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Ellen Müller-Preis, hier 1948 im Praterstadion, hatte bei ihrer Tante in Wien das Fechten gelernt. Sie holte einen Olympia- und vier WM-Titel.

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Herma Bauma, hier beim Weltrekordwurf 1948 im Wiener Stadion, war kurz davor Olympiasiegerin geworden.

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1980 setzte sich Elisabeth Theurer auf Mon Cherie bei den vom Westen großteils boykottierten Spielen in Moskau durch.

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2004 triumphierte Triathletin Kate Allen in Athen.

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Und dann, am Sonntag in Tokio, kam Anna Kiesenhofer.

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Die Reise führte mit der "MS Europa" von Bremerhaven nach New York, von dort ging es mit der Eisenbahn weiter gen Westen. Von dieser Reise, die sie 1932 tat, hat Ellen Müller-Preis laut Olaf Brockmann, Doyen der heimischen Olympia-Journalisten, oft erzählt. "Ein langer, ständig grinsender Neger war dort ständig um unser Wohlbefinden besorgt", blieb ihr demnach von der Zugfahrt nach Kalifornien in Erinnerung. Es wurden nicht nur andere Verkehrsmittel, sondern gewiss auch andere Worte gewählt als heutzutage.

Ellen Preis war als Tochter eines Steirers und einer Rheinländerin 1912 in Berlin zur Welt gekommen und dort aufgewachsen, mit 18 übersiedelte sie nach Wien, wo sie bei ihrer Tante Wilhelmine Werdnik im Union Fechtclub mit dem Florettfechten begann. Schon ein Jahr später war sie EM-Dritte und motiviert genug, die Olympischen Spiele in Los Angeles ins Auge zu fassen. Als Doppelstaatsbürgerin bewarb sie sich beim deutschen Verband, der sie anrennen ließ, woraufhin sie flugs Aufnahme ins österreichische Olympiateam fand.

Britische Fairness

Mag sein, es war eine besondere Genugtuung für Preis, dass sie in Los Angeles die Deutsche Helen Mayer mit 5:4 ausgestochen hat, im Finale setzte sie sich gegen die Britin Judy Guinness durch. Diese war zunächst zur Siegerin erklärt worden, gab aber selbst an, die Referees hätten fälschlicherweise zu ihren Gunsten entschieden, und sie hätte verloren. Die Jury folgte ihrer Darstellung und händigte der Österreicherin die Goldmedaille aus.

Müller-Preis blieb Wien und dem Fechten erhalten, sie wurde viermal Weltmeisterin und trat noch dreimal zu Olympia an. 1936 (Berlin) und 1948 (London) holte sie jeweils Bronze, 1956 (Melbourne) erreichte im Alter von 44 Jahren die Finalrunde. Sie war Professorin an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und lehrte am Reinhardt-Seminar und am Burgtheater historisches Fechten sowie Bühnenfechten. 2007 erlag Müller-Preis im Alter von 95 Jahren einem Nierenversagen, sie wurde am Wiener Zentralfriedhof bestattet.

Schon 1936 war die Speerwerferin Hermine Leopoldine "Herma" Bauma eine Teamkollegin der Fechterin gewesen. Von einer Ellbogenverletzung gehandicapt, wurde sie Vierte. Die Stunde der Wienerin sollte 1948 in London schlagen. Dabei war die Vorbereitung neuerlich suboptimal verlaufen, doch weder eine Mandeloperation noch eine Blutvergiftung konnten Bauma aus der Bahn werfen. Mit 45,57 Metern holte sie Österreichs ersten und bis dato einzigen Olympiatitel in der Leichtathletik. Sechs Wochen später warf sie in Wien Weltrekord (48,63), nach dem neunten Platz bei den Spielen 1952 in Helsinki trat sie zurück.

Nebenbei spielte Bauma Feldhandball, da holte sie 1949 mit Österreich WM-Silber. Sie wurde Beamtin, in ihren letzten Berufsjahren leitete sie das 1975 eröffnete Bundessportzentrum Südstadt. In der Wahl zu Österreichs "Sportlerin des Jahrhunderts" wurde sie Zweite hinter Annemarie Moser-Pröll. 2003 verstorben, ist Herma Bauma auf dem Südwestfriedhof begraben.

Lange Pause

Bis zur dritten Olympia-Goldenen einer Österreicherin sollte es dauern. Schließlich hatte Elisabeth Theurer 1956, als Ellen Müller-Preis ihre letzten Spiele bestritt und Bauma schon nicht mehr sportelte, gerade erst das Licht der Welt erblickt. Die Tochter eines Unternehmers begann mit zehn Jahren zu reiten, spezialisierte sich auf die Dressur, holte 1978 ihren ersten Meistertitel, im Jahr darauf wurde sie Europameisterin, und 1980 fuhr sie zu den Spielen nach Moskau.

Für den Boykott des Westens konnte sie nichts, so oder so sahen nicht wenige Konkurrenten den Erfolg der Österreicherin, die vor zwei Russen gewonnen hatte, als relativiert an. Max-Theurer, die ihren Reitlehrer Hans Max geheiratet hatte, wurde 1984 Olympia-Elfte und -nach Babypausen – 1992 Olympia-Achte. 1994 trat sie zurück, sie führt auf Schloss Achleiten in Kematen an der Krems ein Gestüt, ist Präsidentin des Pferdesportverbands und Vizepräsidentin des ÖOC.

Toller Endspurt

Nicht wenige haben, wenn sie an Athen 2004 zurückdenken, die Stimme von ORF-Kommentator Christopher D. Ryan im Ohr. Sie überschlug sich angesichts des Endspurts der Triathletin Kate Allen, die bis knapp vor dem Ziel so gut wie nie im TV-Bild gewesen war. Allens Erfolg wurde insofern von einer Aufregung begleitet, als dem IOC erst nachträglich verklickern werden musste, dass Allen die Genehmigung hatte, ein Asthmamittel einzunehmen. Fünf Jahre zuvor hatte die gebürtige Australierin in Kitzbühel einen Tiroler Triathleten kennengelernt, 1999 hatten sie geheiratet, mittlerweile haben sie einen zehnjährigen Sohn.

Vielen gilt Kate Allens Triumph in Athen als größte Sensation der heimischen Olympiahistorie, die übrigens auch 16 quasi männliche Goldmedaillen zu bieten hat. Oder er galt es ihnen bis Sonntag. Dann kam Anna Kiesenhofer. (Fritz Neumann, 26.7.2021)