Vor etwa einem Jahr wagte ich meine ersten Schritte in den 3D-Druck. Die frühen Experimente forderten ihre Opfer, unter anderem in Form kopfloser Eulen und anderer Fehldrucke. Doch der Zeitaufwand hat sich gelohnt, und das Konstruieren und Drucken von Gegenständen aller Art ist nun eine von mir liebgewonnene Freizeitbeschäftigung geworden.

Doch der erste Drucker, ein Anycubic i3 Mega S, hatte so seine Tücken. Das vorinstallierte Druckbett, eine beschichtete Glasplatte, neigte zu Beschädigungen, die Begradigung des Druckbetts musste mit sehr gutem Augenmaß oder Wasserwaage manuell vorgenommen werden. Und auch Lautstärke und Vibration sorgten für kleinere Ärgernisse.

Damit ließ sich aber umgehen. Auf die Glasplatte wurde ein magnetisch befestigtes, abnehmbares Druckbett montiert. Dank Custom Firmware ließ sich zumindest manuelles Mesh Bed Leveling ausführen, damit der Drucker etwaige Schieflagen kompensieren kann; und eine Veränderung des Standorts plus Zusatz von Gummistandfüßen reduzierte zumindest das Lärm- und Vibrationsproblem, das durch die ursprüngliche Platzierung auf einem Laserdrucker freilich auch zum Teil selbstverschuldet war.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Mit dem Vyper hat Anycubic seit kurzem ein neues Gerät im Angebot, das sich spezifisch an die Zielgruppe "Einsteiger" richtet und dabei trotz seines Preises von 300 bis 350 Euro viele Annehmlichkeiten bieten soll, die unter anderem die erwähnten Defizite des i3 Mega S ausgleichen. DER STANDARD hat den Vyper getestet.

Wichtige Hinweise: Der Artikel bezieht sich auf einen Testzeitraum von etwa fünf Wochen. Da ich mich nach wie vor als einen Neuling im Metier des 3D-Drucks verstehe, wird im Text zusätzlich auch auf die Rezensionen von Toms Hardware und Techradar Bezug genommen. Ein sehr ausführlicher Test findet sich zudem auch auf der Seite 3D Print Beginner.

Grundlegendes

Zuerst zu den Basics: Der Anycubic Vyper ist ein FDM-Drucker, trägt also geschmolzenes Filament schichtweise auf und lässt so langsam das fertige Modell entstehen. Der Zusammenbau ist einfach. Der Rahmen mit dem Druckkopf, dessen Schiene nunmehr auf beiden Seiten von einer Schraube nach oben und unten geführt wird, wird an die Basis angeschraubt. Dabei zu beachten ist lediglich, dass man das nicht seitenverkehrt tut (yes, this happened), was sich vermeiden lässt, indem man einen Blick auf die Verpackung wirft. Anschließend müssen noch ein paar Konnektoren verbunden, Halterung und Touchscreen montiert werden, und das Gerät ist nach dem Anschluss an den Strom grundsätzlich startklar. Achtung: Mit Maßen von 508 mm x 457 mm x 516 mm ist der Vyper nicht gerade ein kleines Gerät.

Das notwendige Werkzeug liegt bei, ebenso auch ein wenig weißes PLA, dessen Dicke sehr unregelmäßig wirkt, weswegen sich empfiehlt, gleich eine Rolle eigenen Druckmaterials von brauchbarer Qualität bereitzuhalten.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Viele Verbesserungen

Die ersten beiden Verbesserungen im Vergleich mit dem "Vorgänger" fallen schnell ins Auge. Die Basis verfügt über eine integrierte Lade, in der sich das mitgelieferte Werkzeug und Ersatzteile unterbringen lassen. Viel wichtiger aber: Das mitgelieferte Druckbett ist nun aus beschichtetem Metall, grob texturiert und magnetisch befestigt, ergo abnehmbar. Dazu ist es auch bis zu einem gewissen Grad biegsam, was es leichter macht, stark haftende Druckstücke sauber zu lösen.

Druckt man PLA mit 200 Grad und einem Vorwärmen des Druckbetts auf 60 Grad, so halten Modelle während des Drucks fast immer sehr fest, lassen sich nach dem Abkühlen aber mühelos und restefrei abnehmen. Es eignet sich laut Toms Hardware insbesondere auch sehr gut für das Drucken besonders großer Objekte. Freilich können auch andere, magnetisch haftende Druckbetten nach Belieben genutzt werden.

