Maskottchen Miraitowa soll eine Zukunft voller Hoffnung bringen.

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Am Anfang stand Waldi, der Dackel. Der Wauwau mit den kurzen Beinen war 1972 in München das erste offizielle Olympia-Maskottchen. Waldi war kein großer kommerzieller Erfolg, hinter Waldi stand auch keine hochfliegende Idee. Der Dackel, also die Hund gewordene Antithese zum olympischen Motto "Schneller, höher, weiter", war schlicht und einfach ein populäres Haustier in Bayern. Wie trivial die Welt doch sein kann, sein konnte.

Ganz so unkompliziert geht es heute nicht mehr. Miraitowa, das Maskottchen der am Freitag eröffneten Olympischen Spiele von Tokio, will mit seinen spitzen Ohren und großen Kulleraugen mehr als nur kuschelig aussehen. Miraitowa bedeutet übersetzt Zukunft und Ewigkeit. Hinter der Namensgebung steht ein Wunsch – und dieser Wunsch ist kein kleiner. Miraitowa soll eine "Zukunft, die für immer voller Hoffnung ist, in den Herzen aller Menschen entstehen lassen." Ganz schön viel Druck für so ein kleines Plüschwesen.

Klarer Wahlsieg

Das futuristisch anmutende Maskottchen wurde vom japanischen Künstler Ryo Taniguchi entworfen. Der Weg an die Spitze der Kuschelkreaturen war für Miraitowa steinig und schwer. 2017 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, in dessen Rahmen 2042 Vorschläge eingingen. Anschließend erstellte das Organisationskomitee eine Shortlist mit drei Kandidaten. Um den Gewinner zu ermitteln, wurde das Trio schließlich 205.755 Volksschulklassen zur Begutachtung vorgelegt. Mit 109.041 Stimmen legte der blaukarierte Miraitowa einen fulminanten Wahlsieg hin. Die Gegenkandidaten haben artig gratuliert.

Maskottchen erfreuen sich in Japan höchster Beliebtheit. Beispiel gefällig? Funassyi, ein genderneutraler Punkrock-Geselle, repräsentiert die Stadt Funabashi und erfährt einen regelrechten Hype in den sozialen Medien. 1,3 Millionen Follower auf Twitter sind ganz gespannt, was das gelbe Geschöpf in seiner Freizeit so treibt.

Großes Geld

Maskottchen werben in Japan nicht nur für Städte und Unternehmen, sie regen zu Vorsorgeuntersuchungen an, sie spazieren durch Gefängnisse – und vor allem sind sie knuddelige Gelddruckmaschinen. Auch Miraitowa hätte mit den Einnahmen aus Lizenzen und Merchandising einen Batzen Geld in die olympische Kasse spülen sollen. Mit 130 Millionen Dollar wurde spekuliert. Das war allerdings vor der Pandemie. Ohne Zuseher in den Stadien werden die geklonten Miraitowas nur reduziert über die Budel gehen. Es sind harte Zeiten für kuschelweiche Tierchen. (Philip Bauer, 23.7.2021)