hilfe sei eine "Angelegenheit für uns als ganzes Land", so Scholz, der auch der SPD-Spitzenkandidat für die kommende Bundestagswahl ist. Zuvor habe man, so Seehofer, im Kabinett "sehr kollegial, aber sehr ernsthaft" über die Hilfe debattiert.

Für jene, "die alles verloren haben"

Sowohl Sofort- als auch Aufbauhilfe orientieren sich an den Geldern, die für vorangegangene Flutkatastrophen aufgewendet werden mussten. Die Soforthilfe sei für jene Menschen gedacht, die "alles verloren haben", sagte Seehofer, der dazu bemerkte, dass es sich um "eine Tragödie, die ich in dieser Form noch nie erlebt habe", handle. Auch Scholz betonte, die in den Medien gezeigten "dramatischen Bilder" seien "immer noch ganz anders als das, was man erfährt, wenn man vor Ort ist".

Scholz versprach, dass "jedes Gebäude, jeder Laden, jede Fabrik und jede Schule wiederaufgebaut wird". Sollten die genannten Beträge nicht ausreichen, werde man aufstocken. Kurz gesagt: Die Länder ermitteln, was sie brauchen, der Bund schlägt denselben Betrag drauf. Wenn ein Land erhöht, erhöht auch der Bund.

Jeder betroffene Haushalt solle eine Soforthilfe von bis zu 3.500 Euro bekommen können. Die Auszahlung soll unbürokratisch erfolgen, "wahrscheinlich wie zuletzt über Landräte und Bürgermeister", sagt Seehofer.

Wie viel der Wiederaufbau der Infrastruktur kosten werde, sei noch nicht klar. Schienen und Straßen würden ohnehin vom Bund direkt wieder instand gesetzt, wie Scholz bestätigte.

Einen Unterschied werde es auch hinsichtlich der rund 8.000 Helfer, die der Bund in den Katastrophengebieten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern zur Verfügung stellt, geben. Wie Seehofer ausführte, wird den Kommunen für diese keine Rechnung gestellt, wie das früher üblich war. Damit Hilfe jetzt und künftig schneller anrollen kann, soll die Staatssekretärskonferenz und nicht verschiedene Ressorts für alle erster Ansprechpartner sein.

"Menschengemachter Klimawandel"

Scholz verwies aber auch auf den "menschengemachten Klimawandel", durch den man weiterhin und öfter mit solchen Katastrophen werde rechnen müssen. Deutschland habe hier "große Verantwortung", diesen aufzuhalten – durch "Ingenieurs- und Zukunftsleistung" , so Scholz, müsse man der Welt zeigen, dass die Wirtschaft durch einen klimafreundlichen Umbau sogar wachsen könne.

Auf die Frage, ob Betroffenen, die ihr Hab und Gut nicht versichert hatten, dieselbe Hilfe bekommen wie jene, die jahrelang Polizzen zahlten, meinte Scholz, dass jedenfalls allen geholfen werde. Ein Betrag, den bereits eine Versicherung auszahlt, könne aber von staatlichen Hilfen abgezogen werden.

Bei der Frage nach verpflichtenden Elementarversicherungen erinnerte Seehofer daran, dass sich nicht alle versichern könnten, auch wenn sie wollten, "zum Beispiel wenn Sie in Passau direkt an der Donau wohnen". Seehofer weiter: "Dafür zahlen die Leute ja Steuern, dass ihnen auch in außergewöhnlichen Situationen geholfen wird."

Härtefonds und Naturkatastrophenfonds

Für Betriebe, die durch die Flut vernichtet wurden, werde man auch den Corona-Härtefallfonds nochmals aufstocken. Doch auch über die Schaffung eines dauerhaften neuen Naturkatastrophenfonds habe man sich verständigt, so Scholz.

Das zu seinem Wirkungsbereich als Innenminister gehörende und zuletzt in die Kritik geratene BBK (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) verteidigte Seehofer. Den Chef des BBK hatte Seehofer schon im Vorjahr ausgewechselt und im März 2021 ein neues Konzept präsentiert. Nun werde man hier die Befugnisse auch in Friedenszeiten erweitern.

Umbau des BBK

Das BBK soll zu einem nationalem Kompetenzzentrum ausgebaut werden. In der gegenwärtigen Situation haben die Bundesländer Verantwortung für den Katastrophenschutz, die diese meist auf Kommunen übertragen. Ein Landesrat ist zuständig für die Ausrufung von Katastrophenfällen. Bei einer Sonderkonferenz der Innenminister am Dienstagabend einigte man sich darauf, dass die Länder für Katastrophenschutz zuständig bleiben, das BBK sie aber auch in Friedenszeiten mehr unterstützen kann. (Colette M. Schmidt, 21.7.2021)