Die Hygiene Austria war in einen Skandal verwickelt – schon zuvor klagte Katharina Nehammer gegen jemanden, der behauptete, sie arbeite dort.

Foto: Hygiene Austria

1.310-mal wurde das Posting bis dato geteilt: "Nehammers Gattin arbeitet im Hygiene Austria FFP2 Unternehmen vom Gatten der Sekretärin des Kurz", steht da auf dunklem Hintergrund, dazu ein paar Emoticons. Und weiter: "Uiii da wird Kohle gschefflt und das brave Volk glaubt es war für d' GSUNDHEIT" (sic!). Das ist nur eines von vielen Postings zu dem Thema – wie viele davon kursieren, ist freilich unklar. Doch dass es dermaßen breit geteilt wurde, könnte nun zu einer Welle an Entschädigungsforderungen von Katharina Nehammer führen.

Denn: Die Posting-Aussagen stimmen so nicht. Katharina Nehammer, einst in den Kabinetten von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und von Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka (beide ÖVP), ist zwar mit dem aktuellen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) verheiratet, sie arbeitet aber nicht für die Hygiene Austria. Sondern für die PR-Agentur von Gregor Schütze, der sitzt auf einem ÖVP-Ticket im ORF-Stiftungsrat und war einst Pressesprecher der früheren Innenministerin Maria Fekter (ÖVP).

Inhalt des Postings ist falsch

Diese Agentur machte im Februar 2021 die Pressearbeit für Hygiene Austria, Nehammer war daran aber nicht beteiligt, wie schon vor Monaten die Nachrichtenagentur dpa in einem Faktencheck festhielt: "Wir sind ein Unternehmen, in dem verschiedene Teams für eine Vielzahl von Kunden und Projekten arbeiten. Das Team, das die Hygiene Austria betreut, ist aber nicht das Team der Frau Nehammer", wird Schütze da zitiert, Nehammer würde "in keinster Art und Weise" finanziell von der Maskenproduktion der Hygiene Austria profitieren. Dieser Faktencheck wird mittlerweile von Facebook automatisch zu besagtem Posting eingeblendet.

Das stammt übrigens aus einer Zeit, bevor der Skandal um die Hygiene Austria aufkam – Hygiene Austria hatte bekanntlich die Maskenproduktion teilweise nach China ausgelagert, aber mit der Herstellung in Österreich geworben. Dennoch verklagte Nehammer einen Kärntner, offenbar der Ersteller des ursprünglichen Beitrags. Mitte April fand die Hauptverhandlung statt, wie das zuständige Landesgericht Klagenfurt dem STANDARD bestätigt. Die beiden Parteien einigten sich auf einen Vergleich, und Nehammer bekam 3.500 Euro als Entschädigung.

Verfahren oder Vergleich

Nun erreichte mehrere Menschen, die das Posting geteilt hatten, Post von Nehammers Anwalt Michael Rami, einzelne dieser Zusendungen liegen dem STANDARD vor. Auch die FPÖ berichtet davon, dass sie "zwischen zehn und zwanzig" Fälle erreicht hätten, wie ein Sprecher angibt. Die Leute würden sich an die Partei wenden, weil sie nicht wissen würden, wie sie damit umgehen sollen. Denn in dem Anwaltsschreiben werden straf- und medienrechtliche Ansprüche in den Raum gestellt, genauso wie zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und Widerruf. Doch die Mandantin, so heißt es in dem Schreiben, wolle die Gelegenheit geben, das Verfahren ohne Gerichtsverfahren aus der Welt zu schaffen, wenn eine Entschädigung von 3.500 Euro bezahlt werde.

Auch bei Christoph Völk – er vertritt auch die FPÖ anwaltlich – hätten sich Betroffene gemeldet, sagt dieser zum STANDARD. Er rät nun zur Kontaktaufnahme mit Nehammer oder ihrem Anwalt, "meist kann zumindest versucht werden, bei der Höhe der Entschädigung noch eine Herabsetzung zu erreichen". Zudem empfiehlt er, eine Generalklausel, mit der alle Ansprüche bereinigt werden, zu vereinbaren.

Rami: Weiterverbreitung strafbar

Katharina Nehammer war bisher für den STANDARD nicht erreichbar. Ihr Anwalt Michael Rami schreibt auf Anfrage, es handle sich um eine laufende Causa, zu der er keine Auskunft geben könne. Wesentlich sei aber, "dass Frau Nehammer Opfer von Hass im Netz wurde, nämlich durch die Veröffentlichung grob falscher Behauptungen in Sachen Hygiene Austria, die als üble Nachrede strafbar sind".

Und weiter: "Jeder, der diese Behauptungen weiterverbreitet hat, hat damit auch die üble Nachrede veröffentlicht und haftet sowohl strafrechtlich als auch medienrechtlich", schreibt er. Dazu, wie viele Unterlassungsaufforderungen oder Entschädigungsforderungen man verschickt habe, macht er keine Angaben. (Gabriele Scherndl, 26.7.2021)