Diese Frau wird in Nanjing auf Corona getestet.

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Fünf Stunden genügten. So lange hatte sich der deutsche Geschäftsmann Rainer S. am 14. Juli in Nanjing aufgehalten und war längst wieder an seinem Heimatort Taicang nahe Schanghai. Am Montag dann kam der Anruf der Behörden: Er solle seinen genauen Standort nennen und sich nicht von der Stelle bewegen. Eine Stunde später kamen Beamte in Schutzanzügen und brachten ihn in ein Quarantänehotel, wo er die kommenden zwei Wochen isoliert verbringen muss.

Mit ihm wurden tausende andere Menschen in Quarantäne gesteckt, die sich zwischen dem 10. und 25. Juli in der Neun-Millionen-Metropole aufgehalten hatten. Alle Einwohner der Stadt müssen sich zudem ein zweites Mal innerhalb einer Woche testen lassen. Mit diesen Maßnahmen will Peking Herr über den jüngsten Ausbruch der Delta-Variante werden. Mit seiner Zero-Covid-Strategie scheint die Kommunistische Partei dieses Mal an ihre Grenzen zu kommen. Immer noch radikalere Maßnahmen sind notwendig, um ein sich immer noch schneller ausbreitendes Virus in Schach zu halten.

Am Dienstag meldete die Provinz Jiangsu 48 Neuinfektionen, die Gesamtzahl liegt damit bei 170 seit Juli. Das klingt wenig, allerdings sind die chinesischen Zahlen stets mit Vorsicht zu genießen und könnten weitaus höher liegen. Zudem entwickelt sich die Situation derzeit sehr dynamisch, und auch andere Provinzen melden nach Monaten der Ruhe wieder Neuinfektionen.

Jiangsu komplett abgeriegelt

Die Provinz Jiangsu ist nach Monaten relativer Freiheit wieder komplett abgeriegelt. Auf allen Autobahnen ausgehend von Nanjing gibt es Checkpoints, an denen Fahrer ihren Gesundheitsstatus prüfen lassen müssen. Alle Flugverbindungen von und nach Nanjing sind bis zum 11. August eingestellt. Die nahe gelegene Stadt Suzhou mit zehn Millionen Einwohnern hat auch Zug- und Busverbindungen gestrichen. Wer derzeit aus der Provinz Jiangsu nach Sichuan reist, muss 14 Tage in eine Hotelquarantäne und dann nochmals sieben Tage in häusliche Quarantäne.

Als Ursprung des Ausbruchs vermuten die Behörden den internationalen Flughafen der Stadt Nanjing. Dort soll sich das Reinigungspersonal nicht ausreichend geschützt und dann Kollegen und Familienangehörige infiziert haben. Eine andere Spur führt in den Urlaubsort Zhangjiajie in der Provinz Hunan. Zuvor war es in der Provinz Yunnan, an der Grenze zu Myanmar, zu einem kleineren Ausbruch gekommen.

Das Jangtse-Delta ist eine der am dichtesten besiedelten urbanen Regionen der Welt. Auf 100.000 Quadratkilometern leben rund 120 Millionen Menschen, die meisten von ihnen in den Städten Schanghai, Nanjing, Suzhou, Hangzhou und Wuxi.

Chinesische Impfstoffe nicht sehr wirksam

Dabei hat China eine der höchsten Impfquoten der Welt. Rund 80 Prozent der Chinesen sollen laut Regierungsangaben mit einem der beiden Stoffe der Unternehmen Sinopharm und Sinovac geimpft sein. Diese gelten aber als wenig effektiv. Auch das dürfte ein Grund dafür sein, dass Peking die Grenzen noch mindestens bis Mitte kommenden Jahres geschlossen halten möchte.

Ausländer können derzeit nur mit besonderen Genehmigungen in die Volksrepublik reisen und müssen sich einer strikten 14-tägigen Quarantäne und mehreren Covid-Tests unterziehen. (Philipp Mattheis, 29.7.2021)