Die für Drucke zur Verfügung stehende Fläche ist auf 245 x 245 x 260 Millimeter gewachsen, was gerade für einen Einstiegsdrucker sehr viel ist. Der offenkundige Vorteil ist, dass sich damit nicht nur größere Modelle umsetzen lassen, sondern auch mehr Kopien eines kleinen Objekts auf einmal erstellt werden können. Es empfiehlt sich jedoch, das Areal im Slicer um ein bis zwei Zentimeter einzuschränken. Das Kabel, das den Druckkopf mit der Platine verbindet, hat die lästige Angewohnheit, gelegentlich über den Rand zu geraten, wenn das Druckbett weit nach hinten, also die Y-Achse entlang, fährt. Alternativ ist das Problem vermutlich auch lösbar, in dem man den problematisch "gebogenen" Teil des Kabels mit einer elastischen Befestigung etwas nach hinten "zwingt".

Foto: DER STANDARD/Pichler

Es gibt einen Extruder, der das Filament mit zwei Zahnrädern einer 0,4mm-Düse zuführt, die auf maximal 260 Grad erhitzt werden kann. Als Maximum für das Druckbett werden 110 Grad genannt. Die feinste Druckauflösung (Layerhöhe) wird mit einer Abweichung von +/- 0,1 Millimeter angegeben, womit sich eine "sichere" Layerhöhe von 0,2 Millimeter ergibt. Tatsächlich kann der Drucker sogar noch ein wenig feiner arbeiten, dazu aber später mehr. Gedruckt werden kann mit einer Geschwindigkeit von bis zu 180 mm/s, wobei Anycubic maximal 80 bis 100 mm/s empfiehlt. Darüber hinaus sollten wirklich nur "Skizzen" gedruckt werden, bei denen hohe Genauigkeit oder gute Ästhetik keine Rolle spielen.

Der laufende Stromverbrauch beträgt maximal 350 Watt. Mit Aufträgen füttern lässt sich der Vyper wahlweise per USB oder mit einer SD-Karte. Eine Speicherkarte, die ein Druckprofil für die Slicer-Software Cura sowie ein Testmodell für den Druck (einmal mehr das schon beim i3 aufgespielte Eulenpärchen) enthält, liegt bei. Auch andere Slicer sollten aber mit diesem Drucker umgehen können.

Endlich Autoleveling

Neue gibt es auch in Sachen Software. Die Menüführung wurde überarbeitet und erscheint nun subjektiv eine Spur einfacher. Dazu ist der verwendete Touchscreen reaktionsfreudiger und größer. Es findet sich die übliche Optionsauswahl zur Bewegung des Druckkopfs, Vorheizen von Bett und Düse, Zufuhr bzw. Entfernung von Filament oder das Ein- und Ausschalten des ebenfalls neuen LED-Lichts auf der Unterseite des Druckkopfs.

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Der wohl mit Abstand wichtigste Zusatz ist aber das automatische Leveling. Beim Vyper muss man nicht mehr an Stellschrauben drehen, um das Druckbett möglichst eben zu bekommen. Es rastet nun auf nicht verstellbaren Stützen, und per Knopfdruck vermisst der Drucker eigenständig per Sensor die Idealabstände zur Unterlage an 16 Punkten. Anhand dieses "Gitters" kann er während des Druckes etwaige Unebenheiten kompensieren. Das spart dem Nutzer nicht nur einiges an Zeit, sondern eliminiert auch menschliche Ungenauigkeit bei diesem Einstellungsprozess.

Komplizierter geworden ist dafür der Prozess für das Upgraden der Firmware bzw. das Einspielen einer angepassten Betriebssoftware. Reichte es vormals, den Drucker über den Slicer mit einer passenden .hex-Datei zu füttern, muss die Software nun auf eine leere SD-Karte gespeichert und der Drucker dann nach dem Einlegen selbiger neu gestartet werden. Die Firmware des Touchscreens muss separat aktualisiert werden. Der Prozess ist derselbe, genutzt wird jedoch ein microSD-Einschub am Displaymodul – eine dafür passende Speicherkarte ist jedoch nicht im Lieferumfang enthalten.

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Das Hotend, das für die möglichst gleichmäßige Schmelzung des Filaments zuständig ist, ist eine Sonderanfertigung, die für maximale Luftzufuhr ausgelegt ist, schreibt Tom’s Hardware. Gleich drei Ventilatoren verhindern unter anderem, dass zu viel Wärme in den Zufuhrschlauch aufsteigt und das Filament vorzeitig deformiert, was die Druckqualität beeinträchtigen kann.

