Die Bilder von der Räumung bringen den Bürgermeister und die Polizei unter Druck.

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Die von der Stadt Toronto angeordnete Räumung von mehreren Zeltlagern von Obdachlosen sorgt für Aufregung in ganz Kanada. Anlass sind die von der Polizei zuletzt mit ungewöhnlicher Härte durchgeführten Räumungen der Behausungen – zuletzt beim Lamport-Stadion am Mittwoch.

Verstörende Fotos und Videos zeigen Polizeibeamte, die auf fixierte Frauen mit Knüppeln einprügeln oder auf ihnen knien. Bilder, die für die Hauptstadt der kanadischen Provinz Ontario durchaus ungewöhnlich sind. Schon die Räumungen in den vergangenen Tagen gingen alles andere als sanft über die Bühne, doch diesmal gibt es auch seitens der Politik laute Kritik an der Polizei und am konservativen Bürgermeister John Tory.

Dieser verteidigte die Räumungen auch nach dem Einsatz am Lamport-Stadion damit, dass man die Obdachlosen lieber in festen Unterkünften, "die sicherer und gesünder" für sie seien, unterbringen wollte. Nach der eskalierenden Situation am Mittwoch kritisieren in kanadischen Medien aber nicht nur Sozialarbeiterinnen, dass eine so unsensible, brutale Vorgangsweise psychologisch wohl das Gegenteil bewirken würde als die Bereitschaft, in eine neue Unterbringung zu ziehen.

24 Menschen verhaftet

Bei den Polizeieinsätzen kamen am Mittwoch auch Anrainer und Demonstranten, die die Obdachlosen unterstützen wollten, mit Schildern. Rund 24 Personen wurden dabei verhaftet. Auch hier rufen jetzt Demonstrantinnen wie Aktivisten in den USA: "Defund the police!"

Das Argument: Man könne mit dem Geld, das ein solcher Einsatz koste, hunderte Obdachlose versorgen. Von politischer Seite meldete sich die Stadträtin Kristyn Wong-Tam zu Wort und rief Bürgermeister Tory auf, die Situation zu deeskalieren, anstatt sie weiter anzuheizen. Zudem kritisierte sie, dass Medien von den Räumungen ausgeschlossen wurden; sie forderte neutrale Beobachter, sollte es zu weiteren Einsätzen gegen Obdachlose kommen.

Ein weiterer Stadtrat, der Gemeindeanwalt Josh Matlow von den Liberalen, twitterte Fotos des Einsatzes beim Stadion und fragte: "Bürgermeister John Tory, wie können Sie das ernsthaft verteidigen?"

In zwei weiteren Camps in Toronto, eines davon im Moss Park, leben noch Obdachlose, die nun fürchten, dass jederzeit Beamte einfallen könnten. Die illegal errichteten Camps waren der Stadtregierung schon während der gesamten Pandemie ein Dorn im Auge. (Colette Schmidt, 23.7.2021)