Kohlesammelnde Kinder in China, die sich während der Schulferien damit etwas Geld verdienen: Trotz Klimakrise ist ein Ende der CO2-intensiven Kohle insbesondere in Asien noch lange nicht in Sicht.

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Totgesagte leben länger. Dieses Sprichwort scheint sich einmal mehr bei der Kohle zu bewahrheiten, die aufgrund ihres CO2-Gehalts als einer der Haupttreiber der Erderhitzung gilt. Nach einem Corona-bedingten globalen Einbruch des Kohleabbaus 2020 zeigen die meisten Indikatoren und Prognosen jetzt wieder nach oben.

Dabei gibt es große regionale Unterschiede, die zum Teil mit dem Entwicklungsstand der jeweiligen nationalen Ökonomie korrespondieren. Während die Kohleproduktion in der EU und in Australien weiter zurückgeht, zeichnet sich insbesondere in Asien – namentlich in China –, aber auch in Indien und Teilen Afrikas eine deutliche Zunahme der Kohlenutzung ab.

3,5 Prozent Zuwachs im laufenden Jahr

Einer Erhebung der britischen Forschungs- und Beratungsfirma Global Data zufolge dürfte sich die weltweite Produktion von Kohle heuer im Vergleich zu 2020 um rund 3,5 Prozent auf etwa acht Milliarden Tonnen erhöhen. Bis 2025 rechnen die Analysten von Global Data mit einer jährlichen Zunahme der weltweiten Kohleförderung um rund 2,3 Prozent auf 8,8 Milliarden Tonnen.

Dabei hat es im vergangenen Jahr noch anders ausgesehen. In den USA ist die Kohleproduktion 2020 um fast ein Viertel, exakt um 23,6 Prozent, eingebrochen, in Indonesien um gut 13 Prozent, in Russland um etwas mehr als acht Prozent und in Australien um rund 5,5 Prozent. Dies wurde im Corona-Jahr teilweise kompensiert durch Mehrproduktion in China (plus 4 Prozent) und Indien (plus 0,7 Prozent).

Für Umrüstung fehlt Geld

Der Bedarf an Kraftwerkskohle zur Erzeugung von Strom ist im Berichtsjahr global um 5,9 Prozent geschrumpft; sogenannte Hüttenkohle, die für die Produktion von Stahl benötigt wird, war gar um 5,9 Prozent rückläufig. Schon dachte man, der Rückgang sei nicht nur eine Folge der Pandemie, sondern reflektiere ein gestiegenes Umweltbewusstsein. Dem ist aber nicht überall so.

Viele Entwicklungs- und Schwellenländer sitzen regelrecht auf Kohlebergen, die sie verwerten wollen; oft fehlt ihnen schlicht das Geld für den Umstieg auf eine nichtfossile Stromproduktion. Die Gesundheitsbelastungen aufgrund schlechter Luft und die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre werden vielfach in Kauf genommen, auch wenn es gerade die ärmsten Länder sind, die von den Wetterextremen am stärksten betroffen sind.

Indien auf Überholspur

Indien wird den Abstand auf den weltgrößten Kohleproduzenten und -verbraucher – China – laut Prognosen weiter verkürzen. Am indischen Subkontinent wird erwartet, dass der Kohleabbau von 777,7 Millionen Tonnen im Jahr 2020 auf 1,2 Milliarden Tonnen 2025 steigen wird. Aber auch China, Indonesien, Australien und Südafrika treiben den Kohleabbau voran. Zusammen genommen werden sie 2025 auf eine Kohleproduktion von 5,43 Milliarden Tonnen kommen, nach rund fünf Milliarden Tonnen im heurigen Jahr. Zuletzt entfielen knapp 40 Prozent des weltweiten Strombedarfs auf Kohlekraft.

Europas größte Kohlenationen sind Polen, Tschechien und Deutschland. Berlin hat im Vorjahr den Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung bis spätestens 2038 beschlossen. Nicht zuletzt getrieben durch die Klimakatastrophen der vergangenen Wochen steigt der Druck, dass der Ausstieg doch früher erfolgt. Tschechien hat noch kein fixes Ausstiegsdatum genannt, informell ist von 2033 die Rede. In Polen hat das staatliche Unternehmen PGE, größter Stromerzeuger des Landes, eine schrittweise Schließung seiner Blöcke von 2030 bis 2036 in Aussicht gestellt.

Österreich mit Restkohle

Und in Österreich? Mit dem Fernheizkraftwerk Mellach bei Graz, das dem Verbund gehört, ist im April des Vorjahres der letzte Kohlemeiler vom Netz gegangen. Kohle wird aber weiter in der Stahlindustrie (Voestalpine) eingesetzt. Versuche, beim Stahlkochen Kohle durch Wasserstoff zu ersetzen, laufen. Zudem heizen noch rund 6000 Haushalte in Österreich mit Kohle.

(Günther Strobl, 26.7.2021)