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Die größte Korallenriff-Formation der Welt ist akut von Korallenbleiche bedroht.

Foto: Reuters/LUCAS JACKSON

Die beispiellose Lobbyarbeit der australischen Regierung in den letzten Tagen hat sich für Canberra ausgezahlt: Das Great Barrier Reef (GBR) kommt vorerst nicht auf die Rote Liste der gefährdeten Weltkulturgüter. Ein Komitee der Uno-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (Unesco) entschied im chinesischen Fuzhou mit klarer Mehrheit, eine entsprechende Empfehlung ihres Expertenkomitees nicht anzunehmen und den Entscheid um ein Jahr zu verschieben.

Die größte Korallenriff-Formation der Welt ist als Folge global steigender Wassertemperaturen akut von Korallenbleiche bedroht. Unterwasserhitzewellen seien eine Folge der globalen Klimaveränderung, so Meereswissenschafter. Studien zufolge sind bereits 50 Prozent der Riffe zerstört. Die australische Regierung soll nun einen weiteren Bericht über den Zustand des Riffs und die Erhaltung des einzigartigen Ökosystems erarbeiten und der Unesco vorlegen.

Imageschaden befürchtet

Canberra hatte einen massiven Imageschaden erwartet, falls das Riff auf die Rote Liste gesetzt werden sollte. Die Folgen für die Wirtschaft wären ebenfalls schwer gewesen: Das GBR ist eine der wichtigsten Destinationen für Australien-Besucher. Ob Tauchtouren, Schnorcheln oder Hotellerie: Rund 60.000 Menschen leben vom Rifftourismus entlang der Küste des Bundesstaates Queensland.

Nachdem die Unesco im Juni die Empfehlung ihrer Experten veröffentlicht hatte, delegierte die australische Regierung Umweltministerin Sussan Ley ab, um in Madrid, Sarajevo, Paris, Oman, Budapest und auf den Malediven die jeweiligen Regierungen zu überzeugen, gegen das Vorhaben zu stimmen. Gleichzeitig hatte Canberra die Botschafter aus 13 Ländern ans Riff eingeladen, um sich während einer Schnorcheltour einen Eindruck von der Situation zu verschaffen.

Korallenfressende Seesterne

Ley dankte den Delegierten am Freitag für ihre Unterstützung. Die australische Regierung investiere Millionen in die Verbesserung der Wasserqualität und die Bekämpfung korallenfressender Seesterne. Ein Aktionsplan zum Schutz des Riffs müsse erst mehr Wirkung zeigen, bevor ein Entscheid über eine Einstufung als gefährdetes Welterbe gefällt werden könne.

Umweltschutzorganisationen wie der World Wide Fund of Nature (WWF) dagegen kritisieren, der Plan tue nichts, um das Kernproblem anzugehen, mit dem das GBR konfrontiert ist: der Klimawandel. Dies, obwohl selbst die Wissenschafter der Regierung "Klimaveränderung als wichtigste Bedrohung für das Riff identifiziert haben", so die Organisation.

Australien ist einer der führenden Produzenten und Exporteure von klimaschädigenden Rohstoffen wie Kohle und Erdgas und hat unter den industrialisierten Ländern eine der höchsten CO2-Emissionsraten pro Kopf. Gleichzeitig weigert sich das Land, ernsthaft Maßnahmen zur Reduktion von Klimaemissionen zu unternehmen. Während die meisten vergleichbaren Länder Kohlenstoffneutralität bis 2050 oder früher anstreben, will Australien keine Frist setzen. (Urs Wälterlin aus Canberra, 23.7.2021)