Ansteckungen in Diskotheken sorgen derzeit für Diskussionen um strengere Regeln für die Nachtgastronomie.

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Wien – Die Nachtgastronomie sieht sich wegen neuer Corona-Verschärfungen ihrer wirtschaftlichen Basis entzogen. Gut die Hälfte der Betriebe wolle wieder zusperren, verweist Nachtgastronomiesprecher Stefan Ratzenberger auf eine Umfrage unter Unternehmern. Weil der Zutritt zu Zeltfesten einfacher ist als der zu Discos, werde man klagen, kündigt er an. "Mehr als die Hälfte sagt, die Ausrollung der PCR-Tests wird zu lange dauern", so WKÖ-Gastro-Obmann Mario Pulker zu Ö1.

Dass eine Öffnung der Nachtgastronomie nicht sinnvoll gewesen sei, könne man keinesfalls sagen, so Pulker gegenüber dem "Morgenjournal". Vorher seien die Ansteckungen im privaten Bereich oder auf unkontrollierten Zusammenkünften geschehen – wie etwa am Wiener Donaukanal "ohne eine Aufsicht". Dass die Regeln für Discos nun strenger würden als auf Zeltfesten, kritisierte Pulker. Zeltfeste müssen allerdings bezirksbehördlich genehmigt werden, wobei auf die Corona-Situation Rücksicht genommen werden sollte.

Fehlende PCR-Testmöglichkeiten

"Wir werden ob der Zwei-G-Regel in der Nachtgastronomie und der Drei-G-Regel für Zeltfeste den Klagsweg beschreiten", kündigte Ratzenberger an. Die Infektionsgefahr sei auf Zeltfesten sicher nicht geringer als in Diskotheken und Co. Die genaue Vorgehensweise prüfe man noch. Eine Option sei ein Individualantrag beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) gegen die Verordnung, in der man eine Wettbewerbsverzerrung sieht. Auch die schwammige Definition für die Nachtgastronomie könne angegriffen werden, diese sei unklar, kritisierte Ratzenberger einmal mehr. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verwies am Rande einer Pressekonferenz auf Nachfrage zur Klagsdrohung auf einen "ständigen Austausch" rund um Corona und eine Sitzung der Corona-Taskforce am Donnerstag.

"Österreichweit sehen sich Nachtgastronomen nun mit leeren Diskotheken und Clubs konfrontiert", bedauert Ratzenberger. Es fehle außerhalb Wiens noch an kostenlosen PCR-Test-Möglichkeiten und insgesamt an ausreichend Impfterminen für die junge Bevölkerung. Der Verband der Österreichischen Nachgastronomen (VÖNG) will laut Sprecher Ratzenberger auch weiterhin geimpften, genesenen und getesteten Personen Einlass in nachtgastronomische Lokale gewähren. Getestet allerdings nur mit einem tagesaktuellen Testergebnis eines Antigentests. Dieses System sei seit Monaten in ganz Österreich etabliert, für alle potenziellen Gäste kostenlos und bundesweit möglich in Anspruch zu nehmen.

"Leider wurde die Branche im Vorfeld von allen Entscheidungsprozessen gänzlich ausgeschlossen", kritisiert Ratzenberger. Selbstverständlich wolle die Nachtgastronomie eine vierte Welle verhindern, stigmatisieren dürfe man sie aber nicht. "Notwendige Maßnahmen tragen wir Nachtgastronomen zur Gänze mit, allerdings hätten wir im Diskurs einen gangbaren Weg angestrebt, der mit sofortiger Wirkung hätte umgesetzt werden können, ohne dabei Existenzen zu zerstören und zu weiterer Verunsicherung und Perspektivlosigkeit zu führen."

Köstinger erteilt Impfpflicht Absage

Pulker betonte am Donnerstag einmal mehr, es müsse erlaubt sein, eine Impfpflicht zu diskutieren. "Selbstverantwortung funktioniert in manchen Bevölkerungsschichten nicht", sagte Pulker. Er erteilte einer Impfpflicht nur für die Gastronomie eine Absage und verwies auch auf weitere Umfragen, wonach rund zwei Drittel der Bevölkerung für eine solche seien. Die Wirtschaftskammer (WKÖ) selbst wollte tags zuvor nicht so weit gehen wie Pulker. Sie betonte, dass es "ganz wichtig ist, die Impfquote zu erhöhen", um weitere Schließungen abzuwenden. Es gehe etwa darum, das betriebliche Impfen auszuweiten.

"Es wird keine Impflicht in Österreich geben", bekräftigte Köstinger am Donnerstag. Aber: "Die wichtigste Maßnahme zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist die Impfung." Wer die Möglichkeit habe, solle sich impfen lassen. (APA, 22.7.2021)