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21. Oktober 1964: Die US-Sprintstaffel mit Schlussläufer Bob Hayes (Zweiter von links) läuft in 39,1 Sekunden Weltrekord. Einer von 36 Triumphen der US-Amerikaner in Tokio 1964.

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10. Oktober 1964: Yoshinori Sakai entzündet das Feuer.

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Raudaschl erinnert sich ans Segeln und an den Shinkansen.

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Am Tag, als die Bombe fiel, am 9. August 1945, hatte Yoshinori Sakai in Hiroshima das Licht der Welt erblickt. Etwas mehr als 19 Jahre später, am 10. Oktober 1964, rannte er als letzter Fackelläufer die Treppen im Stadion hinauf und entzündete das olympische Feuer. Die Sommerspiele 1964 waren eröffnet, sie standen für die Wiederauferstehung der Nation und im Zeichen der internationalen Versöhnung. Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki lagen nur 19 Jahre zurück, der Zweite Weltkrieg hatte zwei Millionen Japaner das Leben gekostet.

Schon für 1960 hatte sich Tokio beworben, da aber deutlich gegen Rom verloren. Im zweiten Anlauf klappte es mit den ersten Olympischen Spielen in Asien. Für 1964 hatte, das wissen die wenigsten, auch Wien kandidiert, Österreichs einzige Bewerbung um Sommerspiele zog aber deutlich den Kürzeren. Tokio setzte sich mit 34 Stimmen klar vor Detroit (zehn), Wien (neun) und Brüssel (fünf) durch – auch mit dem Versprechen, nicht militärische Stärke, sondern friedliche Modernität zu demonstrieren.

Olympische und infrastrukturelle Bauprojekte legten quasi einen Grundstein zur Megacity Tokio. Und auch sportlich räumten die Gastgeber ab. Es gab für Japan nicht weniger als 16-mal Gold und im Medaillenspiegel den dritten Platz hinter den USA und der Sowjetunion. Allein der Turnstar Yukio Endo räumte drei Titel ab, im erstmals olympischen Judo gab’s drei weitere, das vierte Judo-Gold sicherte sich freilich der Niederländer Anton Geesink, der 1961 auch schon der erste nichtjapanische Weltmeister gewesen war.

Der US-Sprinter Bob Hayes holte zweimal Gold. Der Äthiopier Abele Bikila triumphierte neuerlich im Marathon, den er nicht wie vier Jahre zuvor barfuß, sondern mit Schuhen bestritten hatte. Im Turnen hatte die Tschechoslowakin Vera Caslavska mit drei Goldenen knapp die Nase vorne, die Sowjetrussin Larissa Latynina trug zwei Titel und insgesamt sechs Medaillen davon. Der US-amerikanische Schwimmstar Dom Schollander ragte mit viermal Gold heraus.

Der Salto nullo

Österreich, das ein 56-köpfiges Team stellte, kam im Medaillenspiegel von Tokio 1964 gar nicht vor, fuhr zum ersten Mal überhaupt ohne Edelmetall nach Hause. Bis zum zweiten Mal, aber das nur nebenbei, sollte es ebenfalls dauern (London 2012). In Tokio 1964 war der Florettfechter Roland Losert als Vierter am knappsten an einem Podestplatz dran. Günther Pfaff kam paddelnd im Einer-Kajak über 1000 Meter ebenso auf Rang fünf wie Hubert Raudaschl segelnd im Finn-Dingi. Sechste Plätze gab es im Einer-Kajak über 500 Meter für Hanneliese Spitz und im Turmspringen für Ingeborg Pertmayr.

In Österreich hatte Josef Klaus als Bundeskanzler am 2. April 1964 sein erstes Kabinett gebildet. Am 11. April kam es zu einem durchschlagenden Erfolg am Felbertauern, seither gibt es einen 5,2 Kilometer langen Tunnel. Am 19. Juni 1964 ist der Komiker und Volksschauspieler Hans Moser 84-jährig in Wien verstorben.

Sportlich definierte sich Österreich vor allem im Winter sowie im Fußball. Die olympische Medaillenlosigkeit wurde als nicht besonders tragisch empfunden. Mag sein, es war schon bezeichnend, dass sich der Vorarlberger Schütze Hubert Hammerer, obwohl 1960 Österreichs einziger Olympiasieger, die Reise nach Tokio als selbstständiger Tischler und Familienvater selbst vorfinanzieren musste. Noch Jahrzehnte später ärgerte sich Hammerer: "Ich ließ mich aber doch zu dieser halben Weltreise überreden. Und dann wurde mir meine mangelhafte Ausrüstung zum Verhängnis. Ich lag vor dem Stehendbewerb in Führung, ehe mir die Schweizer Präzisionsmunition ausging und ich auf Platz neun zurückfiel."

Auch Segler Raudaschl, seinerzeit 22 Jahre alt, hat seinen fünften Platz als "schmerzhaft" empfunden, wie er dem STANDARD sagt. Schließlich war er als Weltmeister angereist. Raudaschl erinnert sich auch "an eine Fahrt mit dem schnellsten Zug der Welt", der Shinkansen war kurz vor den Spielen in Betrieb gegangen. Für die Spiele 2021 hofft Österreichs Olympia-Rekordler (zehn Teilnahmen), "dass Corona-mäßig alles halbwegs gut ausgeht". Dem ÖOC-Team wünscht er alles Gute. "Damit es sportlich in Tokio für uns diesmal anders ausschaut." (Fritz Neumann, 24.7.2021)