Go-Student-Gründer Felix Ohswald und Gregor Müller bekamen frisches Kapital.

Foto: o Student / Stefan Knittel

Junge Unternehmen konnten sich im ersten Halbjahr freuen. Das frische Kapital ist für die Start-ups in Österreich von Jänner bis Ende Juni nämlich gesprudelt: 518 Millionen Euro flossen an Jungunternehmen mit Hauptsitz in Österreich. Das ist ein Vielfaches im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, in dem 148 Millionen Euro investiert wurden. Und es ist rund doppelt so viel wie im gesamten Jahr 2020 an die neuen Unternehmen vergeben wurde.

Aber: Mehr als vier Fünftel dieses Geldes ging an nur zwei Unternehmen, wie das Start-up-Barometer der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY zeigt. Am meisten profitiert haben demnach die Nachhilfeplattform Go Student und die Kryptowährungsplattform Bitpanda. Ohne diese beiden Start-up-Größen wäre bei den durchschnittlichen Finanzierungen in den ersten sechs Monaten sogar ein Rückgang zu 2020 zu verzeichnen.

Anzahl der Finanzierungsrunden geht zurück

Im Start-up-Barometer werden Unternehmen mit Hauptsitz in Österreich, deren Gründung höchstens zehn Jahre zurückliegt, erfasst. Die Anzahl der Finanzierungsrunden für österreichische Start-ups ist im ersten Halbjahr um rund 17 Prozent von 77 auf 64 zurückgegangen. Das durchschnittliche Volumen der Deals, bei denen eine Summe veröffentlicht wurde, hat sich zwar von knapp 2,5 Millionen auf rund neun Millionen Euro mehr als verdreifacht. Ohne die Megadeals für Bitpanda und Go Student hätte sich allerdings ein leichter Rückgang auf rund 1,7 Millionen Euro ergeben.

Im europaweiten Vergleich bleiben die Finanzierungsrunden in Österreich damit vergleichsweise klein, heißt es in der EY-Analyse. Die meisten Finanzierungsrunden wurden im Gesundheitsbereich gezählt, gefolgt von Software & Analytics und E-Commerce. Mit insgesamt vier im Jahr 2021 abgeschlossenen Runden belegen Go Student und Bitpanda auch vier der Top-Fünf-Plätze der größten Finanzierungsrunden. Die größte Transaktion war eine Finanzspritze von 205 Millionen Euro für das Edu-Tech-Unternehmen Go Student, das mit einer weiteren Geldinfusion in Höhe von 70 Millionen Euro auch Rang drei belegt.

Auf Platz zwei kommt der Kryptowährungsbroker Bitpanda mit 141 Millionen Euro, ebenso wie auf Platz fünf mit einer Erweiterungsrunde von rund zehn Millionen Euro. Den vierten Platz erreicht der oberösterreichische Haustier-Tracker-Hersteller Tractive mit 29 Millionen Euro.

Wien bleibt Hotspot

Die Bundeshauptstadt bleibt Start-up-Hotspot: Das Investitionsvolumen in Wien hat sich von 121 auf 464 Millionen Euro fast vervierfacht. Auch bei der Zahl der Finanzierungsrunden liegt Wien mit 41 unangefochten an der Spitze, auf dem zweiten Platz folgt Oberösterreich mit acht Runden und dahinter die Steiermark mit fünf. Insgesamt 37 Wiener Start-ups erhielten im ersten Halbjahr Finanzierungen.

Kasse gemacht haben Investoren hingegen in Salzburg: Der US-Ladesäulenbetreiber Charge Point kauft das Salzburger Ladesoftware-Start-up Has To Be für 250 Millionen Euro. Die Übernahme soll bis Ende 2021 abgeschlossen sein, hieß es vor einigen Tagen. Der Deal wäre dann der größte Start-up-Exit in Österreich bis dato."

Die zwei Unicorns Go Student und Bitpanda sind hervorragende Zugpferde, die dem heimischen Start-up-Ökosystem starke internationale Aufmerksamkeit bescheren und Österreich nachdrücklich auf die Landkarte internationaler Investoren gehievt haben", sagt Florian Haas, Leiter des Start-up-Ökosystems bei EY Österreich. Dass es in den ersten Wochen des zweiten Halbjahres bereits einige größere Millionenrunden gegeben habe, unterstreiche die Entwicklung.

Dieser Trend müsse laut Haas genutzt werden, um die Rahmenbedingungen für Gründer und Investoren zu verbessern: "Wir erleben in Österreich und Europa gerade einen Start-up-Boom", sagt der EY-Experte. Das müsse genutzt werden, um Anreize für Risikokapital-Spritzen zu schaffen, ebenso wie einfachere Möglichkeiten zur Anstellung – Stichwort Rot-Weiß-Rot-Karte – oder für die Beteiligung von Mitarbeitern. Auch die Gründung selbst sollte weniger bürokratisch sein. (Bettina Pfluger, 24.7.2021)