Die zur Hilfe gerufenen Rettungskräfte (Symbolbild) konnten dem Kleinkind nicht mehr helfen.

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Ein Kleinkind ist am Sonntagabend nach einem Fenstersturz in Wien gestorben. Der Einjährige war gegen 21 Uhr aus dem fünften Stock eines Wohnhauses in der Prager Straße in Floridsdorf gefallen und hatte schwerste Verletzungen erlitten, so die Wiener Berufsrettung am Montag. Die Einsatzkräfte führten noch eine Reanimation durch, doch er starb trotz aller Bemühungen im Spital.

Wie die Polizei mitteilte, hatte der Bub sich in der in der Wohnung seiner beiden Tanten, die ihn beaufsichtigen sollten, aufgehalten. Aufgrund eines Missverständnisses, wer auf den Einjährigen aufpassen solle, war dieser kurz alleine im Zimmer. Dabei kletterte er über ein Bett zu einem offenstehenden Fenster und stürzte in die Tiefe.

Neunter Fenstersturz eines Kindes

Der Kleine wurde nach der notfallmedizinischen Erstversorgung, bei der es gelungen war, seinen Zustand kurzfristig zu stabilisieren, in ein Spital gebracht, wo er seinen Verletzungen erlag. Die Familie wurde von der Akutbetreuung Wien und einem Kriseninterventionsteam versorgt. Das Landeskriminalamt übernahm die Ermittlungen, ob ein schuldhaftes Verhalten vorliegt. Nach einer ersten Einvernahme wurde vorerst auf weitere Befragungen verzichtet, sagte Polizeisprecherin Barbara Gass.

Der Vorfall ereignete sich in einem Wohnbau in Wien-Floridsdorf.

Laut dem Verein "Große schützen Kleine" handelte es sich um den neunten Fenstersturz eines Kindes in diesem Jahr – und es war der erste heuer, bei dem ein Todesopfer zu beklagen war. Dies entspricht in etwa der traurigen Statistik, wonach 14 Prozent dieser Unfälle letal enden.

Buben unter fünf am häufigsten betroffen

Peter Spitzer vom Forschungszentrum für Kinderunfälle des Vereins "Große schützen Kleine" warnt vor der Gefahr, die von Fenstern ausgeht. Er sagt: "Das typische Kind, das aus dem Fenster stürzt, ist laut langjähriger Betrachtung unter fünf Jahre alt (75 Prozent) und männlich (65 Prozent). Jeder zweite Fenstersturz geschieht demnach im zweiten und dritten Lebensjahr. Rund jeder sechste Fenstersturz endet tödlich. Entscheidend sind natürlich hauptsächlich die Fallhöhe und die Beschaffenheit der Aufprallstelle. Der Fenstersturz kommt vor allem bei Mehrparteienhäusern vor. Ab dem dritten Stock steigt die Todesrate signifikant an, ab dem vierten Stock ziehen sich 80 Prozent der Kinder tödliche Verletzungen zu."

Fensterstürze und allgemein Stürze aus der Höhe ereignen sich das ganze Jahr hindurch. Dennoch ist ein Höhepunkt in den Monaten Mai bis September feststellbar.

Vorsicht bei Fenstern geboten

Holger Till, Präsident von "Große schützen Kleine" und Vorstand der Grazer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, warnt: "Fenster üben auf Kinder eine große Faszination aus. Sind sie geöffnet, ist der Drang, die Welt da draußen zu entdecken, groß. Bei einem Kleinkind ist der Kopf im Verhältnis zum restlichen Körper doppelt so groß und schwer wie bei einem Erwachsenen. Es besteht also die große Gefahr, dass das Kind über alles, das niedriger als auf Nabelhöhe ist, leicht vornüberkippen kann." (APA, red, 26.7.2021)