Kanzler Kurz am 1. Juli vor dem U-Ausschuss.

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Wien – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird im Zuge der Ermittlungen gegen ihn wegen mutmaßlicher Falschaussage im U-Ausschuss von einem Richter oder einer Richterin befragt werden und nicht von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Das Justizministerium bestätigte am Montag einen Onlinebericht der "Presse". Demnach hat das Justizministerium Montagabend eine entsprechende Weisung erteilt, die dem Wunsch von Kurz' Rechtsvertreter entspricht.

Laut "Presse" wurde die Ladung zur Zeugenvernehmung Ende Juni zugestellt, von ÖVP-Anwalt Werner Suppan aber wegen Rechtsverletzung beeinsprucht. Die Ladung sei unter Androhung von Zwangsmaßnahmen erfolgt, der Kanzler sei weiters in seinen subjektiven Rechten verletzt worden, weil eine gerichtliche Beweisaufnahme seitens der Staatsanwaltschaft gar nicht erst beantragt wurde. Das Justizministerium beendete nun per Weisung die Diskussion. Wann die Beschuldigteneinvernahme stattfindet, ist noch unklar.

"Besondere Persönlichkeit"

Die WKStA ermittelt nach einer Anzeige gegen Kurz wegen des Verdachts, den Ibiza-Untersuchungsausschuss in mehreren Punkten falsch informiert zu haben. Im Kern geht es dabei um die Frage, wie intensiv Kurz unter Türkis-Blau in die Reform der Staatsholding Öbag involviert war. Bei seiner Befragung im Ausschuss hatte der Kanzler seine Rolle bei der Auswahl des Aufsichtsrats sowie bei der Bestellung des umstrittenen Ex-Öbag-Chefs Thomas Schmid heruntergespielt und sinngemäß von normalen Vorgängen gesprochen. Später aufgetauchte Chatprotokolle legen allerdings eine enge Abstimmung zwischen Schmid und Kurz nahe.

ÖVP-Anwalt Suppan hatte gefordert, dass die Befragung des Bundeskanzlers nicht durch die Staatsanwaltschaft erfolgen soll, sondern durch einen Richter oder eine Richterin. Als Grund nannte Suppan, dass es "um einen besonderen Fall und eine besondere Persönlichkeit geht". Sowohl Kurz selbst als auch die ÖVP hatten die WKStA in der Vergangenheit wiederholt attackiert und ihr vorgeworfen, parteipolitisch zu agieren. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) stellte sich dagegen hinter die Ermittler, die Staatsanwaltschaft selbst beklagte politisches Störfeuer gegen ihre Ermittlungen.

Anklageerhebung für Kurz kein Rücktrittsgrund

Die Strafprozessordnung (Paragraf 101, Absatz 2) sieht vor, dass die Staatsanwaltschaft eine gerichtliche Beweisaufnahme beantragt, "wenn an einer solchen wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat und der Person des Tatverdächtigen ein besonderes öffentliches Interesse besteht". Allerdings müssen dafür beide Bedingungen erfüllt sein. Ein prominenter Beschuldigter reicht dafür also nicht aus, auch die Bedeutung der aufzuklärenden Straftat (in diesem Fall eine Falschaussage) muss in Betracht gezogen werden.

Zuletzt hatte Kurz gemeint, auch bei einer Anklageerhebung gegen ihn nicht zurücktreten. "Ja, selbstverständlich", antwortete Kurz in einem Interview mit "Bild live" auf die Frage, ob ein Angeklagter Bundeskanzler sein könne. SPÖ, FPÖ und Neos übten scharfe Kritik. (APA, 26.7.2021)