404 Don't ask why nennt sich das neue Lokal ...

Foto: Mato Johannik

... von Martin Ho.

Foto: Andy Urban

Es befindet sich im ehemaligen Novomatic-Gebäude gegenüber der Secession.

Foto: Andy Urban

Im ehemaligen Novomatic-Gebäude, gegenüber der Wiener Secession, hat die Dots-Gruppe ein neues Lokal und einen Art-Space im nun "Kleines Haus der Kunst" genannten Art-déco-Würfel eröffnet. Martin Ho, der Mann hinter der Dots-Gruppe, umgibt sich und seine Lokale gerne mit moderner Kunst. Das wirkt manchmal künstlich. Das Lokal nennt Ho 404 Don't ask why – und das machen wir auch.

Dort gibt es diverse Frühstücke, ganz ausgezeichnete Focaccie, Pizzen, zwei Pastagerichte, Salate und Steaks in großen Stücken. Alles wirkt sehr international, es sind die gängigen Must-serves der Blingblings, die sich so sehr ein Saint Tropez in Wien wünschten. Ein Trüffelhumidor, Kaviar und Masseto-Kisten gaukeln eine Liquidität beim Publikum vor, die vermutlich nur vom Wiener Geiz bei den Ausgaben fürs Essen übertroffen wird. Die Getränkekarte bietet erschwingliche wie auch teure Tropfen, bei den Speisen ist es ähnlich: Günstige Focaccia oder teurer Kaviar – hier wird ein breiter Spagat gespannt.

Trüffel, Käse und Fleisch

Das Carpaccio mit viel Sommertrüffel schmeckte wirklich gut, die reichlich darübergehobelte Sommertrüffel war jedoch erbärmlich geschmacklos und somit eigentlich obsolet. Immerhin haben sie nicht mit Trüffelöl nachgeholfen. Wirklich erfreulich: Das Carpaccio wurde nicht kalt aus dem Eiskasten gerissen, sondern war nur von einer leichten Kellerkühle durchzogen.

Die Focaccia Amalfitana, mit gelben Datterini-Paradeisern, Straciatella di Bufala, Zitronenzesten und Sardellen, war schlicht ein Traum: perfekt aufgegangene, heiße Focaccia, schöne Blasen, herrlicher Duft – dazu der kühle Belag ... ein perfektes Gericht. Carmine Cilento ist mit Recht der gefragteste Pizzaiolo der Stadt. Der Unterschied liegt im Olivenöl: Focacciateig wird mit sehr viel Olivenöl verknetet, während Pizzateig ohne dieses auskommt. Auch werden Focaccie recht dick in den Holzofen geschoben und erst nach dem Backen belegt.

Die Terrasse ist hübsch geworden. Man sitzt erhöht, aber noch höher ist die Schulterlinie der Rückwände, sodass man den Verkehr nicht sehen kann. Obwohl die Terrasse an der vielbefahrenen Kreuzung Friedrichstraße/Getreidemarkt/Wienzeile liegt, wird man vom Verkehr weder akustisch noch optisch gestört. Viel helles Holz, weiße Sonnensegel, fesches Geschirr, Turntables, Lichterketten – der Style scheint mehrheitsfähig.

Jetset in Wien

Mit dem 404 Don't ask why setzt Ho ein weiteres Rufzeichen in der Stadt. Man möchte meinen, er wäre getrieben, Wien ein bisserl mehr auf Jetset zu trimmen. 2005 legte er mit seinem ersten Restaurant in Wien die Initialzündung. Das experimentelle Sushirestaurant Dots habe sich nicht nur durch seine exzellente Küche, sondern auch durch die Kombination aus Design, Kunst und Food schnell nationale und internationale Glaubwürdigkeit erobert – so schreibt das die Dots-Gruppe über sich selbst. Fünf Restaurants, zwei Nachtclubs, eine Kunstgalerie, eine eigene Gin- und Wodkamarke, ein Lebensmittelstore und ein Boutiquehotel in der Wachau gehören mittlerweile zu dieser Gruppe. Ho sonnt sich gerne im Licht internationaler Superpromis, wie man der Website vom Dots im Sechsten entnehmen kann. Zwar sind die Namen vieler Prominenter falsch geschrieben, aber was sind schon Namen ...

Ho scheint geschickt darin zu sein, Leute auf seine Seite zu ziehen. Als Sebastian Kurz Integrationsstaatssekretär war, gehörte auch der aus Vietnam stammende Martin Ho zu seinen Vorzeige-Integrierten. Kurz zog damals unter anderen mit Ivica Vastić und Attila Doğudan von Schule zu Schule, um zu zeigen, wie erfolgreich Integration sein kann. Kurz steht trotzdem nicht auf Hos Promiliste. Wiewohl, wer damals bereits Hos Gastronomiekonzepte infrage stellte, bekam rasch einen Anruf vom Staatssekretär persönlich, dass man doch einem jungen Unternehmer eher helfen solle und ihn als Vorbild unterstützen möge. Nicht schlecht, wenn man einen aktuellen Kanzler als ehemaligen Lobbyisten hat. Womöglich greift dieser wieder zum Telefon, wenn man hinterfragt, wie sich die unter der Woche leeren Lokale bei dem immensen Investitionsvolumen und dem entsprechenden Aufwand denn tragen würden.

Eigene Produktion

Die Margen in der Gastronomie machen selten jemanden so reich, sich Häuser mit schicken Lokalen und internationaler Kunst vollstopfen zu können. Er könnte antworten, dass er halt ein kluges Konzept fährt und viele Produkte, die er in seinen Lokalen verarbeitet und verkauft, selbst produziert. Von seiner Plattform Ricemoney sind es Sake, Tequila, Wodka, Gin und Kaviar, aber auch seine gesamte Newman-Linie (Charcuterie, Eis) beliefert seine Betriebe. Und bezüglich der Kunst könnte er entgegnen, dass Kunst eine Investition sei und es sich auch rechnen könne, wenn man die richtige kaufe.

Neben der Niedertracht ist auch der Neid eine der urtypischen Eigenschaften der Wienerinnen und Wiener. Lässt man den aber einmal weg, so könnte man auch für ein paar fesche Lokale und eine lässige Atmosphäre mit guter Gastronomie ein wenig dankbar sein. (Gregor Fauma, 3.8.2021)