Obwohl es mehr Lüfter gibt, ist der Vyper im Betrieb merkbar leiser als der i3 Mega S. Auch die Vibrationsentwicklung erscheint "ab Werk" deutlich geringer. Ein Grund dafür sind auch die dicken vorinstallierten Gummifüße, die Dämpfung bieten und dem Drucker gute Haftung bescheren.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Wenig brauchbares Startprofil

Einmal startklar und gelevelt, besteht die größte Herausforderung darin, die passenden Druckeinstellungen herauszufinden. Denn die Ergebnisse mit dem mitgelieferten Cura-Profil sind kaum besser als jene, die auch der i3 liefern kann, obwohl der Vyper eigentlich zu mehr imstande sein sollte. Dass diese Voreinstellungen nicht unbedingt optimal sind, merkt man auch bei Techradar an.

Nach einigem Herumprobieren mit eigenen Varianten landete ich schließlich vor kurzem bei den Instruktionen des deutschen Tech-Youtubers Mauricio Nucaro, vulgo Mpox, der diese auch als Cura-Profil gegen freiwillige Spende zum Download anbietet. Diese eigenen sich hervorragend für Druckstücke mit höheren Ansprüchen an Genauigkeit und Ästhetik. Zudem zeigen sie, dass der Vyper auch eine Druckauflösung von 0,16 Millimetern gut bewerkstelligt.

Zur Erprobung dieses Druckprofils und der Geschwindigkeit mit diesen Einstellungen wurden fünf Paare aus Schrauben mit Zwei-Zentimeter-Gewinde und Köpfen mit rundlicher Form und "Knurling"-Textur plus passenden Muttern gedruckt. Obwohl diese Objekte aufgrund ihres Überhangs und feinen Strukturen eine ziemlich Herausforderung sind, spuckte der Drucker sie in beachtlicher Qualität aus. Feststellbar war minimales "Stringing" (Fädenziehen).

Foto: DER STANDARD/Pichler

Vier der fünf Paare ließen sich problemlos verschrauben. Nur bei einem musste mit minimalem Krafteinsatz gearbeitet werden, weil beim Druck größere Unregelmäßigkeiten entlang der "Naht" (wo die Filamentlinien beim Drucken einer geschlossenen geometrischen Form in sich abschließt) des Gewindes entstanden waren. Ein insgesamt sehr gutes Ergebnis.

Die Resultate mit vorhergehenden Druckstücken wurden durch das Feilen an den Einstellungen ebenso graduell besser, erreichten aber nicht ganz die Qualität, die mit dem Mpox-Profil erzielt wurde.

Cura verschätzt sich

Der Druck der Schrauben und Muttern dauerte elf Stunden und 20 Minuten bei einer Geschwindigkeit von 60 mm/s für normale Layer und 10 Prozent Infill. Das liegt deutlich (etwa 32 Prozent) über der errechneten Zeitprognose von Cura, die 8:37 Stunden betrug. Generell gilt, dass die Schätzungen des Slicer-Tools zu optimistisch ausfallen.

Hier gilt die Faustregel: Je aufwendiger die Voreinstellungen und je umfangreicher der Druckauftrag, desto größer der Abstand sowohl relativ wie absolut. Bei sehr kleinen, einfachen Objekten, die in 15 bis 30 Minuten gedruckt werden können, beträgt die Abweichung beispielsweise selten mehr als ein bis zwei Minuten.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Fazit

Der Anycubic Vyper ist ein einsteigerfreundliches Gerät, das mit seiner Ausstattung schon auf dem Papier zum Preis von 300 bis 350 Euro ein gutes Angebot legt. Gegenüber seinem inoffiziellen Vorgänger, dem i3 Mega S, der einst zu diesem Preispunkt verkauft wurde, bietet er eine Reihe wichtiger Verbesserungen – insbesondere die Nutzung von zwei Schrauben für die Stabilisierung und Bewegung des Druckkopfs sowie das automatische Leveling des Druckbetts.

In der Praxis überzeugt er darüber hinaus mit absolut herzeigbaren Druckergebnissen, auch wenn man dafür erst mit den Voreinstellungen experimentieren oder gleich ein fertiges Alternativprofil laden sollte. Dass der empfohlene Slicer Cura mit den Druckzeitprognosen teils deutlich daneben liegt, ist ein verschmerzbares Manko. Speziell geeignet ist der Drucker für Maker, die gerne viel Platz haben, um große Objekte oder viele auf einmal zu erstellen. (Georg Pichler, 1.8.2021)