Santiago Lange (mit Nicolás Cassese), "Wind – Meine Triumphe, meine Gedanken, mein Leben". € 24,– / 304 Seiten. Pantauro, 2021

Lässt man sich nicht unterkriegen, ist manchmal auch eine ziemlich hoffnungslos scheinende Situation nicht aussichtslos. In der gemeinsam mit Nicolás Cassese verfassten Biografie Wind – Meine Triumphe, meine Gedanken, mein Leben musste sich die mittlerweile 59-jährige Segler-Koryphäe Santiago Lange nämlich auch mit dem Thema Krebs befassen. Obwohl 2015 80 Prozent seines linken Lungenflügels entfernt wurden, holte der viermalige Weltmeister aus Argentinien mit der wesentlich jüngeren Vorschoterin Cecilia Carranza (34) nicht einmal ein Jahr später bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro Gold in der Nacra-17-Klasse.

In dem ursprünglich "Luft holen" betitelten Buch berichtet der geschiedene Vater von vier Kindern von seiner nicht friktionsfreien Erfolgsgeschichte mit Hürden und Zweifeln. Das Segeln habe ihm nach der erschütternden Diagnose geholfen, keine Krise zu kriegen. "Wir Athleten trainieren, um an die Grenzen gehen zu können, haben gelernt, positiv zu bleiben."

Lange zieht die Leserschaft mit emotionalen Momenten im privaten wie im sportlichen Bereich in den Bann. Es ist eine von Resilienz bestimmte, inspirierende Geschichte eines von Abenteuerlust und Ehrgeiz geprägten Mannes mit deutschen Wurzeln, der mit Beharrlichkeit, Optimismus und Leidenschaft seinen Traum verfolgt. Dabei sei es ihm nie primär um das Gewinnen gegangen, sondern um den Sport an sich. "Nichts gibt mir mehr Lebensfreude und Adrenalin als die Herausforderung des Sports." Im Rahmen der Segel-EM am Attersee 2020 sagte er dem STANDARD: "Der Wettkampf ist nicht das Wichtigste, nur ein Teil des Ganzen. Gewinnen ist die Konsequenz eines Prozesses."

In den Gewässern vor Tokio peilt der Bronzemedaillengewinner von Athen 2004 und Peking 2008 (in der Tornado-Klasse) bei seiner siebenten Teilnahme an Olympischen Spielen nun die nächste Medaille an. Gemeinsam mit Carranza, mit der er bei der Eröffnungsfeier auch die Fahne Argentiniens trug. (Thomas Hirner, 30.7.2021)