Viele Covid-19-Genesene berichten über Konzentrationsprobleme und Wortfindungsstörungen.

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Schon früh legten Fallberichte aus Wuhan in China, wo das Virus im Winter 2019 erstmals aufgetreten war, nahe, dass es sich bei einer Covid-19-Infektion um keine reine Lungenerkrankung handelt. In Wuhan litten erste Patientinnen und Patienten neben Atemnot beispielsweise auch unter Kopfschmerzen und Verwirrtheit.

Inzwischen haben mehrere Studien einen Zusammenhang zwischen neurologischen Erkrankungen und einer Covid-19-Infektion untersucht. Eine aktuelle Untersuchung liefert nun weitere Hinweise darauf, dass eine Corona-Erkrankung zu kognitiven Defiziten führen kann.

In Großbritannien werteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Daten von rund 81.000 Menschen aus, deren kognitive Fähigkeiten im Rahmen des "Great British Intelligence Test" zwischen Januar und Dezember 2020 erhoben worden waren. Fast 13.000 der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten zum Zeitpunkt der Teilnahme eine Corona-Erkrankung durchgemacht. Im Vergleich zur Nichterkrankten schnitten sie bei den Intelligenztests schlechter ab.

Auch Erkrankte mit milden Verläufen zeigten Defizite

Vor allem in den Bereichen des logisches Denkens, Planens und Problemlösens stellten die Forscherinnen und Forscher bei Corona-Genesenen Defizite fest. Außerdem zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Schwere der Erkrankung und dem Ausmaß der Leistungsstörungen.

Am größten waren die Defizite bei Corona-Genesenen, die künstlich beatmet werden mussten. Sie schnitten bei den Tests schlechter ab als etwa Schlaganfallpatientinnen und -patienten. Doch auch bei Erkrankten, die nur milde Symptome zeigten und deren Infektion biologisch nachgewiesen wurde, war die Leistungsfähigkeit geringer als in der Vergleichsgruppe.

Ein Grund für die beobachteten Defizite könnten Spätfolgen der Infektion, wie eine erhöhte Körpertemperatur oder Atemwegsprobleme sein, heißt es in der Studie, die im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlicht wurde. Ohne bildgebende medizinische Untersuchungen, wie etwa Hirnscans, sei es aber nicht zulässig, auf die biologischen Ursachen hinter den kognitiven Defiziten zu schließen, schreiben die Wissenschafterinnen und Wissenschafter.

Ihre Ergebnisse decken sich mit früheren Untersuchungen, in denen Long-Covid-Patientinnen und -Patienten einen sogenannten "Gehirnnebel" beschreiben, der sich in Konzentrationsproblemen und Wortfindungsstörungen zeigt. Die Studie hat jedoch Limitationen.

Begrenzte Aussagekraft

Erstens beruhen die Daten zur Erkrankung auf Angaben der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Zweitens absolvierten nur 275 Personen den Test sowohl vor als auch nach der Infektion. Das mindert die Aussagekraft darüber, ob die Corona-Infektion Grund für die festgestellten kognitiven Defizite war oder diese bereits vor der Erkrankung bestanden.

Um den Leistungsabfall zu messen, versuchten die Forscherinnen und Forscher anhand eines Modells die zu erwartende Testperformance zu errechnen. Dafür wurden Variablen wie etwa Alter, Geschlecht, Einkommen und beruflicher Status miteinbezogen. Aufgrund der großen Anzahl und diversen Zusammensetzung der Probandinnen und Probanden könne man dadurch die Möglichkeit, dass die Defizite bereits vor der Infektion bestanden haben, annähernd ausschließen, schreiben die Wissenschafterinnen und Wissenschafter.

Um die negativen Auswirkungen einer Corona-Infektion weiter zu bestätigen und die biologischen Ursachen hinter den Beeinträchtigungen zu identifizieren, brauche es jedoch Langzeiterhebungen und weitere Untersuchungen. Die Ergebnisse ihrer Studie sollten dafür einen "Weckruf" darstellen. (ek, 28.7.2021)