Viktor Orbán will also das Volk an die Urnen rufen. Der ungarische Regierungschef erweckt dabei den Anschein, als wäre sexuelle Aufklärung in seinem Land ein hochproblematisches Thema. Fünf vermeintlich brennende Fragen will er per Referendum an die Bürgerinnen und Bürger richten. Etwa die, ob bei Kindern für Geschlechtsumwandlungen geworben werden dürfe. Oder ob es in Ordnung sei, bei Kindern solche Umwandlungen auch gleich durchzuführen.

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Viktor Orbán will das ungarische Volk an die Urnen rufen.
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Wer nicht weiß, wie in Orbáns Ungarn Politik gemacht wird, könnte angesichts solcher Prioritäten eine recht dystopische Vorstellung von dem Land entwickeln. Ziehen da etwa fanatische Geschlechtsumwandlungssekten durch die Dörfer, die jedweder sexuellen Identität den Garaus machen wollen und denen nun die Vox populi das Handwerk legen muss?

Natürlich nicht. Und natürlich fordert auch die EU von ihren Mitgliedern keine Geschlechtsumwandlungspropaganda, wie es das hysterische Gejammer aus Budapest glauben machen will. Brüssel hat sich lediglich erlaubt, ein Gesetz zu kritisieren, das Jugendlichen den Zugang zu Informationen über Homosexualität erschwert. Nicht mehr und nicht weniger.

Naheliegender ist also, dass Orbán von Korruptionsaffären im eigenen Land und von der aktuellen Pegasus-Bespitzelungscausa ablenken will. Und dass er Referenden als wichtiges Instrument der Demokratie mit einer Pseudoabstimmung wie dieser bedenkenlos in den Schmutz zieht. (Gerald Schubert, 22.7.2021)