Zurschaustellung oder Inklusion? "Der Elefantenmensch" von Bernard Pomerance thematisiert einen schmalen Grat.

Foto: Theater-Ecce / Foto Flausen

Reinhard Tritscher erscheint leicht verkühlt zum Gespräch mit dem STANDARD. Er habe bei strömendem Regen das Theaterzelt in Leogang mitaufgebaut und sich dabei eben einen Schnupfen geholt. Bei einem kleinen, freien Theater muss auch der Chef selbst kräftig mit anpacken.

Vor 25 Jahren hat Theatermacher Tritscher sein Theater Ecce in der Stadt Salzburg gegründet. Eine freie Theatergruppe, die sich von Beginn an auch als Ort der Inklusion verstanden hat. Schauspieler und Schauspielerinnen mit Down-Syndrom oder im Rollstuhl sind beim Theater-Ecce nichts Außergewöhnliches, sondern die Normalität.

Voyeurismus

Dass inklusives Theater auch den Voyeurismus des Publikums bedient, ist Tritscher bewusst: "Wir balancieren da auf einem schmalen Grat zwischen Inklusion dem Zurschaustellen der Beteiligten, zwischen Ausbeutung und Empowerment."

Gerade auch deshalb hat das Theater Ecce bei seinem fünften Volxsommer, wie die sommerlichen Gastspiele und Theaterworkshops in Saalfelden, Leogang und Lofer genannt werden, Der Elefantenmensch wieder ins Programm aufgenommen.

Das Stück von Bernard Pomerance erzählt die Geschichte des "Freaks" Joseph Carey Merrick (1862 –1890), der als "Elefantenmensch" auf den Jahrmärkten des viktorianischen Königreichs als Attraktion ausgestellt wurde. Es ist auch die Geschichte einer widerlich sensationsgierigen Gesellschaft, die im Ekel vor dem anderen ihr menschenverachtendes Idealbild von Schönheit sucht.

Theater zum Verstehen

Beim Blick auf den Spielplan fällt auf, dass die "Freaks" just zu jenem Zeitpunkt die Stadt verlassen und in den Pinzgau ziehen, wenn in der Stadt die Kultur-High-Society bei den Festspielen aufkreuzt. Tritscher, ein Mann der Zwischentöne, kommentiert diese Beobachtung nicht weiter. Nur so viel: Man wolle selbsterklärendes Theater machen, das man auch ohne Studium der Theaterwissenschaften verstehe.

Im Volxsommer steht beispielsweise Der Drachenkönig auf dem Programm. Ein Familienstück nach einem chinesischen Volksmärchen, das mit viel Akrobatik und Live-Musik von der Befreiung des Landes vom bösen Zauberdrachen erzählt. Auch das Stück Im Einkaufstempel & Ich Biomüll ist nicht die harte Konsumkritik. Vielmehr wird die Suche nach dem bisschen individuellen Glück beim Einkauf nachgezeichnet, die nach dem Auspacken und Konsumieren direkt zur Altstoffsammelinsel führt.

Mobile Music Club

Eröffnet wird der Volxsommer 2021 übrigens heute, Donnerstag, mit einem Marsch des Mobile Music Club im Stil einer Marching Band aus New Orleans quer durch die Stadt Saalfelden. (Thomas Neuhold, 29.7.2021)