Nicht immer, wenn sie ihn brauchen, haben die Bürger und Bürgerinnen den direkten Draht zur Finanzbehörde.

Foto: APA/Fohringer

Mahnung steht in fetten Lettern auf einem Brieflein, das zahlreichen Österreichern und Österreicherinnen jüngst ins Haus flatterte. "Sie werden ersucht, zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen den Rückstand von ... Euro bis ... auf Ihr Abgabenkonto einzuzahlen", lautet die Botschaft, die das Finanzamt Bürgern und Bürgerinnen zukommen ließ.

So mancher fühlte sich überrumpelt, war der Aufforderung doch weder ein Schreiben vorausgegangen, noch war auf dem behördlichen Schriftstück ersichtlich, wofür denn nun gemahnt wurde. So sahen sich einige gezwungen, die angeführte Hotline anzurufen. Allein, mehrmalige Versuche führten stundenlang zur Warteschleife, bis auch diese Telefonnummer nicht mehr erreichbar war. Besonders Tapfere wollten sich beim Finanzamt direkt Klarheit verschaffen. Doch auch dieser Versuch war nicht von Erfolg gekrönt, wird berichtet. Den Betroffenen wurde etwa im Finanzamt im dritten Bezirk der Zutritt durch einen Security-Mitarbeiter verwehrt: "Ohne Termin kein Einlass."

Punktuelle Überlastung

Hier nun fanden die Ratlosen an der Tür, was sie am Mahnschreiben vermissten: eine Telefonnummer zur Terminvereinbarung. Aus dem Finanzministerium heißt es dazu, dass die Finanzverwaltung die seit Mitte März 2020 Corona-bedingt ausgesetzten Schreiben an Steuerzahler nun wieder versendet. Teilweise handle es sich um "Mahnungen, in den grundsätzlich der Mahngegenstand genannt wird. Wir überprüfen jedoch aktuell, ob der Grund der Mahnung noch deutlicher hervorgehoben werden kann", heißt es noch – und dass es gelegentlich durch den Versand größerer Zahlen von Schreiben zu "punktuell vermehrten telefonischen Anfragen" komme. Man bedaure und gelobt Besserung.

Defizite der Steuerverwaltung

Letzteres gilt auch für vom Rechnungshof in einem aktuellen Bericht kritisierten Defizite der Steuerverwaltung. Unternehmen, die vom Ausland aus digitale Dienstleistungen – etwa Apps, Filme und Musik – in Österreich anbieten, können nämlich laut den Prüfern "mit einer hohen Wahrscheinlichkeit damit rechnen, von der österreichischen Steuerverwaltung nicht geprüft zu werden." Das Finanzministerium sei "seiner abgabenrechtlichen Verantwortung zur Sicherung der Einnahmen bisher nicht ausreichend gerecht geworden".

Wie auch andere Rechnungshöfe in Europa erklärten, werde das Risiko ungewollter Steuerausfälle mit der Erweiterung des EU-Umsatzsteuer-One-Stop-Systems MOSS steigen. Bei MOSS können sich Unternehmen registrieren, die an Nichtunternehmer elektronisch erbrachte sonstige Leistungen, Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen in EU Mitgliedstaaten erbringen, in denen sie weder ihr Unternehmen betreiben noch eine Betriebsstätte haben.

Fehlendes Personal in Graz

Die Prüfer haben die Umsatzsteuer-Entrichtung in den Jahren 2015 bis 2019 von grenzüberschreitend ausgeführten Dienstleistungen unter die Lupe genommen und noch andere Defizite festgestellt: Risikoanalysen, risikoorientierte Fallauswahl und IT-Tools fehlten etwa. Tadel gab es auch für den sinkenden Personalstand im Finanzamt Graz-Stadt und bei den beiden spezialisierten Prüfteams der Großbetriebsprüfung bei gleichzeitig steigenden Aufgaben. Das Finanzministerium teilte mit, dass sich viele Rechnungshof-Empfehlungen bereits in Umsetzung befinden würden. (Regina Bruckner, 24.7.2021)