In Österreich wird so viel gebaut wie nie zuvor. Das hat die Preise aber bisher nicht stagnieren oder gar sinken lassen.

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Bei den Zinsen dürfte sich erst 2025 etwas bewegen, die Corona-Pandemie sorgte dafür, dass sich viele Menschen beim Wohnen neu orientiert haben, und Investoren sind weiter sehr an Immobilien interessiert: "Die Preisrallye am Immobilienmarkt wird noch weitergehen", so lautete deshalb das Resümee aus einem Pressegespräch von Raiffeisen Research und der Raiffeisen Bausparkasse am Mittwoch.

"Leistbarkeit im Sinkflug"

Genau genommen setzen sich die Preisanstiege nicht nur ungemindert fort, sondern verstärkten sich zu Beginn des Jahres 2021 sogar noch, das zeigen aktuelle Zahlen der Nationalbank: Im ersten Quartal gab es Verteuerungen von rund vier Prozent gegenüber dem Vorquartal, in Wien allerdings nicht ganz so stark wie im restlichen Österreich. Denn das schon sehr hohe Preisniveau in der Bundeshauptstadt beziehungsweise die schrumpfende Leistbarkeit dämpfe dort nun schon spürbar das Preispotenzial, sagte Caspar Engelen von Raiffeisen Research. "Die Leistbarkeit ist im Sinkflug", sagte Engelen.

Das Investoreninteresse sei allerdings trotz sinkender Renditen nach wie vor sehr groß, die Preisrallye werde sich deshalb jedenfalls noch fortsetzen. Dies, obwohl die nun schon 15 Jahre lang anhaltende Hausse bei den Immobilienpreisen historisch schon ein extremer Ausreißer ist. Nur in Belgien und den Niederlanden dauert die Preisrallye nun schon länger als in Österreich, mit allerdings auch mindestens doppelt so hohen (realen, also inflationsbereinigten) Verteuerungen. Für Österreich weist Raiffeisen Research einen realen Preisanstieg von 75 Prozent für diesen 15-jährigen Zeitraum aus.

Abgeber hoffen auf weiter steigende Preise

Was den Aufwärtstrend bei den Preisen ebenfalls noch weiter beschleunigen dürfte, sind die Baukosten, die bekanntlich in den vergangenen Monaten extrem angezogen haben, sowie die Tatsache, dass sich potenzielle Abgeber von Bestandswohnungen nach wie vor sehr zurückhalten – in der Erwartung weiter steigender Preise. "Es besteht also eine angebotsseitige Knappheit, bei gleichzeitig nachfrageseitiger Hochphase", so Engelen.

Die fundamentalen Daten würden also auf weitere Preisanstiege hinweisen. Allerdings drohe bei der Wohnungsproduktion langsam ein Überangebot, "besonders dann, wenn die starke Nachfrage nachlässt". Bekanntlich wird derzeit in Österreich so viel gebaut wie nie zuvor.

Corona hat aber auch zu einer gestiegenen Nachfrage nach Außenflächen und Häusern im Grünen geführt, was man bei Raiffeisen Research mithilfe einer errechneten "Balkonprämie" untermauerte: Der Aufschlag für eine Freifläche habe sich im Jahr 2020 gegenüber 2019 um rund zehn Prozent erhöht, erklärte Engelen. "Das kann natürlich einerseits bedeuten, dass die Außenflächen größer wurden, andererseits aber auch, dass mehr dafür bezahlt wurde."

Finanzierungen stark gefragt

Hans-Christian Vallant, Geschäftsführer der Raiffeisen Bausparkasse, berichtete, dass das Jahr 2020 mit einer Finanzierungsleistung von 1,5 Milliarden Euro das in dieser Hinsicht beste Jahr der heuer bereits 60-jährigen Firmengeschichte war. "Die Pandemie brachte der Wohnbaufinanzierung einen enormen Schub."

2021 hatte man dann etwas ruhiger erwartet – "dem ist aber nicht so", sagte Vallant. Im ersten Halbjahr habe man schon ein Bruttofinanzierungsvolumen von mehr als 800 Millionen Euro erzielt, derzeit liege man schon bei mehr als 900 Millionen. "Wenn das so weitergeht, wird 2021 nochmals ein Rekordjahr."

Mehr Sanierungen notwendig

Der Großteil der Finanzierungen fließe in den Neubau, auch wenn die Finanzierungen für Um- und Zubauten beziehungsweise Renovierungen stark angezogen hätten. Im Neubau wird bekanntlich sehr viel Boden verbraucht, die stärkere Förderung von Sanierungen und Revitalisierungen, wie das die Bundesregierung nun in die Wege geleitet hat, sei deshalb "ein richtiger Schritt für die Zukunft".

Es gebe nämlich ein gewaltiges Sanierungspotenzial: "Knapp 80 Prozent der Bestandsobjekte wurden vor dem Jahr 2000 errichtet, sind bis zur Hälfte des Jahrhunderts somit mindestens 50 Jahre alt, viele davon noch deutlich älter." Hier sollten noch weiter Fördermodelle entwickelt werden. (Martin Putschögl, 28.7.2021)