Neumayer will im Jahr 2022 zu den besten 500 Tennisspielern der Welt zählen. In Kitzbühel ist er einer von 28 Spielern im Hauptfeld.

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Antonitsch ist seit 2011 Turnierdirektor in Kitzbühel.

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Dabei sein ist für Lukas Neumayer schon alles. Während in Tokio große Teile der Tennis-Weltelite um olympische Medaillen spielen, feiert der Salzburger beim traditionsreichen Sandplatzturnier in Kitzbühel sein Debüt. Der 18-Jährige erhielt von Turnierdirektor Alexander Antonitsch eine Wildcard für die Qualifikation. Durch zwei Siege gelang ihm sensationell der Einzug ins Hauptfeld. Zunächst profitierte er von einer Aufgabe von Juan Ignacio Londero, es folgte ein Zweisatzerfolg über den bissigen und impulsiven Tschechen Lukas Rosol. Zum ersten Mal in seiner Karriere bestreitet Neumayer am Dienstag (live auf ServusTV) ein Profimatch auf ATP-Ebene.

Puffer erwünscht

"Das war der beste Tag in einer Qualifikation, seitdem ich Turnierdirektor bin", sagte Antonitsch dem STANDARD. 2.500 Zuschauer schauten Neumayer am Sonntag beim Siegen zu. "Die Leute genießen es, wieder einer Veranstaltung beiwohnen zu können."

Beschränkte Zuschauerzahlen sind Geschichte, der Drei-G-Nachweis werde streng kontrolliert, danach herrsche "ein Gefühl von Normalität" auf der Anlage des Kitzbüheler Tennisclubs. Alle Mitarbeiter und Freiwillige der Generali Open werden täglich getestet, auch geimpfte Personen.

Seit acht Jahren kämpft Antonitsch um einen früheren Termin. Das würde einen Puffer bringen: Von Kitzbühel reist die ATP-Tour üblicherweise weiter nach Nordamerika, wo Topspieler zu einem Antreten bei Masters-Hartplatzturnieren verpflichtet sind. Diesen Puffer gibt es in diesem Jahr, allerdings auch Olympia.

Antonitsch kennt das, auch 2012 und 2016 fanden parallel Olympische Spiele statt. "Heuer haben wir das beste Feld", sagt er. Antonitsch erwähnt etwa Casper Ruud, der heuer zu den zehn besten Spielern der Welt zählt. Der 22-Jährige gewann in Båstad, Genf und zuletzt in Gstaad. Carlos Alcaraz, der 18-jährige Spanier und Auftaktgegner des Tirolers Alexander Erler, gewann am Sonntag in Umag seinen Premierentitel.

"Es macht den Spielern bei uns mehr Spaß als in Tokio", sagt Antonitsch. Kitzbühel ist bekannt dafür, sich besonders um seine Stars zu kümmern. Roberto Bautista Agut, Nummer zwei des Turniers, reiste mit seiner Familie an. Zur Turniervorbereitung durfte er Lipizzaner reiten. Bautista Agut besitzt selbst acht Pferde, das wusste Antonitsch natürlich. Der Ticketverkauf läuft gut, für das Wochenende sind nur Resttickets zu haben.

Um die Jugend gebracht

Dass Neumayer am Wochenende noch im Turnier steht, wäre eine ähnlich große Überraschung wie eine österreichische Goldmedaille im Olympia-Straßenradrennen. In der Weltrangliste liegt Neumayer auf Platz 980, dennoch gilt er als vielversprechendster Jugendspieler des Landes. Junge Spieler wie er hätten an der Pandemie am meisten gelitten, sagt Antonitsch. Die Profitour sortierte sich recht rasch, trug wieder Turniere aus. Auf Jugendebene dauerte es deutlich länger. "Er ist um sein bestes Jugend-Jahr gebracht worden."

Gerald Kamitz, einst die Nummer 796 der Welt, musste aufgrund von Verletzungen früh seine Karriere beenden. Er gründete eine Tennisschule in Neumayers Heimatort Radstadt und ist seit zehn Jahren dessen Trainer. "Es gibt Potenzial in allen Schlägen", sagt Kamitz, als ihn der STANDARD auf Neumayers Schwächen anspricht. Er will sich vielmehr über Stärken unterhalten: "Lukas ist flexibel, ein richtiger Allround-Spieler, der sich auf den Gegner einstellt, wenn etwas nicht funktioniert." Neumayer habe ein großes Kämpferherz und beweise oft gutes Spielverständnis. "Mit der Vorhand kann er ein Match diktieren."

Zuletzt stieß auch Günter Bresnik zum Betreuerstab, längere Trainingsphasen finden im Tenniszentrum Südstadt statt, wo auch Konditionstrainer Florian Pernhaupt unterstützt. Kamitz will die Aufmerksamkeit auf Neumayers Aufschlag lenken, auch der Übergang ans Netz kann noch schneller und spritziger werden.

Neumayer stammt aus einer Sportfamilie: Seine Mutter war ÖSV-Kaderathletin, Großcousin Christopher ist Speed-Spezialist im Weltcup. Die 16-jährige Schwester Anna zählt zu Österreichs größten Nachwuchshoffnungen im Golf, sie strebt den Sprung auf ein College in den USA und eine Profikarriere an.

Im Alltag ist Neumayer laut Kamitz ein herzlicher und ruhiger junger Mann. Auf dem Platz verhält es sich etwas anders, dort zeigt er gerne Emotionen. Kamitz sagt einen Satz, der viele Leute an den eigenen Arbeitsplatz erinnert: "Hin und wieder jammert er, wenn es nicht läuft."

Nicht chancenlos

Dennis Novak, Österreichs aktuelle Nummer zwei, beginnt seinen siebten Auftritt in Kitzbühel gegen Gianluca Mager aus Italien. "Er ist bestimmt kein leichtes Los", sagte Novak, der eine Zielsetzung vorgab: "Das erste Viertelfinale muss her." Neumayer trifft auf den Spanier Mario Vilella Martinez an, die Nummer 167 der Welt. Antonitsch: "Er ist bei Weitem nicht chancenlos." Kamitz sieht eine "gute Möglichkeit für eine erste Runde. Sollte er die Leistungen aus der Qualifikation bestätigen, ist ein Sieg möglich."

Für den Spanier Jaume Munar ist bereits in der Auftaktrunde Endstation gewesen. Der als Nummer neun gesetzte Weltranglisten-67. unterlag dem Slowaken Jozef Kovalik am Montag nach fast zwei Stunden Spielzeit mit 4:6,4:6. (Lukas Zahrer, 26.7.2021)