Die Welt von Mittelerde und insbesondere die in Der Herr der Ringe von J. R. R. Tolkien erzählten Abenteuer dürften eine der lukrativsten Lizenzen der jüngeren Vergangenheit sein. Seit die Filmtrilogie unter der Regie von Peter Jackson das Interesse an dem Szenario so richtig entfacht hat, sind zahlreiche künstlerische Werke dazu erschienen.

Auch an Videospielumsetzungen mangelt es nicht. Noch heute abenteuern zahlreiche Spieler im MMO Lord of the Rings Online, das heuer die nächste große Erweiterung bekommen soll. In Entwicklung befindet sich außerdem das Game Gollum, das sich ganz den Erlebnissen des tragischen, langjährigen Ringträgers gleichen Namens widmet.

Aber auch so manches Spiel aus den letzten Jahren konnte die Herzen der Gamer erobern, etwa das Action-Abenteuer Shadow of Mordor. Auf viel Gegenliebe stieß aber auch die Echtzeitstrategie-Adaption Battle for Middle-earth – insbesondere der zweite Teil, der unter dem Dach von Electronic Arts 2006 auf den Markt kam. Dank fleißiger Fans soll er in Zukunft als Remake, Battle for Middle-earth Reforged, in neuem Glanz erstrahlen und damit trotz der schwierigen Rechtslage erhalten bleiben.

BFME REFORGED

Original nur noch schwer zu bekommen

2002 hatte sich Electronic Arts erstmals die Rechte geholt, um Spiele basierend auf den Kinofilmen – beginnend mit The Two Towers – umzusetzen. 2005 sicherte man sich dann die Lizenz, um auch die literarische Vorlage von Tolkien verwerten zu dürfen. 2009 wanderten die Rechte jedoch an die Videospielabteilung von Warner Bros.

Das hat zu einem veritablen Zugangsproblem geführt. Wer EAs Herr der Ringe-Games kaufen möchte, muss aktuell gebraucht die verpackte Retail-Version oder einen noch nicht genutzten Key erstehen. Denn weder auf Steam noch auf EAs eigener Plattform Origin sind die Spiele zu finden. Und selbst wer sie besitzt, kann sie nicht mehr in vollem Umfang spielen. Der Online-Multiplayer-Modus funktioniert schon seit Jahren nicht mehr, da EA die dazu genutzten Server 2011 bzw. 2012 abschaltete. In diesem Sinne ist Battle for Middle-earth Reforged also auch ein Erhaltungsprojekt.

Und dieses hat seit seiner Entstehung vor drei Jahren durchaus vorzeigbare Fortschritte gemacht. Im August 2020 posteten die Macher ein erstes Video mit sehr eingeschränktem Gameplay auf ihrem Kanal. Seitdem liefert man etwa einmal im Quartal einen kurzen Überblick über weitere Fortschritte. Weiters veröffentlicht man auch eigene Musikstücke, die den Originalbestand von Battle for Middle-earth 2 ergänzen sollen.

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Zahlreiche Verbesserungen

Ziel ist es, das Game in spielerischer Hinsicht möglichst originalgetreu, aber um bessere Grafik, technische Verbesserungen und verschiedene Zusatzfeatures aufgewertet in der Unreal Engine 4 umzusetzen. Neu dabei ist etwa ein Third-Person-Mode, bei dem man eigenen Helden quasi über die Schulter schauen kann. Gedacht ist das nicht als Spielperspektive, sondern dafür, dass die digitalen Generalinnen und Generäle spektakuläre Aufnahmen aus dem Schlachtgeschehen machen können. Allerlei berühmte Örtlichkeiten, etwa die Festung Isengard, hat man bereits in neuer Pracht implementiert. Immerhin 80.000 Abonnenten folgen der Entwicklung mittlerweile auf Youtube.

Geplant sind auch ein erweiterter Multiplayermodus sowie neue Einheiten und Gebäude. Auf technischer Ebene gesellen sich Unterstützung für Bildschirme mit hoher Bildwiederholfrequenz und 4K-Auflösung hinzu.

Der Mehrspielermodus ist ohnehin der erste Teil, den man fertigstellen und in einer geschlossenen und offenen Betaphase erproben möchte. Später will man auch künstliche Intelligenz implementieren, um eine Einzelspielerkampagne umzusetzen. Termine für die anvisierten Meilensteine nennt man nicht, was aber verständlich ist. Denn gerade bei Projekten, die auf freiwillige Mitarbeit und Spenden angewiesen sind, sind genaue Fortschrittsprognosen meist ohnehin nicht zuverlässig.

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Rechtliche Situation unsicher

Abzuwarten bleibt, ob die Entwicklung im Herr der Ringe-Setting und unter Nutzung des Namens Battle for Middle-earth noch zu einem rechtlichen Stolperstein wird. Zumindest in den vergangenen drei Jahren haben die Macher noch keine Unterlassungsaufforderung seitens EA, Warner Bros. Interactive oder den eigentlichen Lizenzbesitzern, Middle-earth Enterprises, erhalten.

Gegenüber Eurogamer erklärten die Macher 2018, dass sie sich etwas "Schutz" durch die Nutzungsbedingungen der Unreal Engine erhoffen, die kostenlos für nichtkommerzielle Projekte verwendet werden kann. In jedem Video über die Entwicklung steht zu Beginn außerdem ein Disclaimer, dass es sich um ein nichtkommerzielles Werk handelt und man keinen Anspruch an irgendwelchen Namensrechten erhebt.

Weiters betonte man, dass man mit dem Remake eines Echtzeitstrategiespiels auch nicht in den Gewässern des aktuellen Lizenzinhabers Warner Bros. fischt, der bislang weder ein Spiel dieser Art veröffentlicht noch geplant hat. Das gilt freilich auch für diverse andere Fangames, die letztlich doch auf anwaltlichen Druck hin entweder eingestellt wurden oder sämtliche Bezüge zu ihren "Vorbildern" entfernten. (gpi, 28.7.2021)