Die Covid-Schutzimpfung soll nicht nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen verpflichtend sein, meint die Bioethikkommission.

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Die Debatte um die Impfpflicht geht weiter. Die Vorsitzende der Bioethikkommission, Christiane Druml, hat sich am Sonntag für die verpflichtende Impfung bestimmter Berufsgruppen ausgesprochen.

Die Juristin und Bioethikerin plädiert für eine derartige Pflicht nicht nur im gesamten Bildungs-, Pflege- und Gesundheitsbereich, zu dem sie auch Apotheker, 24-Stunden-Pfleger und Hebammen zählt. Auch in allen körpernahen Berufen wie Friseure, Masseure, Hand- und Fußkosmetik soll es eine Impfpflicht geben, wie Druml gegenüber der "Kleinen Zeitung" sagte.

"Jeder hat eine Verantwortung für Mitmenschen, daher sollten wir uns nicht nur selbst schützen, sondern auch andere Menschen", bekräftigte Druml ihren Vorschlag am Sonntag in der "Zeit im Bild". Es sollten so viele Menschen wie möglich geimpft werden – vor allem aber jene, die körpernah tätig sind oder die Verantwortung für Ungeimpfte wie Kinder tragen.

Empfehlung bisher nur für Gesundheits- und Pflegebereich

Geht es um die Frage, ob und für wen eine Impfpflicht gelten soll, müssen nicht nur die Risiken der Impfung mit jenen der Erkrankung abgewogen werden, sondern auch, ob sich Erkrankungen durch andere Mittel verhindern lassen. Die Bioethikkommission sprach sich bereits in einer Empfehlung aus dem November für eine Impflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal sowie ähnliche Berufsgruppen mit intensivem Körperkontakt zu Menschen aus.

"Hier ist das als letztes Mittel notwendig, weil die Gefahr für die eigene Gesundheit und die Gesundheit anderer in diesem Bereich besonders hoch ist", sagte etwa die Politikwissenschafterin Barbara Prainsack, die Mitglied der Bioethikkommission ist, in Bezug auf eine Impflicht für Angestellte in Krankenhäusern oder Pflegeheimen gegenüber dem STANDARD. Da es sich dabei um besonders körpernahe Tätigkeiten handle, gebe es keine andere Möglichkeit, vulnerable Personen in diesen Bereichen effektiv zu schützen.

Impfpflicht auf Landesebene bereits möglich

Im Epidemiegesetz ist die Möglichkeit einer Impflicht im Gesundheitswesen bereits verankert: Die zuständigen Gesundheitsbehörden können eine solche für Personen in der Krankenbehandlung, Krankenpflege oder Leichenbesorgung sowie für Hebammen anordnen – für die Covid-Impfung ist das im vollen Ausmaß bisher in keinem Bundesland geschehen.

Mehrere Bundesländer machen die Impfung aber für neu eintretende Arbeitskräfte im Gesundheitsbereich verpflichtend: In Wien gibt es eine Corona-Impfpflicht im Wiener Gesundheitsverbund und den Sozialeinrichtungen, in Niederösterreich ist ab September eine Corona-Schutzimpfung Voraussetzung für eine Aufnahme in die Landesgesundheitsagentur. Bei Neuaufnahmen zumindest bevorzugen will man Personen, die vollständig immunisiert sind, in der Steiermark und Kärnten.

Darüber hinaus soll eine Impfpflicht in Wien auch für neu angestellte Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen gelten, Niederösterreich denkt über eine Impfpflicht für den pädagogischen Bereich nach. In der Steiermark will man – so wie im Gesundheitswesen – auch im Bildungsbereich Immunisierte bei Neuanstellungen bevorzugen.

Für Druml wäre es wichtig, dass bundesweit einheitlich vorgegangen wird. "Die epidemiologische Lage ist österreichweit die gleiche", sagt sie. Laut den Verfassungsjuristen Heinz Mayer und Bernd-Christian Funk wäre eine bundesweite Impfpflicht für gewisse Berufsgruppen und auch darüber hinaus durchaus möglich, wie diese gegenüber der "ZiB" sagten.

Experten und Expertinnen fordern bundesweite Regelung

Die Regierung erteilte einer bundesweiten Impfpflicht am Sonntag jedoch erneut eine Absage. Es sei keine Gesetzänderung geplant, heißt es aus dem Büro von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hält in einer Stellungnahme gegenüber der der "ZiB" zwar fest, dass er dafür sei, dass Angestellte im Gesundheitswesen verpflichtend geimpft sein müssen. Die Träger könnten und sollten das aber selbst einfordern.

Dass die Entscheidung den Trägern überlassen wird, sehen Expertinnen und Experten kritisch: Das könnte in Fragen der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Einrichtungen problematisch sein, meinte Maria Kletečka-Pulker vom Institut für Ethik und Recht in der Medizin an der Uni Wien gegenüber dem STANDARD. "Da bräuchte es eine bundesweite Lösung", konkret eine Impfpflicht für Lehrende und in Gesundheitsberufen im ganzen Land.

Auch die Politikwissenschafterin Barbara Prainsack äußerte in dieser Hinsicht bereits Bedenken: Eine solche Regelung könnte zu einer Konkurrenzsituation führen, Gesundheitspersonal, das sich nicht impfen lassen will, könnte zu anderen Arbeitgebern abwandern. "Davon würde am Ende niemand profitieren." (ek, APA, 26.7.2021)