Sie klingen anders als der gewohnte Radiosender, und zwar weitgehend unabhängig davon, was sonst so gehört wird – der Nachrichtensender, der Unterhaltungskanal, der mit klassischen Klängen oder jener mit Mainstream-Popmusik und viel Werbeeinschaltungen dazwischen. Freie Radios senden völlig andere Musikklänge und sind gänzlich werbefrei. Dafür berichten sie auch über Konzerte, Lesungen oder andere Angebote, deren Veranstalter sich keine teuren Werbeeinschaltungen in anderen Medien leisten können, die aber dennoch attraktiv und von Interesse sein können. Sie bedienen nicht die Hitparaden, dafür eine breite Vielfalt der Geschmäcker.

Eine ihrer wichtigsten Besonderheiten besteht aber darin, dass sie offene Kanäle sind, weil ihre Türen all jenen offen stehen, die gerne selbst Radio machen wollen – wer will, kann nach entsprechender Einschulung selbst auf Sendung gehen und Radio machen. Was dann zu hören ist, klingt freilich anders als der professionelle Moderationston aus den meistgehörten Radios – da plaudern Menschen lange miteinander, erzählen Geschichten, die das Leben schreibt, berichten aus ihrem Alltagsleben oder diskutieren Themen, die sie gerade interessieren.

Mehr als ein Dutzend freie Radios gibt es in Österreich.
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Brückenbauerfunktion

Freie Radios sind vielsprachig – und das gleich in mehrerlei Hinsicht: Sie senden in den verschiedensten Sprachen, die in Österreich gesprochen werden, von Mehrheiten wie Minderheiten, sie geben denen eine Stimme, die sonst nur selten gehört werden, und bauen Brücken zwischen unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und sozialen Gruppierungen.

Eines von ihnen wurde jüngst für die jahrelange Arbeit ausgezeichnet, nämlich Radio Agora, das seit 1998 in Kärnten (und inzwischen auch in Teilen der Steiermark) in den beiden Landessprachen Deutsch und Slowenisch sendet. Der Vinzenz-Rizzi-Preis wurde "für zukunftsweisende Initiativen auf dem Gebiet der interkulturellen Verständigung" zuerkannt.

Anzuerkennen ist aber auch der Beitrag, den Radio Agora – wie auch andere freie Radios – zur medialen Gerechtigkeit leistet. Sie erfüllen eine Partizipationsfunktion (indem sie den Zugang zum Radio öffnen) und zugleich eine Medienbildungsfunktion (indem Personen geschult werden, um auf Sendung gehen zu können). Sie tragen zu Meinungsvielfalt vor dem Hintergrund wachsender Medienkonzentration bei und unterstützen ein gleichberechtigteres Vorkommen all der Sprachen, die hierzulande gesprochen werden.

Jederzeit reinhören

Nicht allen gefällt, was zu hören ist, wenn man die Sender aufdreht – manche mag es gar verstören. Es muss auch nicht gefallen – es kann aber gelegentlich interessieren. Nicht immer können alle verstehen, was in unterschiedlichen Fremdsprachen gerade gesprochen wird – aber man kann verstehen, dass es sich für eine Stunde lang nach Heimat anfühlen könnte, in der Fremde die eigene Sprache zu hören. Nicht überall in Österreich sind alle Sender im Radio zu empfangen, aber dafür gibt es ja Streaming-Angebote aller Art. Wer will, kann also jederzeit reinhören, weiterhören, wegschalten oder selbst on air gehen. (Larissa Krainer, 29.7.2021)