Eine in die Zwanziger verlegte "Fledermaus" darf bei so einem gelungenen Abend auch Federn haben.

Foto: Barbara Palffy

Während sich die Tribüne vor der Kulisse von Schloss Haindorf langsam füllt, gehen die Blicke immer wieder besorgt Richtung Himmel, der von dicken Wolken verhangen ist. Daumen drücken hieß es für die Eröffnung der 25. Festspiele, für die der neue Intendant Christoph Wagner-Trenkwitz mit Johann Strauß’ Fledermaus die "Königin des Genres" aufs Programm gesetzt hatte.

Zwei überdimensionale, bewegliche Fledermausflügel zieren die Bühne (Eduard Neversal), über die mitten in der Ouvertüre gleich einmal eine ziemlich rauschige Fledermaus stolpert und für einen von vielen Lachern an diesem gelungenen Abend sorgt.

Ausgezeichnetes Musiktheater

Wagner-Trenkwitz hatte das Verwirrspiel um die nächtlichen Eskapaden des Herrn von Eisenstein in eine originelle Textfassung gepackt, während Nicole Claudia Weber dem Meisterwerk eine spritzige Inszenierung angedeihen ließ. Die Geschichte verlegte sie in die Goldenen Zwanziger mit viel Federn, Glitzer und Glamour – hinreißend die Kostüme von Vanessa Achilles-Broutin – und zauberte so eine glänzende Revue zwischen Swing und Wienerlied. Arrangiert wurden die Strauß’schen Melodien von keinem Geringeren als Tscho Theissing, der mit seinen bravourös aufspielenden Theatermusikern für beglückende Momente sorgte.

Wie ausgezeichnet Musiktheater abseits so mancher großen Bühne funktionieren kann, zeigte sich auch an der Besetzung des Abends: Cornelia Horak und Erwin Belakowitsch als Rosalinde und Eisenstein geben ein herrlich komödiantisches und gesanglich bravouröses Paar ab, Alfred (Stephen Chaundy) fungiert als urkomischer englischer Gesangslehrer, Martin Achrainer ist ein stimmgewaltiger Falke und Roman Sadnik (in Leoprint-Seidenhose, Seidenkaftan, Cowboystiefel und oben ohne) ein russischer, gesanglich beeindruckender Orlofsky. Horst Lamnek beweist als Gefängnisdirektor Frank Alleinunterhalterqualitäten (sein Auftritt als dem Hof Ludwig XIV. entsprungener Chevalier Chagrin ist ein Brüller) und auch die bezaubernde Mila Schmidt fügt sich als quirlige Ida ideal in das Ensemble ein.

Das gewisse derb-elegante Etwas

Hinter dem Advokaten verbirgt sich Kunstpfeifer und L.E.O.-Intendant Stefan Fleischhacker, der sein virtuoses Können auf Orlofskys Fest mit einer gepfiffenen Casta Diva-Arie zum Besten gibt. Die Überraschung des Abends ist Adele in Gestalt der jungen burgenländischen Sopranistin Hedwig Ritter. Sie ist nicht nur stimmlich eine Entdeckung, sondern bringt dieses gewisse Etwas mit, das man in der Operette heute so schmerzlich vermisst, nämlich die Balance zwischen derbem Humor, Eleganz und Esprit.

Auch Wagner-Trenkwitz hatte seinen Auftritt als Frosch, Gefängnisdiener und selbsternannter Pandemieexperte – da regnete es bereits in Strömen, was für unfreiwillige Komik auf der Bühne sorgte. Zu Ende gespielt wurde trotzdem, wofür es vom verbliebenen Publikum – zu Recht – viel Jubel gab. (Miriam Damev, 30.7.2021)